Ludwigshafen – Im Bereich des BASF-Werkteils Süd hat es heute, 20.10.16, wieder einen Störfall gegeben. Nach Information der Pressestelle war es zu einer chemischen Reaktion in einem Behälter („Behälterreaktion“) gekommen. Dies wurde nach mehr als 1,5 Stunden auf Anfrage mitgeteilt.
Uns erreichten Anfragen nach einem möglichen Störfall. Ein Blick in die Katwarn-App zeigte, dass es einen Sonderfall gibt.
Dieser ist auf das BASF-Gelände beschränkt, wenn man der Warnapp Glauben schenkt (was wir tun).
System ist nur so gut wie die Bediener
Fakt ist: die Meldungen tragen sich nicht von selbst ein, sondern werden vom Authorisierten eingepflegt. