Man lernt nicht für die Schule, sondern fürs Leben. Oder war es doch umgekehrt? Wie dem auch sei: Gut in der Schule zu sein ist die eine Sache. Die Anforderungen innerhalb eines Unternehmens gehen aber oft über die Inhalte der klassischen Unterrichtsfächer hinaus. Um sich zurechtzufinden, braucht ein junger Mensch daher vor allem eines: Sozialkompetenz – oder neudeutsch: „Soft Skills“. Eine Sonderveranstaltung im Rahmen der „Kinder-Uni“ unterstützt durch die Arbeitsgemeinschaft „Jugend in eigener Sache“ machte Jugendliche am vergangenen Samstag für einige Stunden zu jungen Erwachsenen.
Welche Eigenschaften und Fähigkeiten verlangen Unternehmen, wenn es um eine mögliche Einstellung geht? – welche Eigenschaften sollte man besser nicht mitbringen? Mit diesen und ähnlichen Fragen konnten sich an der Hochschule Ludwigshafen Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren am Wochenende beschäftigen. Erst Theorie, dann die spielerische Praxis – geleitet von einer echten Betriebswirtin vom Institut für „Beschäftigung und Employability“.
Oft sind es die Eltern, die ihren Nachwuchs zur Teilnahme an Veranstaltungen der „Kinder-Unis“ anregen. Das sei bei vielen Teilnehmern auch an diesem Wochenende der Fall gewesen, gibt Kursleiterin Sibylle Groh zu. Überwiegend besuchten die Jugendlichen ein Gymnasium, aber nicht alle. Gemeinsam sei aber fast allen ein „eher höheres Bildungsniveau“ der Eltern. „Aber das Thema ist den Jugendlichen sehr bewusst“, zeigte sich Groh überzeugt. Die Anforderungen des späteren Berufslebens und die Bedeutung der eigenen Entscheidungen seien zunehmend fester Bestandteil des Denkens. Positive Nebeneffekte der eigenen und elterlichen Ambitionen, wie etwa der erste Kontakt mit Hochschulen und der Spaß an neuen Themen, kämen bei jeder Veranstaltung automatisch hinzu. Wie an einer richtigen Universität seien nach den Veranstaltungen „Feedback-Runden“ eingeplant. Die Beurteilungen durch die Jugendlichen seien regelmäßig sehr positiv.
Könnte man durch solche Kurse einen Abschluss erwerben, hätte ihn die zwölfjährige Lea schon in der Tasche. Der erste Ausweis der Kinder-Uni sei schon voller Stempel. Die Veranstaltung über soziale Kompetenzen habe ihr sehr gut gefallen. Ähnlich überzeugt äußerten sich Katie (14) und Matthieu (15): „Soft Skills? Eigentlich ganz cool. Man kann den Kurs richtig gut gebrauchen.“
Die Arbeitsgruppe „Jugend in einer Sache“ wird gefördert durch die Hochschule Ludwigshafen und die Deutsche Bank AG und ist ein Projekt der „Initiative für Beschäftigung“. Dahinter stehen die Bertelsmann-Stiftung und namhafte deutsche Wirtschaftsunternehmen. Man könnte einwenden, dass Jugendliche zu marktkonformen und vielleicht wirtschaftspolitischen Themen gegenüber unkritischen Individuen geformt werden sollen. Andererseits ist der Beruf das zentrale Element in der Lebensgestaltung und bei der Selbstwahrnehmung. Ganze Wissenschaften haben sich um diesen Begriff gebildet. Seit Luther ist er aus der deutschen Sprache nicht mehr wegzudenken. Nichts formt einen Menschen so sehr wie die Erwerbsbiografie. Von persönlichen Schicksalsschlägen einmal abgesehen. Also warum sollte man sich auf den Beruf nicht, so gut es geht, vorbereiten, um alle modernen Anforderungen möglichst erfolgreich oder zumindest unbeschadet an Körper und Seele zu überstehen?
Hinter den Kursen zu Schlüsselkompetenzen stehen zwölf „Leitsätze“. Letztere sollte man sich besser zu eigen machen, wenn man im Beruf im Umgang mit seinen Mitmenschen möglichst wenige Misserfolge erleben möchte. „Offen für Neues sein“ ist zum Beispiel eines dieser Leitsätze. Leicht gesagt, aber wie werde ich das? Zu jedem Leitsatz gibt es Spiele und Übungen für Jugendliche. Wissenschaftlich erarbeitet und durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen empirisch unterstützt, betonte Groh. So könnten Kommunikationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen oder Eigenverantwortung nach und nach gestärkt werden.
Die Materialien werden nicht nur exklusiv an der Hochschule Ludwigshafen angewendet. Sie sind im Internet kostenlos verfügbar oder können zum Selbstkostenpreis über die Hochschule Ludwigshafen bezogen werden.