Von Marx bis Fawkes

In einem chronologischen Rundgang lernen die Besucherinnen und Besucher die Geschichte der Arbeiterbewegung kennen.

Große Landesausstellung Baden-Württemberg „Durch Nacht zum Licht? Geschichte der Arbeiterbewegung 1863 – 2013“
vom 2. Februar bis zum 25. August 2013 im TECHNOSEUM

 Am 23. Mai 1863 gründete Ferdinand Lassalle gemeinsam mit zehn Delegierten aus verschiedenen deutschen Städten in Leipzig den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) – dies ist die Geburts-stunde der ersten politischen Partei der deutschen Arbeiterbewegung.

Zum 150. Jahrestag widmet das Mannheimer TECHNOSEUM dem Thema eine umfassende Ausstellung: „Durch Nacht zum Licht? Geschichte der Arbeiterbewegung 1863 – 2013“ ist vom 2. Februar bis zum 25. August 2013 in Mannheim zu sehen.

Die Schau gibt in einem chronologischen Rundgang einen Überblick über die gesellschafts- und sozialpolitische Entwicklung der letzten 200 Jahre, nimmt aber auch die Lebens- und Arbeitswelt der Arbeiterinnen und Arbeiter sowie deren reichhaltige Kultur mit eigenen Vereinen und Genossenschaften in den Fokus.

„Die Arbeiterbewegung wurde in Deutschland bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts ausgegrenzt und unterdrückt, fand jedoch seit dem Kaiserreich sukzessive ihren Weg in die Mitte der Gesellschaft“, so Dr. Horst Steffens, der Projektleiter der Ausstellung. Ihre Blütezeit in den 1920er Jahren endete jedoch in ideologischer Zerrissenheit und Schwächung der Abwehr des Nationalsozialismus.

Auf Verfolgung und Widerstand während des Dritten Reichs folgte im geteilten Deutschland ein doppelter Neuanfang: einmal als Gestaltungsfaktor des demokratischen Aufbaus, einmal als Transmissionsriemen einer Partei im so genannten „Arbeiter- und Bauernstaat“. Steffens: „Heute ist die Arbeiterbewegung nach wie vor ein wichtiger Mitgestalter des Sozialstaats; sie muss angesichts neuer Entwicklungen jedoch ihre gesellschaftliche Rolle und Relevanz neu bestimmen.“

War im 19. Jahrhundert der Wandel von der Hand- zur Maschinenarbeit eine grundlegende Erfahrung vieler Arbeiter, werden die Arbeitsplätze in der Bundesrepublik von heute durch die Globalisierung ebenso beeinflusst wie durch die Digitalisierung. Besucherinnen und Besucher können die sich wandelnden Arbeitsbedingungen anhand unterschiedlicher Produktionsmilieus nachvollziehen, die in der Ausstellung präsentiert werden: So sind etwa die Mechanisierung der Schneiderarbeit, der Bergarbeit und auch die Anfänge der Fließbandfertigung sowie ein Call-Center-Arbeitsplatz aus heutiger Zeit zu sehen.

Insgesamt zeigt das TECHNOSEUM auf 800 Quadratmetern Ausstellungsfläche über 500 Exponate von mehr als 70 Leihgebern, darunter eine Original-Handschrift von Karl Marx, einen vom gelernten Drechsler August Bebel selbst gefertigten Türknauf, den Haftbefehl gegen Erich Honecker und eine Guy-Fawkes-Maske der Occupy-Bewegung.

Baden-Württemberg fördert die Schau im TECHNOSEUM als Große Landesausstellung. „Die Ausstellung macht eindrucksvoll deutlich, dass Soziale Gerechtigkeit ein gesellschaftliches Megathema war, ist und bleibt“, so der baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid. „Die Frage, wie wir in diesem Land Beschäftigung sichern und es dabei gleichzeitig gerecht zugeht, hat an Aktualität niemals eingebüßt. Wenn die sozialen Fliehkräfte zunehmen, müssen Wirtschaft und Politik gemeinsam daran arbeiten, diese Gesellschaft zusammen zu halten.“

Die Bewegung als Baustelle

In der Ausstellungsgestaltung kommen Baugerüste und Zahnräder zum Einsatz, die Aufstieg und Krise der industriellen Arbeit in einer sich auf- und wieder abbauenden Maschine symbolisieren. „Damit wird verdeutlicht, dass die Arbeiterbewegung vor allem als ein Prozess zu verstehen ist, der nie zum Stillstand oder gar einem Ende kam“, so Matthias Hühnlein von der gleichnamigen Agentur aus Eching am Ammersee, die für das TECHNOSEUM die Gestaltung konzipiert und umgesetzt hat. „Das TECHNOSEUM hat in den vergangenen Jahren Sonderausstellungen vor allem zu technisch-naturwissenschaftlichen Themen wie Nanotechnologie und Ernährung gezeigt“, ergänzt Museumsdirektor Prof. Dr. Hartwig Lüdtke. „Das Besondere unseres Hauses ist jedoch, dass sowohl die Technik- als auch die Sozialgeschichte gezeigt und die Auswirkungen technischer Neuerungen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen erlebbar gemacht werden. Es ist daher für das TECHNOSEUM sehr wichtig, diesen Aspekt auch mit einer Sonderausstellung aktuell aufzugreifen.“

