Früherer Bundespräsident Köhler sprach auf Einladung der Kaiserdom-Stiftung im Dom zu Speyer

Horst Köhler

Zu verstärkten gemeinsamen Anstrengungen für die Europäische Union hat der frühere Bundespräsident Professor Dr. Horst Köhler am Mittwochabend im Dom zu Speyer die europäischen Staaten aufgerufen. Gerade die stärkeren Nationen sollten „mehr für Europa tun, als es einer rein nationalen Kosten-Nutzen-Rechnung entsprechen mag“, betonte Köhler und fügte mit Blick auf Deutschland hinzu: „Gehen wir mit gutem Beispiel voran.“ Der ehemalige Bundespräsident sprach im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Europäische Reden – Reden über Europa" der „Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer“.

In seiner Ansprache sagte Köhler, „unter der Bedingung, dass alle Staaten der Eurozone erweiterten Gemeinschaftskompetenzen zur Durchsetzung der Konvergenz zustimmen“ könne es Deutschland wagen, „einen Schuldentilgungspakt zu schließen, wie ihn der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im vergangenen Jahr vorgeschlagen hat, als eine Brücke zu neuem Vertrauen in Europa und zu fiskalischer Solidität“. Darüber hinaus regte er eine „kraftvolle Initiative“ Deutschlands und Frankreichs zur Stärkung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union an, „die dann auch zu einer gemeinsamen, transparenten Beschaffung von Rüstungsgütern“ führen könnte.

Nach Einschätzung des ehemaligen Staatsoberhaupts würden Initiativen dieser Art der Größe der Verantwortung entsprechen, die Deutschland bei seiner geographischen Lage und seiner Stärke zufalle. „Beweisen wir doch unsere Phantasie und unseren Enthusiasmus für das Europa der Freiheit und des Friedens, das wir mit aufgebaut haben! Zeigen wir doch, wie froh wir sind, in diesem Europa zu leben, umgeben von Freunden; zeigen wir es auch, indem wir Führungsverantwortung übernehmen, wo das nötig ist“, so Köhler.

Dagegen warnte der ehemalige Bundespräsident davor, auf die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise mit einem „schleichenden oder gar offenen Umbau der Wirtschafts- und Währungsunion  in Richtung Umverteilung und Dauertransfers“ zu reagieren. Dies würde nicht nur das Wesen der Wirtschafts- und Währungsunion verändern und damit ihrer bisherigen Verfassung widersprechen. „Ein solcher Umbau fände auch in vielen Mitgliedstaaten keine demokratische Akzeptanz“, betonte Köhler.

Zu Beginn der Veranstaltung, die Domorganist Markus Eichenlaub an der Orgel musikalisch begleitete, hatte Weihbischof Otto Georgens in seiner Funktion als Dompropst in der voll besetzten Kathedrale zahlreiche Ehrengäste begrüßt: unter anderen Altbundeskanzler Dr. Helmut Kohl mit Gattin, Kardinal Dr. Friedrich Wetter, Bischof em. Dr. Anton Schlembach, Herzog Max in Bayern sowie den ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Bernhard Vogel. Der Weihbischof sagte, im Dom sei die europäische Dimension mit Händen zu greifen. Die Kathedrale sei ein Symbol für die Einheit Europas, die entscheidend für die Zukunft des Kontinents sei.

Stiftungsvorstand Dr. Manfred Fuchs hob hervor, die Europäische Union sei „bei allen Schwierigkeiten ein Erfolgsmodell“. Er dankte dem ehemaligen Bundespräsidenten für seinen „ermutigenden Vortrag“ und betonte: „Ohne die Europäische Union wäre unsere Zukunft fragwürdig.“ Die Veranstaltung schloss mit einem Gebet, in dem Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann die Verantwortung des Menschen vor Gott für Frieden und Gerechtigkeit hervorhob.

Hintergrund: „Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer“
Die „Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer", die im Sinne der UNESCO-Konvention mit Projektpartnern die Patenschaft für die Speyerer Kathedrale übernommen hat, will mit vielen originellen Veranstaltungen und Aktionen Menschen für das Bauwerk begeistern. Sie baut ein Stiftungskapital auf, aus dessen Zinserträgen Projekte rund um den Dom realisiert werden. Außerdem engagiert sich die Stiftung bei der aktuellen Domrestaurierung, indem sie Personen und Unternehmen gewinnt, namhafte Patenschaften über Restaurierungs-Projekte zu zeichnen. Gemäß Satzung will die Stiftung auch den Europa-Gedanken fördern, da die Speyerer Kathedrale als Symbol für Europa gilt. Aus diesem Grund lädt die "Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer" zu ihrer Vortragsreihe  "Europäische Reden – Reden über Europa" in den Dom ein. In den vergangenen Jahren sind ihrer Einladung, in diesem Rahmen über Europa zu sprechen, bereits der Premierminister des Großherzogtums Luxemburg, Jean-Claude Juncker, der ehemalige polnische Außenminister Professor Wladyslaw Bartoszewski und der Präsident des Europäischen Parlaments, Professor Dr. Hans-Gert Pöttering.

Kontakt:  Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer, Stifterbüro im Historischen Judenhof, Kleine Pfaffengasse 21, 67346 Speyer, Telefon: 0 62 32/102-397 (Montag bis Donnerstag von 9 bis 12 Uhr), Telefax: 0 62 32/102-352, E-Mail:  stiftung-kaiserdom@bistum-speyer.de, Internet: www.stiftung-kaiserdom.de