Ludwigshafen-Oppau – Wir sind eingeladen bei Gerhard Weil, dem Hunde-Experten und einzigen Rottweilerzüchter sowie Border-Terrierzüchter in Ludwigshafen. Er hat sein ganzes Leben diesen faszinierenden Tieren gewidmet. Zunächst sollte es nur um eine Foto-Session über seinen Rottweilernachwuchs gehen.
Doch gleich beim ersten Gespräch am Telefon wird deutlich, dass viel mehr dahintersteckt als angenommen. Behörden wenden sich zuweilen an ihn, wenn es um schwierige Hunde geht. Andere Züchter holen sich Rat.
So wurde aus der kurzen Foto-Session die Story:
Leben mit Hunden – Ein außergewöhnlicher Hunde-Experte in Oppau
In unserem Gespräch erlaubt er uns einen einmaligen und sehr interessanten Einblick in viele Jahre als Züchter und ausgewiesener Hunde- und Rottweiler-Experte.
Der Hauptgrund für unseren Besuch tummelt sich im Nebenraum und ist erst wenige Wochen alt. Rottweiler-Nachwuchs. Ein süßer und goldiger Anblick. Gerne haben wir die Einladung angenommen.
Wir treffen den im Ruhestand befindlichen Gerhard Weil in seinem Haus in der Neckarstraße in Oppau. Er hat sehr viel zu erzählen und noch mehr Motive für unsere Kamera.
Er ist ein Charakter der konsequent seinen Weg geht und sich für nichts in der Welt verbiegen lässt. In der heutigen Ja-Sager-Gesellschaft längst ein Fossil aus vergangenen Zeiten. Und er nimmt kein Blatt vor den Mund. Das wussten wir alles vor unserem Besuch. Auch hatte man uns gewarnt. Wer ihm oder seinen Hunden in die Quere kommt spürt den Gegenwind deutlich.
Ich bin nicht frei geboren um dann so zu sein wie mich andere gerne hätten, Gerhard Weil – Motto auf seiner Webseite
Beim Anfahren sehen wir vor dem Haus seinen großen PKW und den auffälligen Anhänger für den Transport seiner Hunde. Davor steht ein Roller mit kleinem Anhänger. Den hat er für Notfälle, wenn es schnell gehen muss, immer fahrbereit vorm Haus. Wir klingeln und werden freundlich empfangen, als wären wir gute Freunde. Lernt man ihn näher kennen spürt man die Präsenz, die von ihm ausgeht. Klare Kante zeigen und dennoch offen für Alles. Dass so mancher mit ihm ein Problem hätte und er sich eher als Einzelgänger sieht erklärt er uns gleich zu Beginn.
Jeder kann mit mir reden oder mich ansprechen. Doch keiner tut es. Die mögen meine direkte Art wohl nicht, schmunzelt er.
Obwohl in diesem Haus so viele Hunde untergebracht sind und sich aktuell eine Rottweiler-Kinderstube etabliert hat, ist das Haus sauber und kein Hundegeruch zu vernehmen. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin hat er sich gemeinsam über die Jahre auf ein Leben mit den Hunden eingestellt. Es ist kein Leben für die Hunde, sondern mit den Hunden, erklärt uns Gerhard Weil zu Beginn und dass er die Liebe zu den Hunden als ernsthaftes Hobby betrachtet.
Frühe Zuchtschritte
Er züchtet seit seinem 21. Lebensjahr. Hat immer wieder Unterbrechungen mit der Zucht gehabt, in denen er Hunde-Leistungssport auf deutschen Meisterschaften betrieben hatte. Er war immer in der obersten Liga präsent. Und seit knapp 4 Jahren ist er wieder in die Zucht eingestiegen. Während er erzählt, winselt der Nachwuchs im Nebenraum. Der hat einen besonderen Namen und ist mit allen Extras ausgestattet, die ein ernsthafter Züchter benötigt, um die vom Gesetzgeber vorgeschrieben Auflagen einzuhalten.
