Entwicklungen für die Raumfahrt und den Luftverkehrvon morgen stehen im Mittelpunkt der Präsenz des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf der Paris Air Show in Le Bourget. Das DLR ist vom 17. bis 23. Juni 2013 auf dem Gemeinschaftsstand des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e.V. (BDLI) mit zwölf Exponaten vertreten. Auf dem Freigelände stellt das DLR das größte Mitglied seiner Forschungsflotte, den Flugversuchsträger A320 D-ATRA (Advanced Technology Research Aircraft)vor. Zum dritten Mal präsentiert sich das DLR auf dem internationalen Aerosalon in Paris.
Die Erde in drei Dimensionen
Die TanDEM-X-Mission (TerraSAR-X add-on for Digital Elevation Measurement) basiert auf zwei nahezu identischen Erdbeobachtungssatelliten: TerraSAR-X und TanDEM-X. Beide sind mit einem modernen, leistungsfähigen Radarsystem, dem Synthetic Aperture Radar (SAR), ausgestattet. Mit diesem kann die Erde unabhängig von Tageslicht und Wolkenbedeckung beobachtet werden. Terra-SAR-X wurde bereits 2007 gestartet, TanDEM-X folgte im Juni 2010. Seitdem fliegen die beiden Satelliten auf ihrer Umlaufbahn in 514 Kilometern Höhe für drei Jahre in Formation – in einem Abstand von wenigen hundert Metern. In dieser Zeit erstellen sie ein hochaufgelöstes 3D-Höhenmodell der gesamten Landoberfläche der Erde. Auf dem DLR-Stand werden Satellitenbilder auf ein dreidimensionales Bodenrelief projiziert.
Defekte Satelliten im All einfangen
Ständig nimmt die Anzahl von Satelliten im All zu. Dadurch steigt die Gefahr von Kollisionen. Bei der "Deutschen Orbitalen Servicing Mission"- kurz DEOS – geht es um das zerstörungsfreie Einfangen eines taumelnden, "unkooperativen" Satelliten durch einen Service-Satelliten und die anschließende Entsorgung des gekoppelten Satellitenverbundes. Dies erfolgt durch einen gezielten "Einschuss" in einen vorher bestimmten Wiedereintrittskorridor, wobei beide Satelliten verglühen. Neben der Inspektion und Wartung dient ein derartiges System insbesondere dazu, Weltraumschrott zu beseitigen und ihn erst gar nicht entstehen zu lassen. Satelliten sollen zukünftig am Ende ihrer Lebensdauer kontrolliert entsorgt werden.
Deutsche Astronauten im All
Das DLR zeigt den Besuchern auf seinem Stand eine Präsentation, die einen Überblick über die bisherigen Deutschen Astronauten gibt. Mit beeindruckenden Bildern werden die einzelnen Missionen nochmals in Erinnerung gerufen. Am Ende der Präsentation liegt der Schwerpunkt auf Alexander Gerst. Von Mai bis November 2014 wird Gerst zu einer Langzeitmission zur Internationalen Raumstation (ISS) fliegen. Er soll als Flugingenieur die Expeditionen 40 und 41 begleiten. Derzeit läuft seine Spezialausbildung für die Mission in Houston, Moskau, Köln, Montreal und Tokio. Im Weltraum wird er vorrangig im europäischen Forschungslabor Columbus Experimente durchführen.
Der Rote Planet in 3D
Seit 2003 erkundet die erste europäische Planetensonde Mars Express den Roten Planeten, über elftausend Mal hat sie den Erdnachbarn bereits umrundet. Mit an Bord die Hochleistungskamera HRSC (High Resolution Stereo Camera): Die in Deutschland gebaute und vom DLR betriebene Spezialkamera ist das erste Kamerasystem, das einen Planeten systematisch in hoher Auflösung, in Farbe und in 3D erfasst. Bis 2014 wird mit den Aufnahmen der HRSC ein topographischer Bildatlas des Mars erstellt werden. HRSC und sechs weitere Experimente auf Mars Express ermöglichen fundamentale Erkenntnisse zu Fragen der geologischen Entwicklung und der Klimageschichte des Mars.
