Frankfurt am Main – Die Stadt Frankfurt am Main hat erstmals zwei Liegenschaften im Rahmen des Konzeptverfahrens an gemeinschaftliche Wohnprojekte vergeben. Bis Mitte Juli 2016 waren gemeinschaftliche und genossenschaftliche Projekte aufgerufen, sich mit einem überzeugenden Konzept für die Vergabe zweier ehemaliger Bürohäuser in der Niddastraße 57 und 59 im Bahnhofsviertel zu bewerben.
Unter insgesamt sechs Bewerbungen gingen das „Hausprojekt Offenbach“ und die „Wohngruppe Niddastern“ als Favoriten hervor. „Beide Projekte entsprechen der Zielsetzung des Liegenschaftsfonds zur Schaffung von innovativem Wohnraum. Sie stellen eine für den schwierigen Standort im Bahnhofsviertel optimale Wahl dar, da beide Konzepte einen hohen Anspruch an die Wirkung ins Quartier mitbringen“, sagt Planungsdezernent Mike Josef. „Das verstehe ich unter nachhaltiger und integrierter Stadtentwicklung.“ Erfreut zeigt sich Josef ebenfalls über die große Anzahl und den vielfältigen Ansätzen der eingegangen Bewerbungen.
Der Beirat zum Liegenschaftsfonds, bestehend aus Vertretern der Ämter, der Politik, der KEG und Experten zum gemeinschaftlichen Wohnen hat anhand der Kategorien soziale Aspekte, Einfluss des Wohnprojekts auf das Quartier, Wohnkosten, städtebaulicher Innovationsgehalt, nachvollziehbare Realisierbarkeit und Finanzierbarkeit sowie Kooperationspartner die zwei Projekte ausgewählt. Entscheidend war also nicht das höchste Gebot, sondern das überzeugendste Konzept. „Mit dem Liegenschaftsfond wollen wir einzelne Liegenschaften bewusst dem Markt und der Spekulation entziehen, hier geht es um Innovation und Ideenvielfalt“, so Josef weiter.
Die Liegenschaft Niddastraße 57 mit einer Bruttogrundfläche von 2.200 Quadratmeter wird an das „Hausprojekt Offenbach“ vergeben. Das selbstorganisierte Projekt möchte in dem Eckhaus Wohnraum für rund 40 Personen, vorwiegend in Großhaushalten verwirklichen. Gemeinschaftsräume und Angebote für das Quartier sollen sowohl im Erdgeschoss als auch im Dachgeschoss realisiert werden. Der Fokus liegt dabei auf Räumlichkeiten für Kreative und für Kinder – eine Zielgruppe, für die es im Bahnhofsviertel bisher kaum Angebote gibt. Der Beirat lobte ausdrücklich die geplante Rechtsform als Projekt des Mietshäusersyndikats und die Mietpreisstruktur des Projektes, den generationenübergreifenden Ansatz und barrierearmen Ausbau, sowie die Stabilität der Gruppe. Die Initiative hat in der Vergangenheit bei der Planung des Projekts Philosophicum und im WohnBüro Offenbach Erfahrung sammeln können. Die Konversion von Büro in Wohnraum sieht die Gruppe als besondere Herausforderung, die sie mit minimalen Eingriffen verwirklichen möchten.
Die Liegenschaft Niddastraße 59 mit einer Grundfläche von rund 750 Quadratmetern wird an die „Projektgruppe Niddastern“ vergeben, die in dem schmalen Gebäude sechs Wohneinheiten, einen gemeinschaftlich genutzten Dachgarten und eine halböffentlich genutzte Erdgeschosszone mit Gemeinschaftsküche verwirklichen möchten. Die Gruppe besteht aus Kreativen mit einer engen Bindung an das Bahnhofsviertel und dem Wunsch, im Alter als „Wahlfamilie“ gemeinschaftlich zu leben. Ziel der Gruppe ist es, die charakteristische Fassade des Gebäudes zu erhalten und den Umbau mit einem Minimum an Eingriffen zu bewältigen. Dies hob der Beirat in seiner Begründung ebenso hervor, wie den expliziten Sharing-Ansatz des Projektes, denn die individuellen Wohnungen sollen nur mit Kleinstküchen ausgestattet und Haushaltsgeräte gemeinsam genutzt werden.
Der Beirat bewertete auch die übrigen Konzepte als interessant und vielversprechend und empfahl die Weiterentwicklung für die nächsten Ausschreibungen. Bei der 10. Infobörse für gemeinschaftliches und genossenschaftliches Wohnen am 24. September in den Römerhallen können Interessierte die ausgewählten Projekte in den Römerhallen kennenlernen und mit einzelnen Mitgliedern ins Gespräch kommen.