Heidelberger Theater: Theatereröffnung ist bundesweites Signal

Blick in den Alten Saal

In Heidelberg hat ein bundesweit einzigartiges Engagement von Stadt und privaten Spendern die Sanierung und Erweiterung des Theaters ermöglicht. Das Haus im Herzen der Altstadt wird nach dreijähriger Bauzeit am 24. November 2012 wiedereröffnet. Das Gebäude wurde umfassend saniert und um einen modernen Anbau mit zweitem Theatersaal erweitert. Bürger und Unternehmen haben hierfür insgesamt rund 19 Millionen Euro gespendet.

Überragendes bürgerschaftliches Engagement
„Es ist fantastisch, was wir alle zusammen in Heidelberg erreicht haben“, sagt Heidelbergs Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner. „Vor wenigen Jahren drohte dem Theater die Schließung. Und heute stehen wir vor der Wiedereröffnung unseres Theaters, das ganz neue Möglichkeiten bietet und das in seiner neuen Form den besonderen Charakter Heidelbergs verdeutlicht: Es verbindet in einer großartigen Architektur Historisches und Neues, es ist zugleich charmant wie innovativ. Tausende Menschen haben sich hierfür engagiert und haben 19 Millionen Euro an Spenden beigetragen. Herausragend war dabei die Unterstützung von Wolfgang Marguerre. Er spendete mehr als 15 Millionen und gab vielen weiteren Menschen den Anstoß, sich zu engagieren. Sie alle haben ein Angebot ermöglicht, von dem künftig alle Bürgerinnen und Bürger Heidelbergs und unsere Gäste profitieren. Das ist in Zeiten, in denen in anderen Kommunen über die Schließung von Theatern debattiert wird, ein klares Signal für die gesamte deutsche Kulturlandschaft. Dafür danke ich allen herzlich.“

Holger Schultze, Intendant des Theater und Orchester Heidelberg sieht in der einzigartigen Bühnensituation große künstlerische Chancen: „Es gibt kaum ein Theater in Deutschland, das solche Spielmöglichkeiten hat. Theater lebt von ästhetisch neuen Konzepten. Heidelberg hat mit den beiden Bühnen in dieser Hinsicht ganz außergewöhnliche Möglichkeiten.“

Der Heidelberger Gemeinderat hat für das Projekt 60 Millionen Euro genehmigt, davon stammen rund 16 Millionen Euro aus privaten und unternehmerischen Spenden. Darüber hinaus wurden Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung im Wert von knapp vier Millionen Euro durchgeführt. Sie wurden über zusätzliche, zweckgebundene Spenden – darunter eine Großspende in Höhe von 2,5 Millionen Euro – und Fördergelder finanziert. Dadurch konnte beispielsweise ein Hubpodium im Zuschauerbereich des Alten Saals installiert werden. Größter Einzelspender war der Heidelberger Unternehmer Wolfgang Marguerre. Als Dank für seine Unterstützung in Höhe von mehr als 15 Millionen Euro wurde der Neue Saal des Theaters in Wolfgang Marguerre-Saal benannt.

Europaweit einzigartig ist die Anordnung der aneinander grenzenden Bühnen im Heidelberger Theater, die ganz neue künstlerische Möglichkeiten eröffnet. Ermöglicht wurde dies durch die geschickte Verbindung des historischen Altbaus aus dem 19. Jahrhundert mit dem modernen Anbau.

Sanierung wegen Sicherheitsmängeln
Für die Sanierung des Theaters hatte der Heidelberger Gemeinderat im November 2006 gestimmt und im November 2008 die Ausführungsgenehmigung erteilt. Im September 2009 starteten die Sanierungsarbeiten. Die Gebäude in der Theater- und Friedrichstraße befanden sich zuvor in einem kritischen Zustand. Die erforderlichen Sicherheitsstandards konnten kaum noch gewährleistet werden. Die rechtlichen Mindestanforderungen an Arbeitsplätze wurden nicht mehr erfüllt. Die Rahmenbedingungen für zukunftsfähige Theaterarbeit waren nicht mehr gegeben. Im Oktober 2006 musste das Theater sogar wegen gravierender Sicherheitsmängel zeitweise geschlossen werden.

Breite Finanzbasis
Finanziell konnte die Stadt das Großprojekt insbesondere durch die Gründung der Theater- und Orchesterstiftung unter Vorsitz von Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner bewältigen. Hinzu kamen Spenden von Dritten, so beispielsweise vom Bürgerkomitee zur Rettung des Heidelberger Theaters, das 2006 auf Initiative von Wolf Meng gegründet wurde, mit dem Zweck, das Theater an seinem jetzigen Standort zu erhalten und die Sanierungsmaßnahmen umfassend, auch finanziell, zu unterstützen. Herausragend waren das Engagement des Heidelberger Unternehmers Wolfgang Marguerre im Umfang von mehr als 15 Millionen Euro sowie die erste Großspende in Höhe von einer Million Euro durch Manfred Lautenschläger.

