Wirtschaftsansiedlung in Heidelberg ist eng verbunden mit Wissenschaft und Forschung – Flächen sind knapp, urbane Standorte sind gefragt.
Der Stadt Heidelberg liegt jetzt ein neues Wirtschaftsflächenkonzept vor, das am 16. Januar im Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss und am 6. Februar 2013 im Gemeinderat vorgestellt wird. Die Studie weist auf die gravierende Flächenknappheit in Heidelberg hin und auf die veränderten Bedürfnisse von Unternehmen, die vornehmlich Standorte mit hoher urbaner Qualität suchen.
Hier geben die Gutachter der CIMA Beratung + Management GmbH in Köln und des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) eine Reihe von Handlungsempfehlungen zur Entwicklung neuer Flächen. Besonders berücksichtigt wird dabei die Bedeutung Heidelbergs als Standort forschungs- und wissensintensiver Unternehmen.
Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner: „Heidelberg ist ein hochattraktiver Wirtschaftsstandort, besonders für wissenschaftsnahe Unternehmen, aber auch für produzierendes Gewerbe und Handwerk. Um das Entwicklungspotenzial für Heidelberg optimal auszuschöpfen, brauchen wir attraktive Wirtschaftsflächen sowohl für die Entwicklungsmöglichkeiten der einheimischen Wirtschaft als auch für Neuansiedlungen.“
Flächen in Heidelberg traditionell knapp
Flächen für gewerbliche Nutzungen sind in Heidelberg traditionell knapp. Dies erfordert seit Jahren einen äußerst maßvollen und nachhaltigen Umgang mit den vorhandenen Grundstücken. Das bedeutet, die Stadt achtet auf eine qualitätsvolle Ansiedlung von Unternehmen mit möglichst wenig Flächenverbrauch und hoher Arbeitsplatzdichte.
Aber auch für attraktive ansiedlungswillige oder bestehende, expansionswillige Unternehmen wird es immer schwieriger, in Heidelberg geeignete Grundstücke zu finden. Zudem konkurrieren bei der Standortsuche immer häufiger klassische Gewerbebetriebe mit expandierenden Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie wissensintensive Dienstleistungen. Daher spricht man nicht mehr von Gewerbe-, sondern von Wirtschaftsflächenentwicklung.
Seit 1993 weist die Wirtschaftsförderung kontinuierlich auf den erheblichen Engpass an kurzfristig verfügbaren Wirtschaftsflächen hin. 2012 befand sich die Stadt mit noch rund 22 Hektar städtischen und sofort verfügbaren Flächen auf „historisch“ niedrigstem Niveau. Erhebliche Flächen wie beispielsweise in der Bahnstadt oder im Furukawa-Gelände wurden nicht zu Gewerbe- sondern zu Wohnbauflächen entwickelt.
Die wichtigsten Ergebnisse
Heidelberg gilt als relativ „konjunkturrobust“. Mit 83 Prozent Beschäftigtenanteile im Dienstleistungssektor bildet Heidelberg im westdeutschen Vergleich eine Ausnahme. Wissensintensive Dienstleistungen und forschungsintensive Industrien sind in Heidelberg fast doppelt so stark wie im bundesdeutschen Vergleich und gelten als Zukunftsindikator für Wachstum. Es ist mit einem Zuwachs von rund 6.200 Beschäftigten in diesem Bereich zu rechnen. Hier steckt erhebliches Entwicklungspotenzial, das nur mit ausreichenden Wirtschafsflächen optimal genutzt werden kann. Die Ergebnisse im Einzelnen:
Das vorhandene Flächenangebot wird als nicht ausreichend bewertet. Es gibt Engpässe bei der Qualität und Verfügbarkeit sowie zu lange Entwicklungszeiten der einzelnen Grundstücke. Insbesondere fehlen Standorte mit urbaner Infrastruktur. Selbst wenn alle Potenziale in den bestehenden Gewerbegebieten ausgeschöpft werden, wird ein Flächendefizit von fast 73 Hektar prognostiziert.
Die Anforderungen der Unternehmen an den konkreten Firmenstandort haben sich in den letzten 15 Jahren deutlich verändert. Viele Nachfrager suchen nach Standorten mit umfassender Infrastruktur und Qualität. Deshalb besteht vordringlicher Handlungsbedarf bei den Flächentypen „Technologiepark/Universität“ und „urbanen Standorten“. Ein weiterer Bedarf wird im Flächentyp „Gewerbepark“ gesehen, der auf eine qualitative Aufwertung einzelner Gewerbegebiete zielt.
Handlungsempfehlungen
Essentiell für ein attraktives Wirtschaftsflächenangebot ist die Möglichkeit, Vorhaben schnell zu realisieren. Um bei der Ansiedlung und Bestandspflege von Unternehmen langfristig handlungsfähig zu sein, braucht man ein ausreichendes Angebot an unterschiedlichen Flächenqualitäten. Im Einzelnen empfehlen die Gutachter
eine nach wie vor nachhaltige Flächenentwicklung,
die Stärkung von „urbanen“ Standorten. Hier bieten die frei werdenden Militärflächen große Chancen,
eine weitere Profilierung des Campus Bahnstadt als Erweiterung des Technologieparks Heidelberg sowie die Entwicklung weiterer Standorte für wissensorientierte Unternehmen,
die Aufwertung bestehender Flächen für produzierende Gewerbe und Handwerk („Gewerbeparks“),
weiterhin den Verzicht auf flächenintensive Betriebe mit wenig Beschäftigten (wie kürzlich die Ablehnung eines Großlagers von Amazon,
ungeeignete Flächen als „Tauschflächen“ anzubieten.
Mit dem Gutachten liegt nun eine fachliche Ausarbeitung für die Wirtschaftsflächenentwicklung in Heidelberg vor.
Das Thema „Wirtschaftsflächen der Zukunft“ wird auch im Rahmen einer Fachtagung des Deutschen Instituts für Urbanistik 24. und 25. Januar 2013 in Heidelberg gemeinsam mit einer breiten Fachöffentlichkeit diskutiert. Alle Interessierten haben die Möglichkeit, sich daran zu beteiligen. Die Tagungsgebühr beträgt 160 Euro, Anmeldungen unter www.heidelberg.de/difu-fachtagung oder beim Amt für Wirtschaftsförderung, Telefon 06221 58-30000, -30014.
Das vollständige Konzept sowie die Informationsvorlage für den Gemeinderat der Stadt Heidelberg stehen im Internet unter www.heidelberg.de/wirtschaft.