Landau – „Manchmal weiß ich gar nicht mehr, was er gezeichnet hat und was ich!“ Dr. Diethard Herles, Professor für Kunstpädagogik und Kunsttheorie an der Universität Landau, hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem vielleicht berühmtesten Sohn der Stadt auseinander gesetzt.
Thomas Nast wanderte als Kind mit seiner Familie in die USA aus und gelangte dort als Karikaturist und Zeichner zu Weltruhm. Für Herles ist aber nicht der politische Karikaturist, sondern der Künstler Nast interessant. „Meine Arbeiten, die jetzt im Frank-Loebschen Haus zu sehen sind, gebe es ohne Thomas Nast nicht“, betont Herles. Er hat sich mit viel Liebe zum Detail auf Nasts Werke gestürzt – und diese dann zu seinen eigenen gemacht.
Im Frank-Loebschen Haus ist zum Beispiel ein kleiner „Zoo“ zu sehen, der die Tiere zeigt, die Nast in seinen Karikaturen verwendet hat. Herles hat die gezeichneten Nashörner, Elefanten und Affen isoliert und so ihres politischen Kontextes beraubt. Ihm sei es vor allem darum gegangen, Nasts Zeichenstil auf den Grund zu gehen, bekräftigt Herles. So zeigt die Ausstellung sogar abstrakte Kunst, nur bestehend aus den verschiedenen Schraffur-Techniken, die Nast für seine Karikaturen und Bilder verwendete.
Oberbürgermeister Thomas Hirsch hat die Ausstellung „Diethard Herles im Dialog mit Thomas Nast“ jetzt eröffnet. Sein Dank gelte Prof. Herles, der den Landauerinnen und Landauern einen völlig neuen Blick auf „ihren“ Thomas Nast ermögliche. „Wenn von Thomas Nast die Rede ist, dann meist nur im Zusammenhang mit Politik und Geschichte.
Wer die 150 Jahre alten Karikaturen Nasts verstehen will, braucht profundes Hintergrundwissen über die politische Geschichte der USA. Prof. Herles stellt in seiner Ausstellung nun einen ganz anderen Thomas Nast vor. Es ist toll, dass er sich auf künstlerische Weise mit dem berühmtesten Sohn unserer Stadt auseinandergesetzt hat.“ Die Ausstellung zeige, was für ein virtuoser und faszinierender Künstler Nast gewesen sei, so Hirsch weiter. „Ich hoffe, dass die Ausstellung von Prof. Herles viele Besucherinnen und Besucher erreicht. Sie ist Werbung für unsere Stadt und deren bekanntesten Sohn. Wir werden künftig auch versuchen, Thomas Nast noch stärker als bisher in den Fokus zu rücken und ihm die Ehre angedeihen zu lassen, die er verdient.“
Beeindruckt zeigte sich der OB aber auch von Prof. Herles‘ Forschungsergebnissen. Denn der Kunstpädagoge stieß während der Vorbereitungen für die Ausstellung auf das vielleicht größte Missverständnis, das das Werk von Thomas Nast umgibt: Mit Holzschnitten nämlich habe Nast laut Herles nie gearbeitet. Trotzdem werde das bis heute immer wieder auch in der Fachliteratur behauptet.
Seine Nachforschungen hätten aber ganz klar gezeigt, dass Nasts Karikaturen unmöglich durch Holzschnitt-Technik entstanden sein könnten. „Sonst hätte er gewissermaßen „negativ“ arbeiten müssen, also das, was er nicht zeigen wollte, auskratzen – das kann aber nicht sein. Dafür sind zum Beispiel die Schraffuren viel zu kleinteilig und fein.“ Stattdessen, so Prof. Herles, seien die von Nast gezeichneten Karikaturen mit fototechnischen Mitteln auf Metallplatten übertragen und dann vervielfältigt worden.
Oberbürgermeister Hirsch ermutigte Prof. Herles, seine Erkenntnisse in der Fachliteratur zu veröffentlichen.
Vielleicht können wir von Landau aus die Welt revolutionieren, was die Thomas-Nast-Forschung angeht“, so der OB mit einem Augenzwinkern.
Die Ausstellung „Diethard Herles im Dialog mit Thomas Nast“ ist noch bis zum 4. September im Frank-Loebschen Haus in Landau zu sehen.