Der Zuchthundwurfraum
Der Zuchthundwurfraum hat eine Größe von 16qm. Vorgeschrieben sind 15qm zur Zertifizierung – der Erlaubnis zur Zucht. Die Wurfbox hat eine vorgeschriebene Dimension von 1.50m bis 1.60m mit dem ebenfalls vorgeschriebenen Erdrückungsschutz. Das sind die Leisten in Welpenhöhe, damit sich der Kleine darunter flüchten kann. Denn wenn die Mutter sich dreht könnte es ohne Schutz passieren, dass sie den Welpen erdrückt. Es ist an Alles gedacht. Die Wurfbox hat eine Nachtbeleuchtung, die durchgehend eingeschaltet bleibt. So hat die Hündin auch in der Dunkelheit immer die Orientierung.
Der Eingang zum Raum geht durch eine zweiteilige Tür. Sollte ein Welpe direkt vor der Tür liegen, dann wird nur der obere Teil geöffnet und er muss nicht weggeschoben werden. In diesem Falle steigt der Mensch über den unteren Teil der Tür.
Da sich im restlichen Teil des Anwesens überall Rottweiler befinden, kann er bei Bedarf wenn einer der älteren Hunde mal aggressiv sein sollte, entsprechende Bretter in die Tür einschieben. Dann sind die Welpen geschützt.
Der hintere Teil ist mit einer Bodenheizung bestückt. Der vordere Teil bleibt unbeheizt. Wird es einem Welpen zu warm, kann er sich nach Vorne in den unbeheizten Teil begeben. Damit wird sichergestellt, dass der junge Hund der Temperatur nicht dauerhaft ausgesetzt ist. Zusätzlich sind Infrarot-Lampen angebracht. Gerade in kalten Wintern ist dies notwendig um die Wärme konstant zu halten die die Welpen benötigen.
Im hinteren Teil des Raumes befindet sich die speziell für Hunde eingerichtete Hundedusche mit vorschriftsmäßiger Wasserbeheizung. Einen Durchlauferhitzer darf man hier nicht verwenden, da die Temperatur nicht geregelt ist und somit die Gefahr besteht, dass der Hund sich verbrennt. Die Temperatur bleibt somit immer gleich und kann nicht plötzlich nach oben steigen.
Eine Belüftung mit Abzug gibt es ebenfalls. Das sind zwei Ventilatoren die die Luft absaugen. Im hinteren Teil steht der kleine transportable OP-Tisch. Auf diesem Tisch kann der Tierarzt bei ihm vor Ort kleinere Eingriffe vornehmen. Wenn sich bspw. ein Hund einen Dorn eingefangen hat, dann kommt der Tierarzt und entfernt diesen gleich im Raum. Über dem OP-Tisch befindet sich die OP-Lampe. Direkt am Eingang steht die Hundewaage.
Der Raum wird den ganzen Tag mit leisem Radio beschallt. Damit sich die Welpen an die Umgebungsgeräusche, die Sprache und Musik gewöhnen. Ansonsten könnte es passieren, dass die Hunde auf der Straße später erschrecken.
Zusätzlich sind Kameras angebracht, die das Geschehen im Zuchtwurfraum überwachen und am PC gleichzeitig aufzeichnen. Der komplette Raum mit Einrichtung hat einen Wert von ca. 10.000 Euro. Die Fenster sind mit massiven Gitterstäben geschützt.
So mancher denkt dies sei ein Einbruchsschutz. Dem ist nicht so. Wer will kann gerne bei uns einbrechen, grinst der Hundekenner mit blitzelnden Augen.
An der Wand stehen die Pokale und Trophäen. Und da er in diesem Bereich ganz oben mitspielt, hat sich bei ihm über die Jahrzehnte eine große und sehenswerte Sammlung angehäuft.
Er hat trotzdem sein Wissen nie für sich behalten. Hat Vorträge an Schulen gehalten. Das vorrangige Thema war das Verhalten und die Körpersprache der Hunde.
Gelernt hat er sehr viel von seinem Freund Gerd Siemoneit, dem berühmten Dompteur und späteren Zirkusbesitzer des Zirkus Siemoneit-Barum. Bei ihm war er sehr oft zu Besuch. Beeindruckt erzählt er von seinem Erlebnis im Raubtierkäfig. Siemoneit hatte sich auf Tiger spezialisiert.
