Mainz – Die rheinhessische Wirtschaft testet erfolgversprechende Wege, um Flüchtlinge für den hiesigen Arbeitsmarkt zu qualifizieren.
Ein neuer Ansatz sind Orientierungspraktika mit einem IHK-Zertifikat der Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen, die im Industrie-Institut für Lehre und Weiterbildung Mainz eG (ILW) angeboten werden. Diese Praktika geben den Absolventen eine anerkannte Qualifizierungsgrundlage und einstellungswilligen Unternehmen einen Nachweis über die Einsatzmöglichkeiten der Bewerber.
So sagt der Hauptgeschäftsführer der IHK für Rheinhessen, Günter Jertz: „Über die humanitäre Verantwortung hinaus ist es unsere Aufgabe als IHK, in der Flüchtlingsfrage im Sinne unserer Unternehmen zu agieren. Im Vordergrund stehen dabei die Chancen der Zuwanderung: die Absicht, lenkend in die demographische Entwicklung einzugreifen und dem wachsenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken.“ Die IHK unterstützt junge Flüchtlinge und Asylbewerber bei der Berufsorientierung im Hinblick auf die Wahl eines geeigneten Ausbildungsberufes und bietet eine umfassende Ausbildungs- und Qualifizierungsberatung im Bereich der dualen IHK-Ausbildungsberufe.
Im laufenden Projekt arbeiten 13 junge Männer an ihrer beruflichen Zukunft in Deutschland. Das Team setzt sich zusammen aus sieben Syrern, zwei Afghanen, sowie je einem Somalier, Pakistani, Iraner und Aserbaidschaner. Der Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführer des ILW, Manuel von Vultejus, schildert: „Bei allen ist der Wille erkennbar, das Praktikum mit dem IHK-Zertifikat abzuschließen. Die Vor-Erfahrungen der Praktikanten passen sehr gut zu technischen Berufen und sind zum Teil formal sogar höher einzustufen.“ So können einige der Teilnehmer Abschlüsse als Bauingenieur oder Techniker aus ihrer Heimat vorweisen.
Dass die grundlegende Idee des Praktikums eine Orientierungshilfe auf dem Weg in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist, erläutert der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK für Rheinhessen, Andreas Resch: „Die Praxis zeigt, dass mit den Teilnehmern noch intensiv am Verständnis für die Bedeutung, den Aufwand und den Anspruch einer dualen Ausbildung gearbeitet werden muss. Und es bleibt die größte Herausforderung: das Erlernen der deutschen Sprache.“
Doch mit dem IHK-Zertifikat wird nach Abschluss des sechswöchigen Praktikums jedem Teilnehmer bescheinigt, dass er über Grundkenntnisse verfügt, die für eine Einstiegsqualifizierung oder ein Praktikum in einem Unternehmen ausreichen. Der tägliche Stundenplan sieht Sprachunterricht, technische Übungen und pädagogische Reflexion vor. Dabei werden auch externe Sprachlehrer und Pädagogen in die Betreuung einbezogen. Fachlich unterstützend bringen sich die Agentur für Arbeit und die IHK für Rheinhessen ein.
Motivation und Ausdauer der Praktikanten stimmen den ILW-Vorstand Christian Krautkrämer zuversichtlich, dass das Konzept auf dem richtigen Weg ist. „Wir haben nach dem vielversprechenden Start bereits zwei sechswöchige Orientierungspraktika pro Jahr in der Planung und starten jeweils im April und im November.“ Nächste Etappe im jetzt zu Ende gehenden Projekt sind die Tage am 8. und 9. Juni. Dann werden die Praktikanten an Unternehmen in der Region vermittelt. Hierfür können sich noch Betriebe mit Bedarf an technischen Nachwuchskräften beim ILW melden.