Karlsruhe/Mainz. „All You Can Row“ (AYCR) wird als Langstrecken-Ruderevent immer beliebter. In rheintauglichen Gigbooten ruderten nicht nur Wanderruderteams, sondern auch ambitionierte Marathonruderer soweit sie konnten rheinabwärts.
Erlebnishungrige Teilnehmer kamen bereits am Vortag zu AYCR, von Nord und Süd zum Karlsruher Rheinklub Alemannia angereist. 54 Teilnehmer aus 28 Rudervereinen, von Geesthacht bei Hamburg über Kreuznach und Berlin wollten am 18. Juni 2016 an der ultimativen Rheintour pünktlich zum Sonnenaufgang, um 5:19 Uhr vom Bootssteg der Alemannia am Hafennordbecken an den Start gehen. So sah der ursprüngliche AYCR-Plan von Wolfdietrich Jacobs aus. Aber der Pegel Maxau hatte bereits die 8 m Marke überschritten, und das Karlsruher Hafen-Hochwassersperrtor war bereits geschlossen. Kein Durchkommen zum Rhein hin und die Behörden hatten Fahrverbot für den Schiffsverkehr bis Germersheim angeordnet.
Plan B – schnell und flexibel wurde der Startpunkt zum Ruderverein Rhenania Germersheim verlegt. Hier waren Bootssteg und Treppenzugänge vom Hochwasser überschwemmt, sodass die Ruderinnen und Ruderer durchs Wasser watend in die bepackten Boote steigen mussten. Erst 71 Minuten nach Sonnenaufgang startete der erste Gig-Doppelvierer+. Nacheinander folgten 5 Doppelvierer+, 1 Riemenvierer+, 4 Doppeldreier+ und ein 1 Doppelzweier+. Das letzte Boot ruderte um 7:44 Uhr auf den großen Strom hinaus. Alle Teams wollten an diesem längsten Samstag im Jahr mindestens bis Mainz rudern. Bei hervorragenden Ruderbedingungen, kein Schiffsverkehr bis Mannheim, angenehmen Temperaturen und sehr guter Strömung kamen die Boote schnell voran. Toureinteilung, Steuerwechsel und Anlegepausen blieben den Mannschaften selbst überlassen. Einige wollten einzig und alleine Ruderkilometer hinter sich lassen – andere wiederum die Landschaft genießen. Vorbei am schönen Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue. Hier querte eine große Wasserschlange gerade noch den Bug eines Gig-Fünfers. Überrascht streckte sie den schönen, grünlich schimmernden Kopf weit aus dem Wasser, machte einen Buckel und schlängelte davon.
Vorbei an Mainz beendeten 4 Teams zufrieden ihr Tagwerk. Im Haus der Mainzer Ruder-Gesellschaft, dem zentralen Sammelpunkt, duftete es zu sehr nach Chili con Carne – hergerichtet für das AYCR Abschlussfest nach Sonnenuntergang. Die Weiterfahrer mussten ihre Kraftreserven für den 1000 m breiten Streckenabschnitt bei Östrich-Winkel mobilisieren. Auf dem gestauten Rhein, vor dem engen Mittelrheintal, war nur langsames Vorankommen möglich. Und wie meist bei diesem Streckenabschnitt: dunkle Wolken, starke Windböen und hohe Wellen. Alles andere als eine beschauliche Wanderrudertour. Endlich winkt die Germania vom Niederwalddenkmal. Vorbei am Mäuseturm, hinein in die Engstelle „Binger Loch“ – das UNESCO-Welterbe Mittelrheintal empfing die Ruderinnen und Ruderer mit düsteren Gewitterwolken. 8 Boote waren noch unterwegs. Noch vor der Loreley bei Trechtingshausen und Bacherach legten zwei weitere Boote an. Starkregen, Blitz und Donner zwangen einige Boote noch vor der Loreley zum schnellen Anlegen. Aber der betörende Gesang der schönen „Lore Lay“ ließ die Ruderrecken nicht ruhen – ein paar Kilometer sollten schon noch gerudert werden. Zwei Teams umkurvten den sagenumwobenen Schieferfelsen Loreley und landeten glücklich in St. Goar. Das Gewitter hatte sich verzogen und die gute Stimmung im Boot brachte ein weiteres Team nach 186 geruderten Rheinkilometern rechtzeitig, kurz vor Sonnenuntergang, 21:30 Uhr in Boppard ans Ziel. 3 Boote hatten lange vorher angelegt, waren aber wesentlich weiter gerudert. Ein Dreier und ein Fünfer fuhren beachtliche 225 km bis Neuwied. Die Tagessieger schafften es – kurz nach Sonnenuntergang, 21:46 Uhr – bis an den Rand des Siebengebirges, Bad Honnef, Nordrhein-Westfalen! Sie hatten die hervorragenden Ruderbedingungen am effizientesten genutzt und fuhren 259 Kilometer.
Bereits in seinen Grußworten schreibt und wünscht Schirmherr Dag Danzglock, Zweiter Vorsitzender des DRV allen Teilnehmern „die notwendige Energie und Ausdauer, um am längsten Samstag des Jahres soweit wie möglich zu rudern!!!“ Seine Wünsche hatten alle Akteure beflügelt – die Organisatoren, das verlässliche Logistikteam, die tapferen Sportler und den rudernden Alemannia Vorstand. Wolfdietrich freut sich schon auf AYCR 2017, „aber dann starten wir wieder vom Bootssteg der Alemannia!“.