Angesicht des aktuellen Pferdefleisch-Skandals nimmt der Landesinnungsverband für das Fleischerhandwerk in Baden-Württemberg Stellung.
„Unsere durchweg handwerklichen Innungsmetzgereien wissen, woher ihre Tiere kommen. Sie kennen die Landwirte in ihrer Region, transportiert werden die Tiere auf kürzesten Wegen, geschlachtet werden sie in lokalen EU-Schlachthöfen oder von den Metzgereien selbst im eigenen Betrieb“, erklärt Geschäftsführer Ulrich Klostermann. Bei den vom Skandal betroffenen Produkten handelt es sich um industriell hergestellte, küchenfertige Tiefkühlprodukte, die vom Lebensmittelgroß- und -einzelhandel vertrieben werden. Im Fleischerhandwerk werden solche Produkte weder hergestellt, noch vertrieben. „Beim Handwerksmetzger erhält der Verbraucher vorrangig offene Ware aus der Theke und für Verpacktes gilt: Wo beim Metzger Rind drauf steht, ist auch Rind drin“, bestätigt Ulrich Klostermann.
Zum Thema Pferdefleisch gelte es zu sagen, dass Pferd in der EU als Schlachttier definiert ist. Sofern Pferdfleisch von gesunden, nicht medikamentös behandelten Tieren stamme, die nach allen Regeln des Tierschutzes transportiert wurden und in einem der (wenigen) zur Pferdeschlachtung zugelassenen Schlachthöfe geschlachtet wurden, sei gegen Pferdefleisch nichts einzuwenden. „Ein absolutes No-Go“ sei, so Klostermann, nicht nur die Verbrauchertäuschung durch Falschdeklaration und die teilweise eruierte Medikamentenbelastung des Fleisches. Auch die Vorstellung, dass ahnungslosen Verbrauchern Fleisch von Tieren untergejubelt wurde, die auf nicht nachvollziehbaren Wegen transportiert und zu Tode gebracht wurden. „Man weiß, was Tiere, vor allem die sensiblen Pferde, auf stunden- und tagelangen Schlachttiertransporten zu erleiden haben, das sprengt jede Vorstellung und ist ein Skandal für sich“, macht Ulrich Klostermann klar. Grundsätzlich lehnt der Landesinnungsverband für das Fleischerhandwerk in Baden-Württemberg Schlachttiertransporte über lange Strecken ab und fordert kürzeste Wege zur Schlachtstätte sowie streng kontrollierte Verladung, Transport und Schlachtung nach dem Tierschutzgesetz. Auch hier können die Handwerksmetzger punkten, sie stehen für Regionalbezug und beziehen ihre Tiere von Bauern aus nächster Nähe. Vor jeder Schlachtung erfolgt eine Lebendbeschau der Tiere durch einen Amtsveterinär, Verstöße gegen das Tierschutzgesetz werden streng geahndet. Nach der Schlachtung erfolgt die Fleischbeschau durch den Amtsveterinär, in die Wurstküche und in den Verkauf des Handwerksmetzgers gelangt nur geprüftes Fleisch, das für den menschlichen Verzehr geeignet ist. Medikamentös belastetes Fleisch, egal von welchem Tier, gehört eindeutig nicht in den Verkehr und nicht in den Verzehr.
„Unsere Sorge ist, dass nun wieder verallgemeinert wird und Fleisch in Generalverdacht gerät“, meint Ulrich Klostermann. Er hoffe, die Verbraucher setzen weiterhin Vertrauen in ihre Innungsmetzgereien, die für Transparenz, Tierschutz, Frische, Qualität und ehrliche Produkte stehen. Wer sich vor den undurchsichtigen Machenschaften der Global-Player schützen wolle, dürfe aber nicht laufend an der Preisschraube drehen. „Wenn Lebensmittel immer billiger und billiger werden sollen, dann muss man sich doch klar machen, dass das zu Lasten der Tiere, der Umwelt und der Qualität geht.“ Wolfgang Herbst, Lebensmitteltechniker und stellvertretender Landesinnungsmeister, erklärt: „Eine Industrie-Lasagne wird gekauft, weil sie gut und billig sein soll. Wie das bei einem Preis von zum Beispiel 99 Cent möglich sein soll, macht sich kaum jemand klar.“ Da werde gespart, an der Menge der Fleischeinlage, an der Fleischqualität, an allen teuren Rohstoffen. Neun Prozent Fleischanteil in einer Portion Industrie-Lasagne, das spreche Bände, so Wolfgang Herbst. „Wenn wir in unserer Metzgerei Lasagne machen, hat sie rund 50 Prozent Hackfleischanteil“, das wirke sich nun mal auf den Preis aus, aber der Verbraucher könne sich sicher sein, dass er keine Mogelpackung auf den Teller bekommt. Die Empfehlung des Landesinnungsverbandes an die Verbraucher lautet derzeit: Augen auf, nicht nur beim Fleischkauf, sondern auch beim Kauf industrieller Fertig- und Tiefkühlprodukte. Vor Falschdeklarationen von Fertigprodukten könne sich der Verbraucher selbst zwar leider selbst kaum schützen, aber er kann selbst entscheiden, ob er billige Produkte mit minderwertigen Füllstoffen und Konservierungsstoffen kauft oder ob er aus heimischen Zutaten und hochwertigen, kontrollierten Rohstoffen frisch Gekochtes essen möchte.