Weinheim – Als es sich im Zuge der zweieinhalb Jahre dauernden Sanierung des Alten Rathauses in Lützelsachsen herausstellte, dass die Schäden am Bau schlimmer als gedacht und die Baukosten entsprechend höher ausfallen würden, gab es auch kritische Stimmen, die „eine Komplettsanierung des Gebäudes zumindest in Frage gestellt haben“. Daran erinnerte Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernhard am Freitag bei der offiziellen Einweihung des Alten Rathauses im Weinheimer Ortsteil Lützelsachsen.
Das Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert wurde mit einem Millionenaufwand saniert und als modernes Verwaltungszentrum wieder in Betrieb genommen. Bernhard kommentierte den Kostenaufwand auch schmunzelnd mit dem Satz: „Ein Bauherr muss immer rechnen – wenigstens mit dem Schlimmsten.“
Hat sich der hohe finanzielle Aufwand gelohnt?“, wollte der OB von den Gästen mit einer rhetorischen Frage wissen und antwortete gleich selbst: „Wir können diese Frage heute uneingeschränkt mit Ja beantworten.“
Der OB legte zur Einweihung des fachmännisch und liebevoll sanierten Fachwerkhauses ein klares Bekenntnis zur kommunalen Aufgabe des Denkmalschutzes ab. Dass am Ende unter dem Strich ein siebenstelliger Betrag steht, „schmerzt uns als Gemeinwesen zwar“, so Heiner Bernhard. Aber eine Kommune müsse bei der Erhaltung und Sanierung historischer Baudenkmäler auch in Zeiten knapper Kassen Vorbild sein, um auch private Eigentümer zu Investitionen in die „steinernen Zeitzeugen“ zu motivieren.
Das Stadtoberhaupt nutzte den „Feiertag für Lützelsachsen“ (O-Ton OB) auch für einen Appell für mehr Gemeinsamkeit und weniger Ortsteildenken in der Stadt. Dieser Tag sei ein weiterer Beweis dafür, dass bei der Erhaltung der Bausubstanz, bei erforderlichen Investitionen und bei der kommunalen Gestaltung der Lebensqualität die Ortsteile mitnichten zu kurz kommen. Bernhard: „So sollte uns dieser Tag heute auch Anlass sein, überzogenes Ortsteildenken nach und nach in die Schubladen der Vergangenheit abzulegen. Denn hilft es niemandem in der Stadt, es ist nicht mehr zeitgemäß und schadet uns allen.“
Die fortwährende Verbesserung der Infrastruktur, beispielsweise im Bildungsbereich, wie bei der Grundschule Lützelsachsen, helfe allen. Und: „Da gibt es keine Weinheimer erster und zweiter Klasse.“ So wünsche er sich, „dass wir alle – von Oberflockenbach bis Sulzbach – künftig noch mehr gesamtheitlich denken und Gemeinsamkeiten leben“.
Die Stadt habe in Absprache mit den Denkmalbehörden Wert darauf gelegt, im altehrwürdigen Gebäude aus dem 17. Jahrhundert bei aller Betonung der historischen Besonderheiten ein kleines Dienstleistungscenter für die Bürgerinnen und Bürger in Weinheims größten Ortsteil einzurichten. Nun bietet die Stadt in Lützelsachsen eine komplette modern eingerichtete Ortsverwaltung an. Im Erdgeschoss ist das Gebäude barrierefrei nutzbar.
Die Sanierung erfolgte im Detail nach Erkundung der historischen Baustoffe. Bei der Umsetzung half auch ein Fachwerkmodell aus den Händen des Hemsbacher Fachwerkexperten Dieter Ehret. Auch die Farben und Wand-Bemalungen, wie das Gebäude im Renaissance-Stil gehalten, wurden mit Hilfe des Weinheimer Restaurators Hans-Dieter Zopf nachempfunden, betonte der auf Denkmalschutz spezialisierte Architekt Bertold Nohé, der sich auch bei der Stadt, insbesondere bei Ortsvorsteherin Doris Falter, für die konstruktive Bauherrenschaft bedankte. Die Hausherrin selbst sprach zur Einweihung, die schließlich von den Geistichen Pfarrer Gerhard Schrimpf und Jan Rohland vollendet wurde. Schülerinnen und Schüler der Hans-Joachim Gelberg-Grundschule umrahmten die Feierlichkeit mit Gesang.
Das neue Alte Rathaus wird neben den Büros auch einen schmucken Ratssaal haben, in dem der Ortschaftsrat tagen wird. Außerdem plant Ortsvorsteherin Doris Falter, den Saal im ersten Obergeschoss zum Beispiel für Empfänge und andere feierliche Anlässe zu nutzen.
INFO: Am Samstag, 11. Juni 2016, wird es ab 13 Uhr einen „Tag der offenen Tür“ für die Bevölkerung mit fachkundigen Führungen geben.