Weltraumsonde zur Erforschung eines Kometen
Zu den faszinierendsten Projekten bei der Erforschung des Weltalls gehört die Kometen-Mission Rosetta der Europäischen Weltraumorganisation ESA, in deren Rahmen eine Forschungssonde zu einem Kometen fliegt, ihn auf seiner Bahn begleitet und dabei erkunden soll. Den Höhepunkt der Mission stellt die Landung der kleinen, autonomen Tochtersonde Philae auf dem Kometen Tschurjumow-Gerasimenko dar. Gestartet ist die Mission am 2. März 2004, die Landung der Sonde erfolgt voraussichtlich im November 2014. Philae wurde von einem internationalen Konsortium unter Leitung des DLR entwickelt und gebaut. Die Mission soll helfen, mehr über den Ursprung und die Entwicklung unseres Sonnensystems und damit auch über unsere eigene Entstehungsgeschichte herauszufinden.
Mobiler Asteroidenlander
MASCOT (Mobile Asteroid Surface Scout) ist ein Asteroiden-Lander, der am DLR unter der Leitung des Instituts für Raumfahrtsysteme in Bremen entwickelt wird. Dieser wird als Teil der japanischen Hayabusa-II-Sonde im Jahr 2014 starten und nach vierjähriger Reise im Jahr 2018 bei dem Asteroiden 1999JU3 ankommen. Dort soll MASCOT die Eigenschaften dieses erdnahen Asteroiden vor Ort mittels mehrerer wissenschaftlicher Instrumente untersuchen. Um das zu ermöglichen, muss MASCOT eine bestimmte Lage auf dem Asteroiden einnehmen und Messungen an mehreren Orten durchführen können. Beide Aufgaben werden von einem Mobilitätssystem übernommen, das am DLR Robotik und Mechatronik Zentrum in Oberpfaffenhofen entwickelt wird.
MERLIN: deutsch-französische Klimamission
Unter Führung von DLR und CNES arbeiten Industrie und Wissenschaft an der Satellitenmission MERLIN (MEthane Remote sensing LIdar missioN) zur Untersuchung des Methangehaltes der Erdatmosphäre. Die Mission soll ab 2016 einen wichtigen Beitrag zur Erforschung des Klimawandels leisten. Deutschland entwickelt und baut ein auf modernster Laser-Technologie basierendes Integrated Path Differential Absorption LIDAR (Light Dedection And Ranging). Durch das Senden von Impulsen zweier Wellenlängen bestimmt das Messgerät den Gehalt des Klimagases Methan auf der Strecke zwischen Satellit und Boden.
Positiver Effekt durch negative Pfeilung
Bis 2020 sollen Flugzeuge 50 Prozent sparsamer werden. Im Projekt LamAiR (Laminar Aircraft Research) hat das DLR eine Passagierflugzeugkonfiguration mit vorwärts gepfeiltem Flügel entwickelt, welche zur Erreichung dieses Ziels beitragen kann. Die Vorpfeilung ermöglicht eine größtenteils laminare, das heißt turbulenzarme, Umströmung der Tragflügel, was zu einer deutlichen Verringerung des Luftwiderstands führt. Zur Ermittlung des dynamischen Flugverhaltens einer solchen Flugzeugkonfiguration wurde im Rahmen des Projekts NumEx eine Windkanalmesskampagne mit einem skalierten Modell durchgeführt.