Beeindruckendes Erlebnis mit Tigern
Er platzierte im Käfig einen Tiger auf seinem Sitz. Dann hat er Striche auf den Boden gemacht und genau vorhergesagt was passiert wenn er, der Dompteur, sich den Strichen nähert. Beim ersten Strich hat der Tiger die Ohren gestellt. Beim nächsten Strich seinen Fuß gehoben. Beim dritten Strich ging der Tiger auf die Hinterfüße und drohte mit lautem Fauchen. Das war die Grenze – weiter durfte Niemand an den Tiger heran. Und von diesem legendären Raubtierdompteur hat er in den Jahren Vieles gelernt was den Umgang und das Verhalten von Tieren angeht.
Ran an die Babys
Wir dürfen vorsichtig den Raum betreten. Man muss aufpassen. Irgendwie liegt immer ein Minihund im Weg. Wir suchen uns einen Platz und beginnen zu fotografieren. Bei diesen Motiven könnten wir stundenlang knipsen. Immer wieder fällt einer der Baby-Rottweiler in einen Sekundeschlaf. Dann rappelt er sich auf. springt sein Brüderchen oder Schwesterchen an. Geraufe. Baby-Geknurre. Schliesslich will man gleich zeigen, dass man bereits groß ist.
Die Welpen
Es befinden sich 8 Welpen in diesem Wurf. 3 Rüden und 5 Hündinnen. Ein Welpe knuddeliger als der Andere. Mal liegen sie kreuz und quer auf dem Boden, dann wieder die tapsigen Gehversuche. Es ist ein ständiges Gewusel. Mittendrin die Mama, ruhig und mit wachem Auge auf den Nachwuchs. Kaum vorzustellen, dass sich aus diesen Kleinen so große und stattliche Rottweiler entwickeln werden. 5 Stück sind vorbestellt und verlassen demnächst die Zuchtstätte. Einer der 5 geht nach Frankreich. Die Anderen bleiben in Deutschland.
Der Verkauf – Die Weitergabe und die unbedingte Harmonie
Einer wie Gerhard Weil hat Prinzipien. Wie die aussehen beschreibt er uns. Um einen Welpen von ihm zu bekommen muss alles passen. Jahrelange Erfahrung hat ihn dazu gebracht sehr vorsichtig zu sein.
Eine der Grundvoraussetzungen, dass ein Bewerber von ihm einen Welpen bekommt ist der Besuch und damit das Kennenlernen hier in Ludwigshafen-Oppau. Bei diesem ersten Gespräch macht er sich ein Bild und gibt gleichzeitig dem Interessenten die Möglichkeit sich von ihm und der Zuchtumgebung einen Eindruck zu verschaffen. Die Interessenten sehen vor allen Dingen wie die Hunde aufwachsen und wie er tickt. Wichtig für ihn ist der Kontakt. Stimmt die Chemie nicht gibt er keinen Welpen heraus. Und so hat Jeder die Möglichkeit sich in Ruhe zu entscheiden. Es passiert immer wieder, dass der Gegenüber von ihm keinen Hund bekommt. Und natürlich hat er jede Menge Geschichten über das Erlebte parat.
Die Frau aus Dresden, die Mutter, der Freund und ein merkwürdiges Gefühl
Dazu schildert er uns den Fall der Frau aus Dresden die anrief und einen Hund haben wollte. Er hatte sie eingeladen zum Erstgespräch nach Oppau. Sie könnte nicht kommen, ihr Auto sei kaputt meinte die Dresdnerin im langen Gespräch. Da wich er ein einziges Mal von seinem Prinzip ab und sagte zu. Er dachte er hätte im Telefongespräch alles Wichtige abgeklopft. Die Dame erzählte, dass sie ein Haus gekauft hätte. Vom ersten Eindruck passte Alles für ihn zusammen. Dennoch blieb er mißtrauisch. Seine Hunde sind sein Leben. Sein Ein und Alles. Da achtet er auf die kleinsten Details.