Auch die Interaktivität, ein weiteres Kennzeichen des Museums, kommt in der Sonderausstellung nicht zu kurz: So kann man an einer Handpresse aus dem 19. Jahrhundert unter Anleitung eines TECHNOscouts Flugblätter drucken oder die eigene Leistungsfähigkeit anhand von Versuchen aus der Psychotechnik überprüfen, die bereits in der Zwischenkriegszeit im Rahmen von Eignungs- und Einstellungstests angewendet wurden. Und wer möchte, kann sich das Wissen rund um die Geschichte der Arbeiterbewegung auch in Form eines Kartenspiels mit nach Hause nehmen, das für die Besucher kostenlos ausliegt.

In angemessener Begleitung

„Die Stadt Mannheim hat eine lange Geschichte als Industrie- und damit Arbeiterstadt mit herausragenden Ereignissen und Persönlichkeiten der Arbeiterbewegung, deshalb wird die Ausstellung genau am richtigen Ort präsentiert – und zeigt dabei auch viele Aspekte der regionalen Sozialgeschichte“, so Mannheims Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz. Für zusätzliche regionale Verortung sorgen zwei Begleitausstellungen, die im Vorraum zur Sonderausstellungsfläche gezeigt werden:

Das Institut für Stadtgeschichte/Stadtarchiv Mannheim präsentiert vom 23. Februar bis zum 14. April „24 Köpfe der Mannheimer Arbeiterbewegung“, der Verein Rhein-Neckar-Industriekultur entdeckt zwischen dem 24. April und dem 9. Juni die Geschichte der Konsumvereine in der Region.

Darüber hinaus erinnert ab dem 17. Juli eine Wanderausstellung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Zusammenarbeit mit der Hans-Böckler-Stiftung und der Gedenkstätte Sachsenhausen an Gewerkschafter in Konzentrationslagern.

Nach der Finissage begibt sich „Durch Nacht zum Licht?“ selbst auf Reisen: Vom 25. Oktober 2013 bis zum 1. Mai 2014 wird die Schau im Sächsischen Industriemuseum in Chemnitz zu sehen sein.

Rollenspiele und prominente Redner

Während der Laufzeit der Ausstellung lädt das TECHNOSEUM zu einem reichhaltigen Rahmenprogramm mit namhaften Referenten wie dem Undercover-Journalist Günter Wallraff, dem SPD-Chef Sigmar Gabriel und dem DGB-Vorsitzenden Michael Sommer. Arbeiterlieder-Abende und Vorträge zur Geschichte der Arbeiterturnvereine oder zum Internationalen Frauentag werden ebenso angeboten wie eine Podiumsdiskussion über Arbeitsmigration und Gastarbeiter in der Bundesrepublik. Darüber hinaus gibt es Führungen durch die Ausstellung mit Gewerkschaftsmitarbeitern sowie spezielle Führungen für Seh- und Hörgeschädigte. Immer freitags, sonntags und an Feiertagen findet ab 14.00 Uhr jeweils eine öffentliche Führung statt, die Kosten sind im regulären Eintrittspreis für das Museums bereits mit inbegriffen. Schulklassen dürfen bei einem Rollenspiel Tarifverhandlungen simulieren, Plakate gestalten oder sich in einer Zeitungswerkstatt als Journalisten versuchen. Unter www.technoseum.de kann man seine persönliche aktuelle Arbeitsleistung mit dem Work-O-Mat ermitteln oder an einem Zeitreise-Quiz durch die Geschichte der Arbeiterbewegung teilnehmen, bei dem man nicht nur sein Wissen erweitern, sondern auch wertvolle Preise gewinnen kann. Zur Ausstellung erscheint ein 450-seitiger Katalog (ISBN-Nr. 978-3-9808571-7-8). Er kostet 20,00 Euro und kann im Shop des TECHNOSEUM gekauft werden. Auch eine Bestellung unter Tel. 0621-4298-722 oder unter info.kasse@technoseum.de ist möglich.

Über das TECHNOSEUM

Das TECHNOSEUM in Mannheim gehört neben dem Deutschen Museum in München und dem Deutschen Technikmuseum in Berlin zu den größten Technikmuseen in Deutschland. Die Entwicklungen in Naturwissenschaften und Technik vom 18. Jahrhundert bis heute sowie der soziale und wirtschaftliche Wandel, den die Industrialisierung in Deutschland ausgelöst hat, sind die Themen der Dauerausstellung. Maschinen werden nicht einfach gezeigt, sondern in Ensembles inszeniert, Vorführtechniker erklären Arbeitsabläufe und beantworten Fragen der Besucher. Selbst aktiv werden darf man in der Experimentier-Ausstellung „Elementa“, die an mehreren Orten auf dem Rundgang durch das Museum zum Tüfteln einlädt. Technische Erfindungen lassen sich hier durch eigenes Ausprobieren nacherleben. Das Museum wurde 1990 eröffnet und lockte bisher weit über 5 Millionen Besucher an.

Weitere Informationen gibt es unter www.technoseum.de