Kreis Mainz-Bingen: Zurück auf den richtigen Weg

Pilgern statt Sozialstunden

Kreis Mainz-Bingen – Buße ableisten, den Kopf frei kriegen, sich selbst begegnen – einige der Gründe, die Menschen zu Pilgerreisen motivieren.

Das gemeinsame Projekt „Walk and Change“ der Jugendgerichtshilfe des Jugendamtes Mainz-Bingen und der Stiftung Juvente setzt auf diese positiven Effekte, um junge Straftäter aufzufangen und sie auf dem Weg zurück in die Mitte der Gesellschaft zu begleiten: Gemeinsam mit ausgebildeten Sozialpädagogen wandern Gruppen von bis zu acht straffällig gewordenen Jugendlichen fünf Tage durch den Pfälzer Wald. Der Weg in die Freiheit führt sinnbildlich weg von der Jugendstrafvollzugsanstalt Schifferstadt hin zum Hambacher Schloss, das als Wiege der deutschen Demokratie gilt. Statt PC, Smartphone und Konsole stehen Arbeitseinsätze, Selbstreflexion, Verhaltenstrainings und Tagesmärsche von teilweise über 20 Kilometern Länge auf dem Programm.

Wiedergutmachungsmaßnahmen wie beispielsweise Müllsammeln, das Reinigen von Schildern oder Hilfe in den Übernachtungsherbergen sind ein Bestandteil des aus Sachsen stammenden Konzeptes – jedoch steht nicht der reine Bestrafungsgedanke im Vordergrund. Vielmehr sollen die Jugendlichen ihre Taten und die Lebenssituationen, die zu ihnen führten, reflektieren und neue Ziele und Verhaltensweisen erlernen. Dazu dienen etwa tägliche Aufgabenstellungen, Feedbackrunden und soziale Trainings, um nur einige Beispiele zu nennen.

„Das „Walk and Change“-Konzept bietet optimale Voraussetzungen, um nachhaltige Veränderungen anzustoßen“,

erklärt die Kreisbeigeordnete Ursula Hartmann-Graham.

„Das Wandern im Wald, fernab aller elektrischen Geräte und Ablenkungen, hilft den Jugendlichen, sich auf sich selbst zu besinnen. Durch die langen Märsche geraten sie an ihre Grenzen, was die Truppe rasch zusammenschweißt. So entstehen offene Gespräche mit den unter Schweigepflicht stehenden Sozialarbeitern und den anderen Teilnehmern. Anstatt lediglich zu bestrafen, wird  zu neuen Lebens- und Verhaltensweisen angeregt – was dem Grundgedanken des Jugendstrafrechts entspricht.“

 

Mit der Teilnahme am Projekt können verurteilte Jugendliche, die die Kreisjugendgerichtshilfe für geeignet hält, bis zu 60 Sozialstunden abgelten. Dennoch ist es möglich, dass sie im Anschluss zu weiteren Trainings verpflichtet werden oder diese freiwillig besuchen, wie Sozialpädagoge Stefan Werner, der das Konzept auf die hiesigen Gegebenheiten anpasste, berichtet:

„Viele Jugendliche erhalten durch das Pilgern enormen Auftrieb.“

So habe einer der Teilnehmer erklärt, jetzt wisse er, dass er alles schaffen könne – auch wenn er es bisher oft nicht ein