Nun kam der Vorteil von Google-Maps. Ich hatte irgendwie ein komisches Gefühl. An dem Samstag als der Hund abgeholt werden sollte, prüfte ich morgens die Adresse in Dresden nach. Und da stellte ich fest, dass es sich um ein Hochhaus handelt. Auf der Karte war deutlich zu sehen, dass sich unten im Hochhaus eine Apotheke befand. Dort rief ich an. Die Apothekerin meinte, dass es sich bei dem Haus eher um einen sozialen Brennpunkt handeln würde. Und Niemand so richtig weiß, wer da alles drin wohnt. Da bekam ich ein ungutes Gefühl.
Dann kamen die Drei am Nachmittag. Die Hundekäuferin, ihre Mutter und der Freund der Mutter. Ich habe keine Vorurteile gegen Tätowierungen oder Ohrringe. Einige meiner besten Freunde haben Ohrringe. Das akzeptiere ich. Doch bei Nasenringen hört es bei mir auf. Oder wenn mein Gegenüber halbe Autoreifen im Ohr rumträgt. Die Mutter hatte zudem noch sehr lange Fingernägel die sich anfingen durchzubiegen. Das hat für mich einfach schlimm ausgesehen. Ich wollte wissen was es nun mit dem Hauskauf und dem Hochhaus auf sich hat. Sie würden aktuell im Hochhaus wohnen meinten die Drei. Dann wollte ich wissen wer auf den Hund tagsüber aufpasst, wenn ihr Freund den Sie nach eigenen Angaben auch hat, arbeiten geht. Das würde dann die Mutter machen. Sie wohnt auch im Hochhaus.
Ich hatte sie dann gefragt, wie sie mit diesen Fingernägeln einen Hund halten will? Am Ende war für mich klar, dass die keinen Hund von mir bekommen. Ich hatte kein gutes Gefühl mehr. Der Freund der Mutter meckerte dann noch weil sie 500km gefahren sind. Das war mir aber egal. Ich sorge dafür, dass meine Hunde nur in gute Hände kommen. 500Km Rückreise ohne Hund. Da bin ich knallhart, stellt Gerhard Weil fest.
Er kommt ins Erzählen und berichtet von Vorfällen die man durchaus als schräg bezeichnen kann. Normalerweise kontaktiert man ihn per Telefon. Vereinbart einen Termin und kommt dann zu ihm nach Hause.
Der südländische Typ mit dem nachgemachten Rottweiler
Eines Tages klingelt es direkt an der Tür. Draußen stand ein junger Mann mit einem rottweilerähnlichen Hund. Er fragte ihn was er will. Er will einen Rottweiler kaufen aber nur wenn er seinen rottweilerähnlichen Hund in Zahlung nehmen würde. Mit dem habe ich kurzen Prozess gemacht und ihm erklärt, dass er verschwinden kann. Und zwar sofort. Damit war das Thema für mich erledigt. Einen Hund in Zahlung geben, das ist für Ihn eine Welt mit der er nichts zu tun haben will.
Wie er es mit Käufern aus der ganzen Welt halte, wollen wir wissen. Denn Jemand aus Brasilien kann nicht unbedingt nur wegen dem Hund nach Oppau kommen.
Ich kenne sehr viele Züchter. Nicht nur in Deutschland. Ins Ausland geht bei mir nur ein Welpe wenn ich eine Empfehlung von Jemandem habe den ich gut kenne. Ohne einen einwandfreien Leumund geht auch hier nichts. Ich kenne sehr viele Züchter, die wieder Andere kennen. So kann man schnell überprüfen worum es geht.
Seine Welpen gingen nach China, nach Lettland in die baltischen Staaten. Er hat sich über die Jahre einen weltweiten Ruf erarbeitet. Vor der Abgabe wird immer ausführlich geprüft. Und selbst danach legt er Wert auf einen Kontakt. Er will immer Mal wieder wissen wie es seinem Hund ergeht. Fehler bei der Weitergabe hat er auch gemacht.
Er erzählt von der Familie aus Deutschland die komplett mit Kinder und Oma anreiste. Es war alles klar. Für ihn sowieso, da der Hund ein Familienmitglied werden soll. Als die Familie wieder zu Hause war, riefen sie an und wollten einen anderen Hund haben. Der Grund sei, der Welpe würde dauerhaft rund um die Uhr schreien und knurren.
