Frankfurt am Main – Der Frisch- und Abwassermonitor der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern (ARGE) zeigt unverändert große Unterschiede bei Wasserpreisen in hessischen Kommunen.
Der durchschnittliche Frischwasserpreis liegt im Jahr 2016 mit 2,01 Euro um 2 Cent (bzw. 1,0 Prozent) höher als im Jahr 2015. Damit liegt der Anstieg gegenüber dem Vorjahr unter der jahresdurchschnittlichen Veränderungsrate des Frischwasserpreises von 1,4 Prozent zwischen 2005 und 2015. Der durchschnittliche Frischwasserpreis zum 01.01.2016 liegt um 28 Cent (bzw. 16,2 Prozent) höher als im Jahr 2005.
Die Betrachtung der einzelnen Kommunen verdeutlicht allerdings stärkere Veränderungen. Im Vergleich zum Jahr 2015 ist der Frischwasserpreis pro Kubikmeter Frischwasser in Griesheim um 34,1 Prozent zurückgegangen, in Ulrichstein im gleichen Zeitraum um 55,6 Prozent gestiegen. Die Kubikmeterpreise für Frischwasser liegen im Jahr 2016 in einem Korridor zwischen 0,91 Euro in Lorsch und 4,64 Euro in Hohenstein. Dies entspricht, wie bereits im Jahr 2014, einer Preisspanne von 3,73 Euro oder 410 Prozent. Die Großstädte liegen alle im Mittelfeld, in Frankfurt etwa kostet der Kubikmeter 1,50 Euro.
„Sorge bereitet uns, dass die Frischwasserpreise in Hessen immer noch sehr unterschiedlich ausfallen. Die Frischwasserkosten der teuersten Kommune sind fünfmal höher als in der günstigsten Kommune“,
sagt Matthias Gräßle, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern (ARGE).
Bei der Abwasserpreisentwicklung ist die Preisspanne über alle Kommunen mit 5,89 Euro identisch der Spanne aus dem Jahr 2015.
In Kommunen ohne Gebührensplitting liegen die Ab- oder Schmutzwasserentgelte zwischen 1,76 Euro und 7,00 Euro, damit beträgt die hessenweite Preisspanne 5,24 € bzw. 298 Prozent, nach 361 Prozent im Vorjahr. Noch größer ist die relative Schere in Kommunen mit Gebührensplitting: Die Preise schwanken zwischen 1,11 Euro und 5,96 Euro, was einer Differenz von 437 Prozent entspricht, nach 473 Prozent im Vorjahr.
Mit der Anwendung des Gebührensplittings werden die Abwassergebühren in eine verbrauchsabhängige und eine flächenabhängige Komponente (auch als Niederschlagswasser bezeichnet) aufgeteilt bzw. gesplittet.
Neben den Einzelpreisen verdeutlichen auch die Vergleichsrechnungen der Unternehmensbeispiele, dass die Frisch- und Abwasserpreise je nach Standort stark variieren können: Hierzu wurden die Wasserverbrauchsangaben aus dem EMAS-Register für sieben unterschiedliche Unternehmenstypen verwendet, um eine realitätsgetreue Abbildung der Wasserkosten zu erzielen. Für ein Speditionsunternehmen kann die relative Differenz in der Summe aus Frisch- und Abwasserpreisen zwischen einzelnen Kommunen bis zu 301 Prozent betragen, ein Rückgang gegenüber der Spanne im Jahr 2015 von 323 Prozent. Bei allen Beispielunternehmen liegt die Preisschere zwischen der günstigsten und der teuersten Kommune bei mindestens 234 Prozent und maximal 301 Prozent.
„Für die hessischen IHKs steht die Herstellung von Transparenz in einem unübersichtlichen, jedoch standortrelevanten Bereich von Gebühren und Abgaben im Fokus“,
sagt Burghard Loewe, Federführer Umwelt der hessischen IHKs.
„Wir wissen, dass wir mit unseren Untersuchungen bereits viele regionale und lokale Diskussionen über die Höhe der Gebühren und Preise in diesem Segment ausgelöst haben. Zum Teil mit Erfolg, zum größeren Teil gibt es aber noch großen Nachholbedarf. Unsere Unternehmen, die zum Teil im scharfen internationalen Wettbewerb stehen, sind darauf angewiesen, dass nicht erklärbare, überhöhte, lokal bzw. regional beeinflussbare Kostenbelastungen zurückgeführt werden.“
„Mit unserem IHK Frisch- und Abwassermonitor für Hessen wollen wir einen Beitrag zur Preis- bzw. Gebührennachvollziehbarkeit leisten. Dies ist uns auch gelungen und ich bin mir ganz sicher, dass die Kubikmeterpreise noch stärker gestiegen wären, wenn dieses IHK-Transparenz-Instrument nicht vorhanden wäre“,
so Gräßle.
„Nicht gelungen ist uns bisher, die nicht nachvollziehbaren Preis- und Gebührenunterschiede zu glätten. Dies bleibt eine Aufgabe für die nächsten Jahre. Wir werden auch nicht müde darauf hinzuweisen, dass die Landeskartellbehörde, mit der wir ansonsten sehr gut zusammenarbeiten, in den letzten Jahren nicht den politischen Rückhalt hatte, um ungerechtfertigten Preisgestaltungen nachzugehen. Die Kontrolle der Kommunen anhand des öffentlichen Preisrechts ist nahezu nicht spürbar. Das Kostendeckungsprinzip lässt den Kommunen viele Gestaltungsspielräume. Benchmarks hinsichtlich der Kostenstrukturen bei den einzelnen Wasserversorgern und bei der Abwasserversorgung sind so gut wie nicht vorhanden – das muss sich ändern!“
Informationen zum IHK-Frisch- und Abwassermonitor der IHK Arbeitsgemeinschaft Hessen:
Der Frisch- und Abwassermonitor der IHK Arbeitsgemeinschaft Hessen stellt die Preise für die Wasserversorgung in Hessen transparent und übersichtlich dar. Das interaktive Analysetool wurde in Auftrag gegeben, um die Transparenz bezüglich der Wasserpreise in den 426 hessischen Kommunen zu erhöhen. Mit der Projektumsetzung und der jährlichen Aktualisierung wurde das Wirtschaftsforschungsinstitut WifOR aus Darmstadt beauftragt. Es fließen u.a. Daten des Hessischen Statistischen Landesamtes und des Statistischen Bundesamtes in die Berechnung mit ein. Des Weiteren führte WifOR als Auftragnehmer Erhebungen in den hessischen Kommunen durch, um die Datenbasis mit den Zahlen von 2011 bis 2016 zu ergänzen. Der Frisch- und Abwassermonitor ist kostenfrei über www.ihk-hessen.de/themen/umwelt/wassermonitor abrufbar und auch auf mobilen Endgeräten nutzbar.