Sie sind friedlich, schwergewichtig und haben die Ruhe weg. Selbst beim jährlichen Wiegen wirken die Seychellen-Riesenschildkröten im Zoo Heidelberg erstaunlich gelassen. Die regelmäßige Gewichtskontrolle bietet Pflegern und Tierärzten wichtige Informationen über die Gesundheit der Tiere. Plötzliche starke Gewichtsveränderungen in beide Richtungen geben Aufschluss über eventuelle Krankheiten. Das Gewicht des Tieres ist nicht nur wichtig, um Medikamente richtig zu dosieren. Es hilft auch dabei, die richtige Futterration zu bestimmen. Ergebnis der Wiege-Aktion: Alle acht Riesen haben in einem normalen Maß leicht zugenommen und sind gesund und munter.
Beim Gehege der Seychellen-Riesenschildkröten bot sich für die zuschauenden Zoobesucher an diesem sonnigen Nachmittag ein beeindruckendes Schauspiel:
Alle acht Riesenschildkröten unterschiedlicher Größe und unterschiedlichen Alters wurden gewogen und mussten dazu, teils freiwillig und teils mit Hilfe zupackender Tierpfleger, eine spezielle Tierwaage mit einer großen Wiegeplattform erklimmen. Während die beiden kleinsten und jüngsten unter den Riesen, „Emma“ (18 Jahre, 61 Kilo) und der zarte „Benjamin“ (17 Jahre, 49,6 Kilo), von Pflegern und Helfern vorsichtig auf die Waage getragen wurden, entschlossen sich „Einstein“ (140 Kilo) „Hemingway“ (136 Kilo) und „Schneeflocke“ (73,6 Kilo) den Pflegern Bandscheibenschäden zu ersparen und marschierten ohne viel Aufhebens alleine auf die Waage.
Die flotte „Häkkinen“ hingegen gab ihrem Namen alle Ehre und entfloh – trotz vorgehaltenen Leckerlis – in die entgegengesetzte Richtung. Das half nicht. Mit vereinten Kräften hievten die Pfleger die knapp 100 Kilo schwere und emsig mit ihren Füßen rudernde Häkkinen auf die Waage. Dort blieb sie dann stoisch sitzen und verspeiste Tomate und Karotte.
Die beiden schwersten Tiere waren erwartungsgemäß die Oldies „Iulius“ und „Emil“, die jeweils 220 Kilo auf die Waage brachten. Die beiden genießen einen besonderen Status.
Sie schlüpften um das Jahr 1920 aus dem Ei und sind damit die ältesten tierischen Bewohner im Zoo Heidelberg. Eine 220 Kilo schwere und dabei sich wehrende Schildkröte zu tragen ist selbst für vier kräftige Pfleger nur schwer zu bewältigen. Deshalb wird mit den Tieren regelmäßig ein sogenanntes „Targettraining“ geübt. Durch Konditionierung werden die Tiere dazu veranlasst, den Target-Stab mit ihrer Nase zu berühren und bei Fortbewegung des Targets den Kontakt zu halten und dem Pfleger folgen. Das funktionierte sehr gut, auch wenn Emil zunächst noch ein Bad nehmen musste, bevor er mit glänzenden Augen und einer Tomate vor der Nase seinen Platz auf der Waage einnahm.
Riesenschildkröten sind die größten landlebenden Schildkröten mit einer Panzerlänge von 120 cm und einem Gewicht bis 250 kg. Es werden zwei Arten von Riesenschildkröten unterschieden: Auf den Galapagosinseln im Pazifischen Ozean leben die Galapagos-Schildkröten. Die Seychellenschildkröten sind auf den Inseln der Seychellen im Indischen Ozean beheimatet. Die Riesenschildkröten der Seychellen wurden schon im 18. und 19. Jahrhundert von Seeleuten fast ausgerottet. Ihre Fähigkeit, lange Zeit ohne Nahrung und auch ohne Wasser auszukommen, machte die Tiere zu lebenden Konserven an Bord. Heute stehen sie unter strengem Schutz und dürfen nicht gehandelt werden. Auf Aldabra (das größte Atoll im Indischen Ozean) leben wieder um die 100.000 Tiere. Die Insel wurde 1982 von der UNESCO zum Naturerbe der Menschheit erklärt und steht unter strengem Schutz.