Rheinstetten – Viele Bürgerinnen und Bürger informierten sich über die Planungen in Rheinstetten. Rund 225 Menschen wohnen derzeit in Rheinstetten in der Gemeinschaftsunterkunft am Kutschenweg, 24 weitere in Klein-GUs und 69 in der Anschlussunterbringung.
Die große Zahl der Menschen, die in den letzten Monaten in Deutschland Schutz suchten, hat auch auf Rheinstetten Auswirkungen. In einer Informationsveranstaltung klärten Landkreis, Stadtverwaltung, Vertreter des Gemeinderates und der örtlichen Flüchtlingshilfe am Montag, 25. Juli 2016, deshalb über die aktuelle Lage und die weiteren Entwicklungen auf.
Die Vertreter des Landkreises, Erster Landesbeamter Knut Bühler und der Kämmerer des Landratsamtes, Ragnar Watteroth, stellten die aktuellen Zahlen und Fakten dar und teilten mit, dass die Zahl der Menschen, die von Januar bis Juni 2016 im Landkreis ankamen, zurückgegangen ist. „Man darf aber bei diesen vielen Zahlen nicht vergessen, dass es um Menschen geht, die zu uns kommen, Schutz suchen und die wir aufnehmen müssen,“ so ELB Knut Bühler. Das Ziel des Landratsamtes und der Stadtverwaltung sei zum einen eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge, zum anderen aber auch eine sozialverträgliche Unterbringung zu erreichen.
Klar ist, dass alle Gemeinden aufgerufen sind, Unterkünfte für Flüchtlinge bereitzustellen. Knut Bühler und seine Mitarbeiter im Landratsamt legen großen Wert auf die Betreuung der Flüchtlinge. Die Gemeinschaftsunterkünfte, die vom Landratsamt betrieben werden, geben den Bewohnern eine erste Orientierung. Durch die Vernetzung der Sozialarbeiter vor Ort mit den Ehrenamtlichen wird dann an der Integration gearbeitet. „Unser Ziel ist es, dass die Bewohner uns so schnell wie möglich nicht mehr brauchen,“ machte ELB Knut Bühler klar.
Da die Gemeinschaftsunterkunft am Kutschenweg aus Containern besteht und die Baugenehmigung nur befristet ausgestellt werden konnte, plant das Landratsamt, einen Festbau in der Nähe des Bahnhofes zu errichten. Das Bestandsgebäude soll im Laufe des Jahres nicht mehr mit Asylbewerbern belegt werden. Die Container werden zurückgebaut, wenn der Neubau steht.
Oberbürgermeister Schrempp stellte im Anschluss die Planungen für die Anschlussunterbringung in Rheinstetten vor, die so auf alle drei Stadtteile verteilt werden soll, dass sie von der Bevölkerung akzeptiert wird – eine Ghettoisierung ist zu vermeiden.
Ziel ist es, die Zuweisungen durch die städtischen Wohnungen, Anmietungen und durch den Kauf von Immobilien zu regeln. Neubauten sind als Notlösung anzusehen.
Bis einschließlich 2016 hat die Stadt Rheinstetten dank vorausschauender Planung die Zahlen zur Anschlussunterbringung bereits erfüllt. Die Anzahl der Menschen, die in den nächsten Jahren in Rheinstetten in Anschlussunterkünften untergebracht werden müssen, ist schwer absehbar. Momentan wird vom Landkreis bis Ende 2017 von mindestens 187 Personen gesprochen, die Rheinstetten zugewiesen werden. Hiervon hat die Stadt bereits 69 Plätze zur Verfügung gestellt, so dass bis Ende 2017 noch 118 Plätze gestellt werden müssen. „Ob gebaut werden muss, kann momentan niemand voraussehen, weil nicht absehbar ist, ob noch einmal so ein großer Flüchtlingsstrom wie im vergangenen Herbst auf uns zukommt. Um für den Notfall bereit zu sein, haben wir alle zur Verfügung stehenden Potentialflächen im Masterplan Asyl aufgezeigt.“ Oberbürgermeister Schrempp machte weiter klar: „Die Diskussion wo und wie für die Anschlussunterbringung gebaut wird, führen wir aber erst, wenn feststeht, dass wir bauen müssen. Dafür ist es jetzt noch zu früh.“ Weiteres Potential sei vorhanden und so ist die Verwaltung zuversichtlich, dass auch der kommende Bedarf über den Bestand abgewickelt werden kann.
