Die Stadt Weinheim geht neue Wege bei der Einbeziehung der Bürgerschaft in politische Zukunftsentscheidungen. Die Frage, wie und wo in den nächsten Jahren die Gewerbeentwicklung der Großen Kreisstadt stattfindet, soll in einem Bürgerdialogverfahren von den Bürgern selbst beraten werden, ehe der Gemeinderat eine Entscheidung trifft.
Darauf hat sich das Gremium selbst in seiner Sitzung am Mittwochabend verständigt. Oberbürgermeister Heiner Bernhard hatte zuvor an den Gemeinderat und eine Bürgerinitiative appelliert, „den Weg der ausgestreckten Hand der Verwaltung“ mitzugehen.
Rein formal schlug der Gemeinderat diesen Weg ein, in dem er die Entscheidung über ein Bürgerbegehren auf den Herbst vertagte. Entsprechende Anträge waren von CDU und SPD gestellt worden.
Jetzt sei die Gelegenheit, ja die Chance auf eine „Phase der inhaltlichen Diskussion“, betonte der OB, der versicherte, „dass in allen Richtungen konsensfähige Lösungen gesucht werden können“. Die Antragsteller auf Vertagung sprachen von einer „Befriedung der Stadtgesellschaft“ (CDU) und einem „Austausch aller Argumente auf einer breiten gesellschaftlichen Grundlage“ (SPD). Es sei nun ein „inhaltlicher und zeitlicher Freiraum für eine qualifizierte Auseinandersetzung mit der Thematik geschaffen“.
Es geht in Weinheim um die Frage, ob eine künftige Gewerbeentwicklung auf dem Gewann „Breitwiesen“ an der Autobahn oder auf dem „Hammelsbrunnen“ am Kreiskrankenhaus in der Weststadt stattfinden soll. Der Gemeinderat hatte mit großer Mehrheit im Oktober letzten Jahres bereits den Eintritt in ein Änderungsverfahren des Flächennutzungsplanes beschlossen, in dessen Verlauf ein Geländetausch geprüft werden sollte: Statt dem „Hammelsbrunnen“ sollten die „Breitwiesen“ entwickelt werden. Ökologische und ökonomische Gründe seien ausschlaggebend, wurde argumentiert.
Nach diesem Votum war in Weinheim aber eine Bürgerinitiative aktiv geworden und hatte mit rund 4600 Stimmen ein Bürgerbegehren beantragt.
Über dessen Zulässigkeit soll der Gemeinderat nun aber erst entscheiden, wenn den Sommer über ein ausführliches Bürgerbeteiligungsverfahren stattgefunden hat.
Die Stadt strebt dabei ein neues Instrument der Bürgerbeteiligung an, das von der Forschungsstelle „Bürgerbeteiligung“ der Uni Wuppertal empfohlen worden ist. Dabei sollen Bürgerräte gebildet werden, dessen Mitglieder nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden. Diese Bürgerräte sollen Experten anhören und Empfehlungen aussprechen, die sich in einem „Dialogforum“ mit den Betroffenen bewähren müssen. Erst dann soll eine Empfehlung an den Gemeinderat abgegeben werden. Nach intensiver Diskussion wurde der Antrag der Verwaltung präzisiert: Das Bürgerdialog-Verfahren soll durchaus das Ziel haben, dass der Gemeinderat „unter Anerkennung der Ergebnisse der Bürgerbeteiligung einen Bürgerentscheid beschließt“. Bis dahin soll das Änderungsverfahren ruhen.