Eine offene Arbeitsgemeinschaft zu gründen, „um bestehende Angebote zu vernetzen und bedarfsorientierte Maßnahmen für Neustadt zu entwickeln“, das regte Sozialdezernent Ingo Röthlingshöfer am Mittwoch, den 12. September 2012, zum Abschluss der„Regionalen Pflegekonferenz der Stadt Neustadt an der Weinstraße“ an.
Von den einhundert geladenen Fachleuten waren siebzig in das GDA Wohnstift in der Haardter Straße gekommen, um sich über das „Älter werden im Quartier – neue Kooperations- und Wohnformen für pflegebedürftige Menschen“ zu informieren.
Zu Beginn erinnerte Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer an die Generation „Babyboomer“, die geburtenstarken Jahrgänge aus den 1950er und 1960er Jahren, die in etwa zwanzig Jahren wahrscheinlich nicht alle in Senioreneinrichtungen untergebracht werden könnten.
Die Fragen an die Gesellschaft seien daraus schnell definiert – die Antworten fehlten noch. „90 Prozent der über 65-jährigen leben derzeit in ihren eigenen vier Wänden, nur ein Drittel der über 90-jährigen lebt in Heimen“, beschrieb Prof. Dr. Annette Spellenberg von der TU Kaiserslautern, Lehrgebiet Stadtsoziologie, den Trend.
Ältere Menschen wollten außerdem tendenziell nicht in die städtischen Zentren ziehen, sondern würden lieber außerhalb wohnen (bleiben). Sie seien durch eine hohe Verweildauer am Heimatort geprägt. Vorrangig seien hier der Kontakt zur Familie, dann zu Freunden, Hilfeanbietern und zuletzt zu Nachbarn. Zwangsläufig stelle sich die Frage „Was wird von diesen älteren Menschen benötigt?“. Handlungserfordernisse seien unter anderem stark vernetzte Quartiere und die Einbindung älterer Menschen bei der Angebotsentwickelung, schloss Prof. Spellenberg.
„Wir sollten hinkommen zu einer bedarfsorientierten Schaffung von Wohninfrastruktur und zu einer Wirkungsmechanik, die fragt: Was wollen die Menschen?“, ist sich Schwester Oberin Eleonore Galuschka von der DRK Schwesternschaft Rheinpfalz-Saar sicher. Sie regte an, alle Angebote für ältere Menschen in Neustadt möglichst lückenlos zu vernetzen und bedarfsorientierte Lösungen zu schaffen. Als Ausgangspunkt dafür schlug sie ein Forschungsprojekt vor, das die heute 60-jährigen nach ihren Lebensvorstellungen in zwanzig Jahren befragt.
Die ambulant betreute Wohngemeinschaft sieht Stephanie Mansmann, Leiterin der Landesberatungsstelle Pflege Wohnen Rheinland-Pfalz, im Kommen. Ihre Aufgabe sei es, „neue Wohnformen für Menschen mit Unterstützungsbedarf bekannter zu machen“. Hier bewähre sich derzeit die ambulant betreute WG, wo acht bis zwölf Bewohner zusammenleben, jeder mit einem eigenen Zimmer ausgestattet und mit Zugriff auf verschiedene Gemeinschaftsräume und -flächen.
Zentral sei hier die Wahlfreiheit von Leistungsträgern im Bereich Betreuung und Pflege. Über „Hogewyk – Pflegewohnen in den Niederlanden“ berichtete GDA-Stiftsdirektor Christoph Stöckmann. Er hatte das eigens für schwerst Demenzkranke gebaute „Dorf“ mit eigenem Supermarkt, Café, Restaurant und einem Theater besucht.
Hier werden in einem geschlossenen Gebäudekomplex 139 Plätze in 23 Wohnungen vorgehalten, ohne dass jedoch das Gefühl entstünde, sich in einer geschlossenen Einrichtung zu befinden.
„Das Besondere ist, dass die Menschen im Rahmen von sieben Lebensstilen leben“, darunter der städtische, gehobene, kulturelle oder christliche Lebensstil. Sehr sorgsam werde in der Einrichtung erwogen, welcher neue Bewohner für welchen Lebensstil und für welche Wohngruppe geeignet sei.
Der als genossenschaftliche Rechtsform organisierte „Generationenhof Landau“ ist eine weitere Wohnform, die sich den Fachleuten vorstellte. Vorstandsmitglied Manfred Eberle und sein Team berichteten von dem Projekt, das am Anfang unbedingt professionelle Beratung und Unterstützung benötigt habe, zum Beispiel bei Finanzierung oder Satzung. Von 2009 bis 2012 hatten die Gründer an dem Projekt gearbeitet – heute leben 58 Menschen zwischen 0 und 79 Jahren in 50 bis 130 Quadratmeter großen Wohnungen des modernen Anwesens, das mit viel Grün umgeben ist.
Der „nichtmaterielle Gewinn aus unserer Wohnform ist sicher die gute Nachbarschaft und die Vielzahl an Verbindungen und Freizeitaktivitäten. Unser Ziel: Möglichst lange hier leben, inmitten der Stadt wie in einem Dorf“, schloss das Team seinen Vortrag.