Wohnungen zur Miete oder zum Kauf können weiterhin an die Stadt, Sachgebiet Gebäude und Liegenschaften, gemeldet werden: per E-Mail an reinhard.oberle@rheinstetten.de. Auch wenn Bürgern und Bürgerinnen leerstehende Häuser auffallen, ist die Stadtverwaltung dankbar für einen Hinweis, um die Eigentümer ansprechen zu können.
Die letzte im Kreise der Redner war Elvira Mohr, die seit Öffnung der Gemeinschaftsunterkunft am Kutschenweg vor drei Jahren die ehrenamtliche Arbeit koordiniert. „Wir wurschteln uns durch und so klappt die Arbeit bisher hervorragend. Für mich sind alle gleich, wir bevorzugen niemanden und wir packen auch keinen in Watte.“ Zwar sind immer Ehrenamtliche vor Ort, die mit Rat und Tat zur Seite stehen, aber lernen und sich integrieren, das müssten die Flüchtlinge schon auch selbst wollen.
Engagieren kann sich im Übrigen jeder ganz individuell: ob stundenweise oder auch einmal länger – helfende Hände sind Elvira Mohr immer willkommen. Neuigkeiten zur ehrenamtlichen Arbeit in der Gemeinschaftsunterkunft sowie Aufrufe und Ankündigungen werden jede Woche unter „Neues von und um die Menschen aus dem Kutschenweg“ im Amtsblatt veröffentlicht.
Bei der anschließenden Diskussionsrunde war viel Zeit, um den vielen Fragen und Anmerkungen aus der Bürgerschaft Raum zu geben. Einige ehrenamtliche Helfer berichteten von ihrer Arbeit und nannten Beispiele gelungener Integration. Wiederholt wurde die Wichtigkeit, die deutsche Sprache zu erlernen, betont. Die Ehrenamtlichen bieten hierfür Deutschunterricht an.
Ein Gewerbetreibender zeigte Interesse, Praktikumsplätze für Flüchtlinge anzubieten. Noch gibt es hier einige bürokratische Hürden zu überwinden, doch verwies ELB Knut Bühler auf das neu beschlossene Integrationsgesetz des Bundes, das die Beschäftigung von Flüchtlingen erleichtern wird.
Aber auch Ängste und Befürchtungen wurden geäußert: Von Straftaten und Vertuschung war die Rede. Der Erste Landesbeamte Knut Bühler stellte dies mit Nachdruck richtig. Die Polizei habe mit Asylbewerbern keine signifikant anderen Probleme als mit Deutschen. Wenn es im Einzelfall zu einem Fehlverhalten komme, arbeite man zusammen und gehe offen damit um.
Auch bei einer Verlagerung der Gemeinschaftsunterkunft vom jetzigen Standort im Kutschenweg zu einem Festbau in der Nähe der Bebauung am Bahnhof sind keine verschärften Sicherheitsmaßnahmen geplant. „Natürlich gibt es – gerade bei den unmittelbaren Anwohnern – viele Zweifel, Ängste und Unsicherheiten. Das ist menschlich und geht mir genauso wie Ihnen. Ich kann Ihnen Ihre Ängste nicht nehmen. Aber ich kann Ihnen zusichern, dass wir das Beste aus der Situation machen und versuchen, alle Menschen umsichtig und würdig unterzubringen,“ so Oberbürgermeister Sebastian Schrempp.
Die Stadtverwaltung hofft auf die Unterstützung aus der Bevölkerung. Wenn Auffälligkeiten oder Straftaten bemerkt werden, sollen diese gemeldet werden, damit die Polizei reagieren und zum Beispiel die Kontrollfahrten erhöhen kann.
„Eine Bitte habe ich zum Schluss“, beendete Oberbürgermeister Schrempp die Infoveranstaltung, „Ich bin sehr dankbar, dass die Diskussion so friedlich verläuft, auch wenn nicht jeder mit allen Punkten glücklich ist. Bitte lassen Sie uns weiter so konstruktiv mit dem Thema umgehen, denn nur so können wir gut gemeinsam hier in Rheinstetten leben.“
Die Präsentationen des Landratsamtes und der Stadtverwaltung zur Infoveranstaltung finden Sie unter www.rheinstetten.de/asyl.