Planerische Herausforderung
Planerisch war die Erweiterung des Theaters in der Altstadt und die bauliche Umsetzung eine große Herausforderung. Der Entwurf zur Erweiterung des Heidelberger Theaters stammt vom Darmstädter Architekturbüro Waechter + Waechter BdA, das 2008 als Sieger aus dem Architekturwettbewerb hervorging. 125 Architekturbüros hatten sich seinerzeit um die Wettbewerbsteilnahme beworben.

Alt und Neu anspruchsvoll vereint
Der Entwurf der Darmstädter Architekten Waechter + Waechter besteht aus einem Neubau mit zweigeschossigem Foyer und einem zusätzlichen Theatersaal, der die alten und neuen Bühnenbereiche kombiniert. Die Anordnung der Bühnen im teils sanierten, teils neu gebauten Theater ist einzigartig. Der Alte Theatersaal aus dem 19. Jahrhundert und der Neue Saal grenzen L-förmig aneinander und können getrennt, aber auch bei einer Produktion gleichzeitig bespielt werden. Das ermöglicht technisch und künstlerisch reizvolle Raumlösungen, die das Schauspiel gleich in der Eröffnungsspielzeit nutzt.

Insgesamt verfügt das Heidelberger Theater nach der Sanierung und Erweiterung über mehr als 8.000 Quadratmeter Nutzfläche. Der sanierte historische Theatersaal bietet Platz für bis zu 326 Zuschauer. Er kann flach oder über ein Hubpodium gestaffelt bestuhlt werden. Der neue Saal des Heidelberger Theaters hat 517 Zuschauerplätze inklusive fünf Rollstuhlplätzen und bietet beste Bühnensicht bei hervorragender Akustik. Im Erweiterungsbau befinden sich auch Werkstätten, Proberäume und -bühnen sowie die Künstlergarderoben. Das alte Theater in der Theaterstraße 6 wurde saniert, der historische „alte Saal“ aus dem 19. Jahrhundert bleibt als zweite Spielstätte erhalten. Der Zuschauerbereich des alten Saals wurde auf die historische Höhe abgesenkt. Ebenfalls saniert wurden die denkmalgeschützten Gebäude Friedrichstraße 5, Theaterstraße 8 und 10 sowie Theaterstraße 4, in denen die Theaterkasse, die Garderobe, Büro- und Lagerräume sowie die Kantine untergebracht sind.

Energetisch zukunftsweisend
Mit der Baumaßnahme ist ein auch in energetischer Hinsicht zukunftsweisendes Gebäudeensemble entstanden. Als bundesweit erstes arbeitet das Heidelberger Theater mit einem innovativen Heizsystem, das Erdwärme, Abwärmenutzung und Fernwärme kombiniert. Jährlich sollen damit 44.000 Euro Energiekosten eingespart werden.

Behindertengerecht
Besonders auf die Belange von Menschen mit Behinderung wurde bei der Sanierung und Erweiterung geachtet So ist das Theater barrierefrei zugänglich, verfügt über eine Schwerhörigenanlage sowie eine Audiodeskriptionsanlage, mit Hilfe derer Blinden und Sehbehinderten durch Erklärungen erläutert wird, was auf der Bühne zu sehen ist.

Zur Geschichte der Städtischen Bühne

31. Oktober 1853 Eröffnung der Städtischen Bühne, Theaterstraße 6
1880-1885 Erster Innenumbau des Theaters; Erweiterung in den Folgejahren
1924 Innen- und Außenumbau des Theaters
1978/79 umfassende Instandsetzung
1987-1990 Sanierung des Theaters und Anbau des Glasfoyers
Juli 2006 Das Theater befindet sich in desolatem Zustand; Start der
RNZ-Kampagne „Wir retten unser Theater“, Gründung
des Bürgerkomitees zur Rettung des Heidelberger Theaters
Oktober 2006 zeitweise Schließung des Theaters wegen gravierender Sicherheitsmängel
November 2006 Grundsatzbeschluss des Gemeinderates zur Sanierung der Städtischen Bühne
25. Juli 2007 Beschluss des Gemeinderats, die Theatersanierung im Rahmen eines Architektenwettbewerbs zu konkretisieren
März 2008 Das Darmstädter Architekturbüro Waechter + Waechter geht als Sieger aus dem Architekturwettbewerb zur Theatersanierung hervor. Insgesamt hatten sich 125 Architekturbüros um die Teilnahme am Wettbewerb beworben.
November 2008 Ausführungsgenehmigung des Gemeinderates zur Sanierung und Erweiterung der Städtischen Bühne
Juli 2009 Theater-Umzug in die Ersatzspielstätten „Opernzelt“ und „Theaterkino“.
September 2009 Beginn der Sanierungsarbeiten
10. Juni 2010 Grundsteinlegung
26. März 2011 Tag der offenen Baustelle: 1.200 Heidelberger Bürger
Kommen, um erstmals den Rohbau ihres neuen Theaters
zu betreten
4. Juli 2011 Richtfest
ab Juni 2012 Umzug der Theaterwerkstätten und Theaterverwaltung ins sanierte Haus
ab September 2012 Beginn des Probebetriebs
24. November 2012 Wiedereröffnung des sanierten und erweiterten Heidelberger Theaters; Eröffnungspremiere: „Mazeppa“, Oper von P. Tschaikowsky