Dann erklärte man ihm, dass der Hund in einem Kinderbettchen untergebracht sei und 24 Std. mit Reggae-Musik beschallt würde. Am Ende erfuhr er, dass das Kinderbettchen nach der Mondrichtung ausgerichtet wurde.
Daraufhin folgte die klare Ansage von Gerhard Weil:
Sofort den Hund bringen oder ich komme und hole ihn.
Am Wochende kam der Hund wieder zurück. Er hat bei uns sofort wieder durchgeschlafen, keine Probleme gemacht und hat keinen Durchfall mehr. Das war wieder ein ganz normaler Hund.
Welpe zurückgenommen und den Verkauf annuliert
Dann habe ich den Welpen gleich wieder auf meine Homepage gesetzt. Zwei Tage danach rief mich eine Amerikanerin an. Sie würde sich vor dem Kauf den Welpen gerne in Oppau anschauen. Sie wäre eine gebürtige Deutsche die nach USA geheiratet hätte und zur Zeit im Saarland auf Verwandtenbesuch wäre. Zwei Stunden nach dem Telefonat standen sie bei ihm in Oppau vor der Tür.
Es folgte die übliche Prozedur und das Abklopfen der Umstände. Die Woche darauf haben sie den Welpen mit nach USA genommen und dort lebt er nun auf einer riesigen Farm und verbringt die meiste Zeit am Pool. Die Familie schickt ab und an Bilder sagt Weil stolz.
Ich hatte mich noch um den Transport des Welpen gekümmert. Mit der Fluggesellschaft konnte ich klären, dass er aufgrund seines Gewichtes als Handgepäck durchging. Nach dem ich das alles zu meiner und des Welpen Zufriedenheit geklärt hatte, ging es ab über den großen Teich.
Keine Hunde mehr außerhalb Europas
Allerdings wird bei mir ein Hund nicht mehr nach Übersee oder in entfernte Kontinente wie Asien fliegen. Die Strapazen für das Tier, bis es endlich am Ziel ankommt sind mir inzwischen zu viel. Das beginnt mit der Fahrt an den Flughafen, die Prozedur beim Zoll, die Überprüfung durch einen Veterinär. Das Tier sitzt unter Umständen bis zu 8 Stunden in Frankfurt bis es in den Flieger geht. Dann 12 bis 15 Stunden Flug je nach Ziel und am Ziel geht die gleiche Prozedur wieder von Vorne los: Zoll, Veterinär, Papiere, Warten. Bis der Hund beim Besitzer ankommt ist er manchmal bis zu 24 Stunden auf den Beinen und wird hin und her transportiert.
Damit steht für mich fest, dass ich keinem meiner Hunde nochmals eine solche Tortur zumute. Ein Verkauf in Deutschland oder Europa ist in Ordnung für mich. Dazu kommt, dass sich die Auflagen zum Transport von älteren Tieren in Frankfurt am Flughafen deutlich verändert haben. Ich vermittle auch mal ältere Tiere. Diese müssen nach hessischer Verordnung in Käfige reingesetzt werden in denen man auch Tiger transportieren darf. Früher genügten geräumige Plastikboxen. Der Aufwand ist inzwischen zu groß geworden. Die bisherigen Welpen wurden in die ganze Welt verkauft. Asien, Süd-Amerika, Nord-Amerika, Europa, Afrika, Russland.
Der Hund gehört mir bis er stirbt, Gerhard Weil – Züchter
Eindeutige Vertragsbedingungen
Keiner meiner Hunde endet im Tierheim. Ich kümmere mich um meine Hunde bis sie sterben. Ich habe im Kaufvertrag das Vorkaufsrecht. Bevor der Hund an Jemand verkauft wird, muss er mir angeboten werden. Ich will wissen wo geht der Hund hin. Wenn das für das Tier keine gute Umgebung ist, dann kaufe ich meinen Hund zurück.
Der Hunde-Experte
Er hat sich früh mit schwierigen Hunden beschäftigt. Der Ruf mit solchen Tieren klarzukommen hat ihn weltweit in der Rottweiler-Szene bekannt gemacht. Noch heute fragt man bei ihm an ob er sich mal ein Tier anschauen könne und prüfen würde ob bei dem Hund noch etwas zu machen sei.