Seitenleitwerk mit Grenzschichtabsaugung
Ein Flugzeug muss gegen Luftwiderstand anfliegen. Die DLR-Institute für Aerodynamik und Strömungstechnik sowie für Bauweisen- und Konstruktionsforschung zeigen im Projekt LamAiR ebenfalls, wie dieser deutlich verringert werden kann: Durch eine Mikroperforation mit Löchern von maximal 50 Mikrometern Durchmesser in der Außenhaut eines Seitenleitwerks wird Luft abgesaugt – dies verringert Verwirbelungen. Bei einer Ausweitung des Konzeptes auf das gesamte Flugzeug kann der Luft-Gesamtwiderstand um rund 15 Prozent reduziert werden. Die damit einhergehende Verringerung des Treibstoffverbrauchs resultiert in einer Verringerung der Betriebskosten und ermöglicht das Einhalten immer strenger werdender Emissionsvorschriften. Auf dem DLR-Stand wird die Funktionsweise anhand eines Modells demonstriert.
Landeanflüge der Zukunft
Das DLR hat in Flugversuchen erstmals ein System getestet, das satellitengestützte Präzisionsanflüge ermöglichen soll – bei automatischen Landungen ohne Sicht. Mit dem herkömmlichen Instrumentenlandesystem (ILS ) ist die Kapazität der Flughäfen bei Nebel und Schneetreiben bislang eingeschränkt. Es müssen dreimal mehr Flüge umgeleitet oder gestrichen werden als während des Betriebs bei guten Sichtbedingungen. Ziel des neuen Verfahrens ist es daher, diese Einschränkungen weitgehend aufzuheben. Dazu hat das DLR-Institut für Kommunikation und Navigation erstmals 2009 am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg eine Bodenstation in Betrieb genommen, der ein so genanntes „Ground Based Augmentation System“ (GBAS) zugrunde liegt. Die experimentelle Anlage analysiert die von den Satelliten empfangenen Signale und stellt dem Flugzeug Korrekturwerte zur Verfügung.
Flugzeug der Zukunft
Wie sieht das Flugzeug der Zukunft aus? Auch dieser Frage gehen Wissenschaftler des DLR nach. Eine mögliche Variante ist ein so genannter „Blended Wing Body“ (BWB), also ein Flugzeug dessen Rumpf fließend in den Flügel übergeht. Diese Flugzeuge sollen mehr Platz für Passagiere bieten, leichter sein und weniger Treibstoff verbrauchen. DLR-Wissenschaftler haben erstmals den Rumpf sowie eine Kabinengestaltung am Computer zusammengeführt und eine theoretische Grundlage für den erweiterten integrierten Flugzeugentwurf geschaffen.
Alternative Treibstoffe für die Luftfahrt
Treibstoffe auf Basis von Erdgas (Gas-to-Liquid, GtL) oder Biomasse (Biomass-to-Liquid, BtL) werden in Zukunft zunehmend an Bedeutung gewinnen, aufgrund von knapperen Ressourcen und höheren Kosten von herkömmlichem Kerosin. Außerdem bieten solche synthetischen Treibstoffe die Chance, durch gezielte Eingriffe in die Zusammensetzung ihre Verbrennungseigenschaften und Schadstoffbildung unabhängig vom Triebwerk zu optimieren. In Le Bourget zeigt das DLR zwei Flammen, eine mit herkömmlichem Kerosin und eine mit einem Treibstoff auf GtL-Basis. Gut zu erkennen ist die unterschiedliche Rußneigung der beiden Treibstoffe: Durch die erheblich reduzierte Anzahl an aromatischen Kohlenwasserstoffen rußt der gezeigte GtL-Treibstoff sehr viel weniger.
DLR-Forschungsflugzeug ATRA
Auf dem Static Display der Paris Air Show stellt das DLR das Forschungsflugzeug A320 D-ATRA aus. ATRA ist das größte Flottenmitglied und seit Ende 2008 für das DLR im Dienst. Für den Einsatz als Forschungs- und Versuchsflugzeug wurde und wird das Flugzeug umfangreich modifiziert. Die Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem auf Erprobungen von aeroelastischen Messverfahren, Untersuchungen zur Innenraumakustik, Messungen von Umströmungslärm, Messungen von Turbulenzen (Laminarisierung) am Flügel und am Leitwerk sowie Vermessung von Wirbelschleppen. Dies sind Luftverwirbelungen, die als Folge des an den Tragflächen erzeugten Auftriebs entstehen.