Frankfurt am Main – Planungsdezernent Mike Josef hat am 25. August 2016 gemeinsam mit der Leiterin des Frankfurter Denkmalamtes, Andrea Hampel, der Presse archäologische Funde vor Ort in Heddernheim präsentiert. Dort wurde ein römischer Tempelbezirk freigelegt.
„Schon bislang wurde vermutet, dass sich an dieser Stelle das Forum der römischen Stadt Nida befand. Jetzt konnte ein Kultplatz mit mindestens fünf Tempeln erfasst werden, inklusive einem Tempel für Jupiter Dolichenus“, berichtet Planungsdezernent Josef. „Das ist ein sehr seltener Fund und zeigt erneut, welche Schätze noch im Frankfurter Boden schlummern. Dabei ist es insbesondere die bauliche Weiterentwicklung, die es uns ermöglicht, in die Tiefe vorzudringen und neue Erkenntnisse über unsere Geschichte zu Tage zu bringen.“ Da auf dem Areal die Römerstadtschule durch einen Neubau erweitert werden soll, finden seit Mai 2016 die gesetzlich vorgeschriebenen archäologischen Grabungen statt.
„Wir bearbeiten archäologisch rund 3000 Quadratmeter als Vorbereitung für die Neubebauung“, sagt Amtsleiterin Hampel. „Durch entsprechende Fundstücke war hier schon in der Vergangenheit ein sogenanntes Dolichenum indirekt nachgewiesen, doch jetzt ist die Zuweisung des Heiligtums durch Weihegaben möglich. Zu den Funden zählt auch eine kleine vollplastische Adlerfigur mit Blitzbündel und eine eiserne Tabula ansata mit der Inschrift Jupiter Dolichenus. Aus grundsätzlichen Überlegungen dürfte der Tempel im 2. Jahrhundert hier gestanden haben, eine Bearbeitung der Befunde und Funde nach Abschluss der Grabungsarbeiten wird hier weitere Ergebnisse bringen.“
Die Verehrung von Jupiter Dolichenus war besonders bei römischen Soldaten beliebt. Aus diesem Grund sind aus vielen römischen Siedlungen und besonders Kastellen Weihegaben bekannt, die sich eindeutig und ausschließlich auf Jupiter Dolichenus beziehen. Trotzdem sind die zugehörigen Tempelanlagen bis auf wenige Stellen unbekannt und kaum erfasst. Das macht den jetzigen Fund so bedeutend.
Der Dolichenus-Kult geht auf das Hauptheiligtum in der Stadt Doliche in der heutigen Türkei zurück. Nach der Eroberung der Stadt Doliche durch die Römer im letzten Drittel des 1. Jahrhundert nach Christus erfolgte eine Übertragung der Verehrung auf den römischen Gott Jupiter. Mit der Zerstörung des Hauptheiligtums in Doliche um die Mitte des 3. Jahrhunderts verlor die Gottheit an Bedeutung und der Kult erlosch schließlich ganz.
Die römische Fundstelle in Frankfurt-Heddernheim als Verwaltungssitz der Civitas Taunensium ist bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt. Es handelt sich um eine der bedeutendsten Fundstellen im Stadtgebiet und innerhalb der römischen Provinz Germania Superior (Obergermanien).
Das Grundstück liegt im Zentrum der römischen Provinzhauptstadt Nida, die sich in den heutigen Gemarkungen Heddernheim und Praunheim befand. Nach einer Militärphase ab dem Jahr 70 nach Christus wurde um 85 nach Christus die Provinz Germania Superior gegründet und es entstand eine zivile Siedlung in der Nähe der Nidda. Die Stadt Nida bestand nach ihrer Gründung um 110 nach Christus bis zur Aufgabe der rechtsrheinischen Gebiete 259/260. Sie hatte eine besondere Bedeutung als zentraler Handels- und Verwaltungsplatz. Der römische Name Nida, der sicher auf einen keltischen Ursprung zurückgeht, ist durch einen Inschriftenfund gesichert.
Über lange Zeit wurde das Areal landwirtschaftlich genutzt, bis durch die Ernst-May-Siedlung „Römerstadt“ in den Jahren 1927/1929 der südliche Teil der Stadt überbaut wurde. Gleichwohl erfolgte eine archäologische Dokumentation der Befunde gemäß dem damaligen wissenschaftlichen Standard. Nach dem 2. Weltkrieg begannen moderne wissenschaftliche Aufnahmen des Geländes, wobei man sich in erster Linie auf die Erforschung des „Steinkastells“ aus der militärischen Periode konzentrierte. Das Steinkastell liegt im Osten des römischen Stadtgebiets und berührt nur zu einem Teil die spätere zivile Stadt.
Ab 1961 wurde der bis dahin unversehrte nördliche Teil der Stadt allerdings großflächig überbaut. Die Fundstelle erlitt beim Bau der Nordweststadt schwerste Verluste: Hochhäuser, Tiefgaragen, U-Bahntrassen und eine Schnellstraße wurden auf einer Fläche von 500.000 Quadratmetern errichtet. Mit wenigen Ausnahmen konnte die Denkmalpflege keine Dokumentation in wissenschaftlich angemessener Form durchführen.
Die römischen Ausgrabungen in Heddernheim Ausgrabungen können am hessenweiten „Tag des offenen Denkmals“ am Sonntag, 11. September, um 11 Uhr im Rahmen einer Führung durch das Denkmalamt der Stadt Frankfurt am Main besichtigt werden. Treffpunkt hierfür ist an der Baustelle, gegenüber der Adresse In der Römerstadt 151.