Die Künstlerin und der besonders ruhige Hund
Er erzählt von einer Künstlerin aus Süddeutschland die einen wunderschönen Rüden besaß. Der Rüde war zu Hause der Chef. Sie durfte sich nicht auf das Sofa setzen und auch sonst hatte der Rottweiler die Hosen im großen Anwesen an. Zudem sei er höchst aggressiv. Dann rief ein Züchterkollege beim ihm an und fragte ihn, ob er sich den Hund mal anschauen würde. Er hätte das Tier bei sich in der Ausbildung gehabt und käme mit ihm nicht klar. Er vereinbarte einen Termin mit der Künstlerin. Eventuell wäre auch die Idee gewesen, den Hund für sich selbst zu holen. Dann ist er hingefahren. Am Hoftor des riesigen Anwesens sah er den Hund durch die Gitterstäbe. Ruhig, freundlich und keine Anzeichen von Agressivität. Das sollte der aggressive Hund sein? Gerhard Weil konnte es nicht glauben. Er holte Spielzeug aus dem Wagen, ging in den Hof und begann mit dem Hund zu spielen.
Das konnte unmöglich der besprochene Hund sein. Dann erschien die Künstlerin und geriet in Hysterie. Sie warnte vor dem Tier der Hund sei gefährlich. Gerhard Weil erklärte ihr, dass es ich um einen ganz normalen Hund handelt der völlig normale Wesenszüge hat. Er nahm den Hund mit zu sich nach Hause.
Es war ein wunderschöner Hund, schwärmte Er. Hat ganz normal gefressen. Ist in den Hänger reingesprungen – Alles völlig normal. Zunächst …
Abends ging er noch mit dem Tier ins Feld und hatte ihn an der langen Leine springen lassen. Nachts kam er in den Zwinger. Am Morgen darauf war alles OK. Abends ging es wieder ins Feld. Als er dann zurück kam und den Hund aus dem Hänger holen wollte, griff er wie immer bei seinen Hunden in den Hänger rein um die Kette anzulegen und das Tier herauszuführen. In diesem Moment biss der Rottweiler zu. Es ging in der Hand durch und durch. Gerhard Weil musste die Tür am Hänger wieder schließen, weil der Hund ab diesem Moment völlig durchdrehte und sich wild gebärdete.
In diesem Moment hatte ich nur noch Zähne von diesem Tier gesehen
Dann ging er ins Haus um seine Wunde zu versorgen. Als er wieder an den Hänger ging. Inzwischen waren 15 min. vergangen, hatte sich der vormals friedliche Hund der zur Bestie mutierte, immer noch nicht beruhigt.
Das Todesurteil
Für den erfahrenen Züchter, der sich mit den Verhaltensweisen der Hunde hervorragend auskennt, war klar: Das ist das Todesurteil für den Rottweiler. Er wusste, dass dieses Tier eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Er ist dann mit dem Tier im Hänger zur Klinik und einer Veterinärärztin gefahren und hat nach Begutachtung und seiner Expertise den Hund einschläfern lassen.
Der Rottweiler war so durchgedreht, dass die Ärztin durch das Gitter den Hund mit dem Blasrohr betäuben musste. Erst dann konnte die finale Spritze gesetzt werden. Die Verantwortung für die Gefährlichkeit konnte Niemand mehr übernehmen, sagt Weil ruhig und sachlich.
Zudem erklärt Züchter und Rottweiler-Kenner unmißverständlich: Wenn ein Rottweiler so neben der Spur läuft hilft keine Ausbildung mehr. Da ist das Ende langsam erreicht.
Er telefonierte nochmals mit der Künstlerin. Diese gestand ihm jetzt, dass sie den Hund vor dem Treffen mit Valium vollgepumpt hatte so dass dieser noch zwei Tage „beruhigt“ durch die Gegend lief. Da war für Gerhard Weil klar, warum der Hund so reagierte. Hätte sie ihm das gesagt, dann hätte er den Hund trotzdem mitgenommen. Er wäre dann die Sache völlig anders angegangen. So gab es keine Chance mehr.
