Die Schulter ist das beweglichste Gelenk des Körpers, aber auch sehr anfällig für Verletzungen und Verschleiß. Wenn jede Bewegung schmerzt, kann eine Schulterprothese der Weg zurück in ein aktives Leben sein. Etwa 15.000 Menschen pro Jahr lassen sich in Deutschland ein künstliches Schultergelenk einsetzen, Tendenz steigend. Vor allem bei Arthrose des Schultergelenkes verspricht eine Prothese sehr gute Behandlungserfolge. Langzeitstudien zeigen: Moderne Kunstgelenke sind in der Regel mindestens zehn bis zwölf Jahre fest, häufig sogar wesentlich länger.
Schulterprothesen haftete lange Zeit kein gutes Image an. „Mehr als die Hälfte der künstlichen Gelenke werden nach Brüchen eingesetzt. Gerade bei komplizierten Brüchen sind die Heilungschancen jedoch weniger aussichtsreich“, sagt Professor Markus Loew, Schulter- und Ellenbogenchirurg an der ATOS Klinik Heidelberg. So stehen in Deutschland 15.000 implantierte Kunstgelenke pro Jahr 210.000 künstlichen Hüft- und 165.000 Kniegelenken gegenüber. Doch die Zahl der Schulteroperationen steigt. Denn: „Bei anderen Indikationen, zum Beispiel einer Arthrose des Schultergelenkes, stehen die Chancen, beschwerdefrei zu leben, sehr gut“, erläutert der Spezialist für Schulterprothesen. Zudem biete die moderne Schulterprothetik die Möglichkeit, aus einer Vielzahl an unterschiedlichen Gelenkgrößen und -typen das zur jeweiligen Indikation und für den Patienten individuell passende Implantat auszuwählen.
Sehr gute Ergebnisse bei Arthrose
Ein künstliches Gelenk kann die Patienten von ihren teilweise unerträglichen Schmerzen befreien und den natürlichen Bewegungsablauf der Schulter soweit wie möglich wieder herstellen. Die besten Aussichten bestehen bei Arthrose. „Wenn der Gelenkknorpel abgenutzt ist und sich das Gelenk bereits verformt hat, sollte man mit der Operation nicht allzu lange warten“, rät Professor Loew. Bei einer Arthrose werden in der Regel beide Gelenkpartner, die Gelenkpfanne und der Oberarmkopf, ersetzt und so die Funktionstüchtigkeit der Schulter wiederhergestellt.
Am schlechtesten sind die Behandlungserfolge bei schweren Trümmerbrüchen. Ist die Zahl der Trümmer zu groß, sind häufig auch die Muskeln verletzt. „Die Prothese fungiert hier oft als Platzhalter. Sind zu viele Muskeln beschädigt, stellt sich die Beweglichkeit oft nicht wieder ein“, erläutert Professor Loew. In neun von zehn Fällen müsse ein Trümmerbruch jedoch nicht operiert werden: „Die Knochen heilen, wenn sie ruhiggestellt werden, sehr gut. Bei älteren Menschen genauso wie bei jungen.“ Nur der Aufbau der Muskulatur sei für Senioren schwieriger.
Alternative: Teilprothesen
Neben kompletten Prothesen, bei der Schulterpfanne und Oberarmkopf ersetzt werden, sind auch Teilprothesen möglich. Sie empfehlen sich, wenn nur ein begrenzter Bereich des Gelenkknorpels am Oberarmkopf beschädigt ist und das umliegende Knorpelgewebe sowie die gegenüberliegende Gelenkpfanne intakt sind. „Das ist allerdings seltener, meist bei jüngeren Patienten der Fall“, so Professor Loew. Dann sind Cup-Prothesen, die mit einem kurzen Dorn im Knochen verankert werden und den zerstörten Gelenkkopf überkronen, eine gute Lösung. Der Vorteil: Die Prothese stellt das Gelenk ohne Knochenverlust wieder her. Dadurch ergeben sich für die Zukunft auch gute Möglichkeiten, die Prothese auszutauschen, wenn sie abgenutzt oder gelockert sein sollte. Bei üblichen Schaftprothesen wird der Knochen angeschnitten und der Schaft, auf dem später die Kugel aufsitzt, darin eingebaut.
Nachbehandlung wichtig für Behandlungserfolg
Entscheidend für den Erfolg ist die Nachbehandlung – unabhängig davon, welche Prothese eingesetzt wurde: Bereits am ersten Tag nach der Operation sollte die Physiotherapie beginnen. Der Krankenhausaufenthalt dauert eine Woche. Nach vier Wochen gehen die meisten Patienten zur Reha. Wichtig: Die Patienten müssen vier Wochen lang ein spezielles Schulterkissen tragen, damit die Muskeln besser verheilen können. Ist die Prothese eingeheilt und lässt sich der Arm wieder 140 Grad abspreizen, ist eine Nachuntersuchung nur alle zwei Jahre erforderlich.
Sport nicht nur möglich, sondern wichtig
Die Schulterendoprothetik kann ein Weg aus dem Schmerz sein: Die Prothese stellt die Stabilität des Gelenks und die Balance in der Muskulatur wieder her. Auch Sport zu treiben, zum Beispiel Radfahren und Schwimmen, ist wieder möglich und sogar empfehlenswert. Studien über zehn Jahre führten zu guten Ergebnissen und zeigen, dass die Prothesen sehr belastbar sind. In 90 Prozent der Fälle funktionieren sie auch noch nach 15 Jahren. Prothesen sollten jedoch nur von erfahrenen Operateuren implantiert werden, die diesen Eingriff mindestens 50 Mal im Jahr durchführen. Dadurch sinkt die Komplikationsrate und die Resultate sind nachweisbar besser. Der Erfolg der Operation hängt auch vom Patienten ab: Seine Mitarbeit bei der Reha ist für mindestens drei Monate unverzichtbar.