Mainz – Mit einem symbolischen Knopfdruck wurde heute in Mainz die größte grüne Wasserstoffanlage der Welt in Betrieb genommen.
Nach gut einem Jahr Bauzeit ist damit im Beisein der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Energieministerin Eveline Lemke und des Mainzer Oberbürgermeisters Michael Ebling ein Vorzeigeprojekt der deutschen Energiewende an den Start gegangen. Der Vorstandsvorsitzende der Linde Group, Dr. Wolfgang Büchele, Siemens-Vorstand Prof. Siegfried Russwurm, die Vorstände der Stadtwerke Mainz AG, Detlev Höhne und Dr. Tobias Brosze, sowie Prof. Dr. Detlev Reymann, Präsident der Hochschule RheinMain, setzten offiziell die Wasserstoffproduktion im Energiepark Mainz in Gang. Die von den Partnern gemeinsam entwickelte Anlage wird künftig Wasserstoff mit Hilfe von umweltfreundlich erzeugtem Strom herstellen – unter anderem aus benachbarten Windkraftanlagen. Das Forschungsprojekt umfasst Investitionen von etwa 17 Millionen Euro und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen der „Förderinitiative Energiespeicher“ unterstützt.
Bei der feierlichen Eröffnung waren sich die Vorstände der beteiligten Partner und die geladenen Gäste aus der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik einig, dass der Energiepark und sein technisches Konzept zu einem wichtigen Baustein der Energiewende werden können. Denn bereits heute müssen Windkraft- oder Fotovoltaikanlagen wegen fehlender Kapazitäten im Stromnetz zu bestimmten Zeiten abgeschaltet werden. Durch den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien wird dieses Problem in den nächsten Jahren noch größer werden. Im Energiepark Mainz kann diese „überschüssige“ elektrische Energie durch die Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespeichert und der umweltfreundlich erzeugte Wasserstoff später bedarfsgerecht verwendet werden. Damit werden erneuerbare Energien flexibler einsetzbar und stehen dann zur Verfügung, wenn sie gebraucht werden.
Dr. Wolfgang Büchele sagte dazu:
„Der Brennstoffzellenantrieb hat enorme Fortschritte gemacht und steht am Beginn der Markteinführung. Er kann bei entsprechender Verbreitung helfen, die verkehrsbedingten Umweltbelastungen erheblich zu senken. Linde versorgt bereits heute die Wasserstofftankstellen überwiegend mit ‚grünem‘ Wasserstoff. Hier im Energiepark Mainz kann nun genug davon produziert werden, um 2.000 Brennstoffzellen-Pkw zu versorgen.“
Linde ist im Rahmen des Projekts für die Reinigung, Verdichtung, Speicherung und Abfüllung des Wasserstoffs verantwortlich. Die innovativen Eigenschaften der Linde-eigenen Ionenverdichter-Technologie führen dabei zu einer besonders energiesparenden Kompression und hohen Betriebsflexibilität. Der in Mainz-Hechtsheim produzierte Wasserstoff wird vor Ort gelagert und teilweise zur Belieferung von Wasserstoff-Tankstellen in Tankwagen gefüllt. Ein Teil wird zur späteren Strom- oder Wärmeerzeugung ins Erdgasnetz eingespeist.
Von Siemens stammt das Wasserstoff-Elektrolysesystem des Energieparks. Das Besondere an der Mainzer Anlage und der Unterschied zu anderen, deutlich kleineren Pilotprojekten: Hier arbeitet eine hochdynamische PEM-Druckelektrolyse – mit bis zu 6 Megawatt Stromaufnahme die weltweit größte dieser Art. Der Energiepark hat damit die richtige Größe, um lokale Engpässe im Stromnetz zu vermeiden und das Stromangebot kleinerer Windparks zu verstetigen.
„Zukünftige Energiesysteme werden weit komplexer, vernetzter und flexibler sein als heute. Der PEM-Elektrolyseur ist für dieses Energie-Puzzle ein wertvoller Baustein“,
so Prof. Siegfried Russwurm anlässlich der Eröffnung.
„Durch die Wasserstoffelektrolyse lassen sich gerade die erneuerbaren Energien effizienter in die Stromnetze einbinden. Ein momentaner Energieüberschuss kann abgefangen, gespeichert und weiterverwendet werden. Mit dem Energiepark Mainz haben wir dafür ein innovatives System geschaffen – ein Brückenschlag von der Vision zur industrietauglichen Realität.“
Der Energiepark ist direkt an das Mittelspannungsnetz der Stadtwerke Mainz Netze GmbH angebunden sowie an vier benachbarte Windräder, die zur Stadtwerke-Unternehmensgruppe gehören.
„Durch die jahrelange Erfahrung als Netzbetreiber kennen wir in der gesamten Unternehmensgruppe die Vorteile, aber auch die Nachteile der erneuerbaren Energien und wissen, wie wichtig weitere Speichermöglichkeiten für Strom sind“,
verdeutlichen die SWM-Vorstände Detlev Höhne und Dr. Tobias Brosze die Notwendigkeit des Energieparks.
„Die dezentrale Speicherung von elektischer Energie in Zeiten hoher Wind-Einspeisung dient der Netzintegration erneuerbarer Energien und gewährleistet die Netzstabilität.“
Auf diesem Gebiet arbeitet seit vielen Jahren die Hochschule RheinMain, die die wissenschaftliche Begleitung des Forschungsvorhabens übernommen hat. Die Erkenntnisse aus dem auf vier Jahre angesetzten Projekt werden im Rahmen einer Doktorarbeit verwertet und bewertet.
„Im Energiepark Mainz können wir die Umwandlung von Windenergie zu Wasserstoff in einem großtechnischen Maßstab erproben und testen, welche Betriebsführungskonzepte sinnvoll sind. Für das wichtige Zukunftsziel, die Energie aus volatilen Quellen, also Windkraft, aber auch Photovoltaik, ökonomisch und ökologisch optimal nutzbar zu machen, erwarten wir daraus spannende und wegweisende Erkenntnisse“,
freut sich Prof. Dr. Birgit Scheppat, Leiterin des Wasserstofflabors der Hochschule.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer lobte das Energiespeicherprojekt nicht nur als Vorzeigemodell für Mainz, sondern für ganz Rheinland-Pfalz und darüber hinaus.
„Mit der Energiewende hat die Landesregierung ein großes Vorhaben in Angriff genommen, das Generationen übergreift und Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig verändern wird. Die Produktion von Wasserstoff durch umweltfreundlich erzeugten Strom ist ein markanter Schritt auf unserem Weg zum Schutz des Klimas“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Oberbürgermeister Michael Ebling zeigte sich erfreut, dass mit der Inbetriebnahme des Energieparks ein bereits vor der Eröffnung international beachtetes innovatives Forschungsprojekt in Mainz angesiedelt werden konnte. „Sowohl die Stadt als auch die Stadtwerke Mainz haben in den vergangenen Jahren viel für die Energiewende und den Ausbau der erneuerbaren Energien getan“, erinnerte Ebling an die Vereinbarung, bis zum Jahr 2020 exakt 30 Prozent des Mainzer Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu decken. Ebling:
„Doch es reicht nicht, nur Windräder und Solaranlagen zu errichten und zu betreiben, sondern wir müssen erneuerbare Energien auch sinnvoll nutzen können. Der Energiepark baut hier eine Brücke, weil er Strom speicherbar macht.“