Der Rottweiler muss frühzeitig wissen wer der Chef ist. Dazu gehören unter Umständen auch mal harte Methoden bis ich den Hund dann wieder aufbauen kann. Ab dann sind wir die besten Freunde, so Weil.
Wenn der Hund beißt, ist das Vertrauen weg
So sehr er seine Tiere und die Rottweiler liebt. Die Grenze ist für ihn erreicht wenn der Hund einmal bei einem Mensch zubeißt. Dann ist er geschädigt. Er weiß, dass es geht. Denn die Reaktion des Gebissenen ist, erstmal zurückzugehen. Das macht den Hund stark. Ab jetzt wird er es immer wieder versuchen. Damit sind die Menschen in einer permanenten Gefahr.
Aus diesem Grund gilt bei ihm die eiserne Regel:
So gerne ich den Hund habe. Wenn er mich oder Dritte beißt ist das sein Todesurteil. Ich würde für ein solches Tier niemals mehr die Verantwortung übernehmen. Das ist viel zu gefährlich, warnt Weil.
Und wie sieht er die Diskussion über Kampfhunde?
Zu diesem Thema hat der erfahrene Züchter seine klare Meinung.
Es gibt keine Kampfhunde. Es gibt Hunderassen mit niedriger oder hoher Reizschwelle. Rassen mit niedriger Reizschwelle eignen sich eher als sog. Kampfhunde. Bullterrier, Staffordshire, Rottweiler. Es ist letztlich abhängig vom Besitzer und dessen geistiger Haltung. Ich kann auch einen Schäferhund als Kampfhund abrichten. Durch dessen hohe Reizschwelle dauert die Abrichtung entsprechend länger.
Hundeführerschein Ja oder Nein?
Ich bin ein Befürworter des Führerscheins. Bei mir müsste Jeder der einen Hund besitzen möchte, ob großes Tier oder kleines Tier zunächst einmal seine Eignung unter Beweis stellen. Körperlich, geistig, räumlich und finanziell – Ohne Ausnahme. Dann gäbe es so manches Hunde-Elend nicht.
Das Hunde-Elend in anderen Ländern?
Das ist sehr schlimm. Die Schicksale der Hunde in Rumänien oder Spanien berühren mich. Aber deshalb muss ich nicht rüber fahren und die Hunde nach Deutschland bringen. Damit wird das Elend nicht gemildert. Im Gegenteil so bald die da drüben merken, dass ein Urlauber gegen Geld einen Hund mitnimmt setzen die um so mehr auf die Straße weil sie damit Geld verdienen. Die Zustände werden dadurch nicht geändert.
Man muss vor Ort helfen. Den Menschen erklären, dass Hunde auch Lebewesen sind. Nur die Realität sieht eben anders aus. Die Urlauber bringen nicht nur das Elend zu uns rüber. Wir bekommen damit auch wieder Krankheiten die bei uns längst bekämpft waren.
Was hinzu kommt und Viele nicht verstehen wollen. Diese Hunde sind Straßenhunde, also verwildert. Diese Streuner sind immer auf der Suche nach Futter und dem Menschen gegenüber kaum sozialisiert. Die sind den täglichen Überlebenskampf gewohnt. Dann denken die guten Menschen sie holen jetzt einen solchen Hund nach Deutschland und der läuft jetzt ab sofort an der Leine spazieren. Das funktioniert nicht. Diese Hunde gehen seelisch kaputt. Ob es diese Leute wahrhaben wollen oder nicht. Damit tun wir den Straßenhunden keinen Gefallen. Ich verstehe nicht, dass der Gesetzgeber hier nicht durchgreift.
Wir könnten uns noch stundenlang mit Gerhard Weil unterhalten. Was er uns erzählt sind kurzweilige Geschichten mit Tiefgang. Wir entscheiden, dass wir uns ein weiteres Mal treffen werden. Wir sind beeindruckt über das Wissen. Die wenigen Stunden vergingen wie im Flug
Für dieses Mal verlassen wir die Kinderstube und sind gespannt wie sich die Kleinen entwickeln werden. Für dieses Mal bedanken wir uns sehr für die Einladung bei Gerhard Weil und seiner Lebensgefährtin.