In Rheinland-Pfalz beschäftigen sich etwa 80 Schulen durch ihre Mitarbeit im „Netzwerk Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (BNE) in besonderem Maße mit der Zukunftsfähigkeit unseres Planeten. Im Vordergrund steht dabei der Erwerb von Kompetenzen, die die Schülerinnen und Schüler befähigen, sich aktiv für eine ökologisch verträgliche, wirtschaftlich leistungsfähige und sozial gerechte Umwelt einzusetzen.
In Landau und den Landkreisen Germersheim und Südliche Weinstraße arbeiten sogar über 20 Schulen in diesem BNE-Netzwerk mit. Einige davon haben vor etwa drei Jahren damit begonnen, alte Handys zu sammeln und damit den „Handyboom“ auf ihre Agenda gesetzt, denn die mit der Produktion von Handys und deren Entsorgung verbundenen Tatsachen sind meist alles andere als sozial gerecht und umweltfreundlich. Der „Handyboom“ trägt mittlerweile erheblich zur Ausbeutung von Menschen, zur Zerstörung von Lebensräumen, der Bedrohung seltener Tierarten und zur Verschmutzung der Umwelt bei.
Hintergrund-Fakten zum Handy-Wahn:
Laut Statistik besitzt jeder Deutsche mittlerweile vier bis fünf Handys, i-Phones oder i-Pads, und alle ein bis zwei Jahre kommt ein Neues hinzu. Handys & Co. sind mittlerweile Wegwerfartikel; sie dienen mit immer neuen Funktionen überwiegend der puren Unterhaltung. Millionen davon lagern inzwischen irgendwo ungenutzt, weil sie nach kurzer Zeit veraltet erscheinen.
Rohstoffabbau – unbekannter Killer im Urwald:
Für die Mikrochips in den Handys ist das Erz Coltan notwendig. Um Rohstoffe wie diesen toben im Kongo seit Jahren kriegerische Konflikte mit bislang fast vier Millionen Todesopfern. Damit ist dies der größte Krieg nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Der in großen Teilen des Kongos unkontrollierte Abbau von Coltan erfolgt unter miserablen Arbeitsbedingungen, oft auch durch Kinder. Der Abbau und Weitertransport des Erzes trägt zur Zerstörung der verbliebenen Lebensräume u.a. der letzten, weltweit nur noch ca. 700 Berggorillas bei. Zudem dringen Massen verarmter Menschen in die bisher entlegenen Lebensräume vor und verstärken das Problem durch zusätzlichen Jagddruck. Wenn dies so weitergeht, werden diese und andere Tierarten in naher Zukunft ausgerottet sein.
Montage und Entsorgung – Ausbeutung für unseren Luxus:
Die Montage der Handys erfolgt in Fernost, unter meist menschenunwürdigen Bedingungen und zu Hungerlöhnen, denn sie sollen ja bei uns nicht viel kosten. Die in vielen Fabriken weitgehend rechtlosen Arbeiterinnen und Arbeiter atmen bei der Montage oft giftige Gase ein und erkranken schwer. Da Handys ja sehr kurzlebig sind, wird der anfallende Elektronikschrott oft in ärmere Länder unter haarsträubenden, die Gesundheit und Umwelt gefährdenden Bedingungen entsorgt. Wertvolle Rohstoffe werden daraus kaum recycelt. Organisationen wie Germanwatch fordern daher das „faire Handy“, das auch einem ordnungsgemäßen Recycling zugeführt werden sollte.
Eine Schulkampagne für den Umwelt- und Naturschutz:
In den letzten Jahren haben mehrere südpfälzische BNE-Schulen in einer gemeinsamen Aktion nicht nur das Thema „Handyboom“ im Unterricht behandelt, sondern auch über 450 alte Handys gesammelt und dabei mit Naturschutzorganisationen wie dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF) kooperiert, denn jedes gesammelte Handy wird von den Naturschutzorganisationen an ausgewählte Recyclingunternehmen weitergegeben. Das dafür erhaltene Geld kommt Naturschutz-Projekten zugute, wie dem Projekt „Untere Havel“ des NABU und dem Gorillaschutzprojekt der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF).
Auch der Zoo Landau in der Pfalz sammelt seit 2011 ausgediente Handys, um mit deren Erlös Arten- und Umweltschutzprojekte zu unterstützen. Die Landauer Zooschule versteht sich dabei als Einrichtung zur Bildung für Nachhaltigkeit. Auf der Basis des Grundsatzes der Agenda 21 "Global denken – lokal handeln" setzt die Zooschule heute auch auf Themen, die Kinder an globale Zusammenhänge und vernetzte Strukturen, wie z.B. die Problematik des Handybooms, heranführen. Die im Netzwerk kooperierenden Schulen wollen nun die in den letzten Monaten gesammelten Handys an den Zoo Landau weitergeben, der damit auch in diesem Jahr die aktuelle Artenschutzkampagne der Europäischen Zoo- und Aquarien-Vereingung (EAZA) unterstützt. Im Rahmen dieser Kampagne stehen die von Ausrottung bedrohten und teilweise wenig bekannten Tierarten Südostasiens im Mittelpunkt, von denen der Zoo Landau mit Prinz-Alfred-Hirschen und Weißhandgibbons einige besonders stark bedrohte Vertreter hält. Im Rahmen eines Treffens am 20. Februar 2013 im Zoo Landau konnte Andreas Bauer, Lehrer an der Konrad-Adenauer Realschule plus in Landau und Organisator der Schulkampagne, eine große Zahl an ausgedienten Geräten an Zoodirektor Dr. Jens-Ove Heckel übergeben. „Wir sind sehr erfreut über diese neue Kooperation und hoffen, diese sogar ausweiten zu können“, so Zoodirektor Dr. Jens-Ove Heckel. Andreas Bauer ist gleichzeitig als einer von landesweit neun BNE-Beratern zuständig für die Betreuung der BNE-Netzwerkschulen in der Südpfalz. Er freut sich über weitere am BNE-Netzwerk interessierte Schulen und steht für Auskünfte gerne zur Verfügung. Auch Privatpersonen können ihr ausgedientes Handy gerne jederzeit an der Zoo-Kasse abgeben, uns somit die Artenschutzbemühungen des Zoo Landau unterstützten. Mehr Informationen auch unter www.zoo-landau.de.