Walldorf – „Unser Gymnasium hat sich schon vor uns allen mit fairem Handel auseinandergesetzt. Die Jüngsten in unserer Stadt sind Vorreiter“, meinte Bürgermeisterin Christiane Staab anerkennend, als sie am 24. Februar 2016 die Auftaktveranstaltung in Sachen Fair-trade-Stadt eröffnete.
Um die Theorie mit Leben zu füllen, waren zu dem Informationsabend in der Astoria-Halle die Fairtrade-AG des Gymnasiums sowie verschiedene Walldorfer Geschäfte eingeladen worden, die Fairtrade-Produkte im Sortiment haben. So konnte man exotische Chips mit Maniok, Schokolade, Gummibärchen, Säfte und Kaffee verkosten und auch gleich kaufen und sich am Anblick fair gehandelter Rosen in Frühlingsfarben erfreuen. Das Genießen von Essen sei ein zentrales Thema, meinte Christiane Staab, doch man müsse sich auch vergegenwärtigen, woher das Essen komme und welchen Weg es genommen habe. „Wir müssen auch anderen ein gutes Leben ermöglichen“, forderte sie. Angesichts von Walldorfs Bewerbung um den Titel einer „Fairtrade-Stadt“ freute sie sich, dass das Publikum der Auftaktveranstaltung einen „bunten Strauß quer durch die Gesellschaft“ darstellte und appellierte an alle, sich von dem Enthusiasmus der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums anstecken zu lassen.
Am Gymnasium hat die Lehrerin Gabi Krämer de Carrasco, die Spanisch, Chemie und Religion unterrichtet, vor acht Jahren die Arbeitsgemeinschaft Fairtrade ins Leben gerufen. Helen, Felix, Jonas, Marcel und Theresa betreuten an diesem Abend den Infostand und gaben gerne Auskunft. Einmal pro Woche verkaufen sie während der zweiten großen Pause Fairtrade-Produkte, die sie vom Eine-Welt-Laden in Heidelberg beziehen. Vom Sechstklässler bis zum Abiturienten reicht die Altersspanne – Fairtrade verbindet. Felix (18), Theresa (14) und Helen (13) meinten: „Fairer Handel ist kinderleicht“ und führten dem Publikum ihre pfiffige Präsentation vor, die sie sonst den Fünftklässlern zeigen. „Was hast Du gefrühstückt?“ fragten sie ins Publikum und machten nachdenklich. Etwa 82 Millionen Tassen Kaffee würden in Deutschland tagtäglich zum Frühstück getrunken, war zu erfahren. In der Regel blieben dem Arbeiter einer „normalen“ Kaffeeplantage nur 25 Cent von einer Packung Kaffee, die im Laden fünf Euro koste. Würde man hier zu fair gehandeltem Kaffee greifen, könnte man für die Arbeiter viel erreichen. Auch Kinderarbeit sprachen die Jugendlichen an. „Sei fair!“, hieß es in der Präsentation immer wieder, denn jedes Kind sollte die Chance auf Bildung und auf Freizeit mit Freunden haben. Das eigene Konsumverhalten zu ändern, sei gar nicht so schwer, war die Botschaft, die mit „Na bitte, geht doch!“ auf einen Nenner gebracht wurde.
Gunter Grünenthal vom „Eine Welt Speyer e.V.“ berichtete anschließend von Speyers Weg, sich zu fairwandeln. Seit 2013 trägt die Domstadt den Titel „Fairtrade-Stadt“. Man habe in vielen Sitzungen Ideen gesammelt und diese nach und nach umgesetzt, erzählte Grünenthal. Bekannte Speyerer seien als Mitmacher gewonnen worden und mit Aktionen wie einer „fairen Woche“ samt kubanischer Nacht sei für Aufmerksamkeit gesorgt worden. „Fairtrade fällt gerne auf“, meinte Grünenthal und empfahl, immer wieder „Neues zu denken“ und viele Organisationen, wie zum Beispiel Amnesty International, mit ins Boot zu holen. Man müsse eine Brücke schlagen zwischen Produzent und Konsument, so Gunter Grünenthal. Transparenz spiele dabei eine wichtige Rolle. Fairtrade-Produkte seien natürlich etwas teurer, aber wenn man bereit sei, für ein Pfund Kaffee in Kaffeekapseln knapp zwanzig Euro auszugeben, könne man auch zu fairem Kaffee greifen, der vielleicht acht Euro koste. „Fairtrade macht Spaß“, meinte er voller Überzeugung. Dr. Kai Masser vom Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung in Speyer stellte die Ergebnisse der Umfrage vor, die die Wirtschaftsförderung der Stadt Walldorf in Auftrag gegeben hatte. Sowohl Unternehmen, Geschäfte, Institutionen, Organisationen als auch Vereine in Walldorf waren gefragt worden, inwieweit sie schon Fairtrade-Produkte anbieten oder nutzen oder inwieweit daran Interesse bestünde. Masser berichtete, dass Walldorf zwar noch am Anfang stehe, was normal sei, jedoch großes Interesse an Fairtrade bestehe. Spitzenreiter unter den bereits genutzten Produkten war Kaffee, gefolgt von Schokolade, Tee, Kakao und Zucker. Mit diesen insgesamt optimistisch stimmenden Aussagen warb Bürgermeisterin Staab dafür, sich im noch zu schaffenden Lenkungskreis zu engagieren, um auch Walldorf zu "fairwandeln".
Wer noch Interesse hat, sich für Fairtrade zu engagieren, kann sich an die Stadt Walldorf, Wirtschaftsförderung, Sandra Horter, Tel. 35-10 21, sandra.horter@walldorf.de, wenden.