Deutlich weniger Menschen in der Metropolregion Rhein-Neckar sollen künftig unter Volkskrankheiten wie Diabetes, Darmkrebs oder Gebärmutterhalskrebs leiden müssen. Aus diesem Grund haben sich mehrere Akteure zur „Initiative Prävention in der Metropolregion Rhein-Neckar“ zusammengeschlossen, darunter das Gesundheitsnetz Rhein-Neckar-Dreieck e.V., die Stiftung LebensBlicke und die Metropolregion Rhein-Neckar GmbH.
Mit Nobelpreisträger Prof. Dr. Harald zur Hausen, Dr. h.c. Manfred Lautenschläger und Prof. Dr. Peter Frankenberg konnten zudem prominente Unterstützer gewonnen werden. Das gemeinsame Ziel: Die Vorsorgerate zunächst bei den genannten Krankheiten in den kommenden zehn Jahren verdoppeln. Hierzu wollen die Partner einerseits die Bürger von den Vorteilen einer gesunden Lebensweise überzeugen und über die große Bedeutung der Prävention für die eigene Gesundheit informieren. Andererseits sollen bereits bestehende Projekte und Akteure in der Region besser vernetzt werden, um in einer starken Allianz mehr Schlagkraft zu entwickeln.
„Im deutschen Gesundheitswesen gilt momentan heilen statt vorbeugen. Gleichzeitig haben nur wenige Menschen einen Überblick über die vielfältigen Vorsorgemöglichkeiten“, so Dr. Claus Köster, Präsident des Gesundheitsnetz Rhein-Neckar-Dreieck e.V. „Dieses System ist auf Dauer nicht gesundheitsfördernd und schon gar nicht bezahlbar. Durch die Bündelung der Kräfte wollen wir der Prävention endlich den Stellenwert verleihen, den sie verdient“, so Köster weiter.
Zunächst Gebärmutterhalskrebs im Fokus
Basierend auf den guten Erfahrungen, die die Stiftung LebensBlicke, der Verein „1000 Leben retten“ und das Gesundheitsnetz in den vergangenen Jahren bereits auf dem Gebiet der Darmkrebs-Prävention gesammelt hat, will sich die Initiative in einem ersten gemeinsamen Projekt des Themas Gebärmutterhalskrebs annehmen. Laut Robert Koch-Institut wurden zuletzt rund 5.000 Neuerkrankungen pro Jahr diagnostiziert. In jedem dritten Fall verlief die Krankheit tödlich. Die Ursache von Gebärmutterhalskrebs liegt hauptsächlich in einer chronischen Infektion mit dem humanen Papillomvirus (HPV). „Ein Großteil der Neuinfektionen könnte vermieden werden, wenn alle Mädchen eine HPV-Impfung erhielten“, so Prof. Dr. Harald zur Hausen.
Zur Hausen erhielt 2008 den Medizin-Nobelpreis für seine Entdeckung, dass humane Papillomviren Gebärmutterhalskrebs auslösen. Seit 2006 gibt es zwei sehr effektive Impfstoffe gegen eine HPV-Infektion. Seit 2007 empfiehlt die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts die Impfung für alle Mädchen und jungen Frauen im Alter von 12 bis 17 Jahren. Dennoch liegt die HPV-Impfrate in Deutschland aktuell bei nur 30 Prozent, während zum Beispiel in Großbritannien und Portugal bereits 80 Prozent der Mädchen alle drei Impfdosen erhalten. Durch eine Verdoppelung der Impfrate in den kommenden zehn Jahren könnten allein in der Metropolregion Rhein-Neckar 600 Frauen vor einer bösartigen Neuerkrankung geschützt und 10.000 Operationen zur Entfernung von Krebsvorstufen verhindert werden.
„Noch größer wäre der Effekt, wenn auch Jungen geimpft würden“, so zur Hausen. „Zum einen, weil die humanen Papillomviren auch bei Jungen zusätzliche Krebsarten auslösen können. Zum anderen können die Viren nur durch eine Impfung beider Geschlechter wirkungsvoll bekämpft werden.“ Deshalb fordert die Initiative: Früher mit der Impfung beginnen und die Impfempfehlung endlich auch auf Jungen ausweiten.
„Es gibt sehr viele Möglichkeiten, einfach und wirkungsvoll vorzubeugen. Wir müssen die Menschen motivieren, Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen“, sagt MLP-Gründer Dr. h.c. Manfred Lautenschläger, dessen Stiftung viele Projekte im Bereich Gesundheit fördert. Ebenso wie zur Hausen zählt Lautenschläger zu den ideellen Unterstützern der neuen Präventionsinitiative. In den kommenden Monaten sollen weitere Mitstreiter und Multiplikatoren gewonnen werden, um mit deren Unterstützung erste Maßnahmen zu erarbeiten. Dabei werden Fortbildungen für Ärzte und ein Kommunikationskonzept zur gezielten Ansprache von Lehrern, Eltern und Jugendlichen eine große Rolle spielen.
Gesundheitsinitiative ergänzt BMBF-Gesundheitsregion
Die neue Initiative für mehr Gesundheitsvorsorge in der Metropolregion Rhein-Neckar ergänzt die bereits bestehenden regionalen Aktivitäten zur besseren Versorgung chronisch Kranker (INFOPAT). INFOPAT setzt dabei auf die Einführung einer persönlichen einrichtungsübergreifenden elektronischen Patientenakte (PEPA) und die stärkere Vernetzung der Akteure im Gesundheitswesen durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert dieses Vorhaben mit über 7 Mio. Euro. Die Federführung liegt beim Universitätsklinikum Heidelberg.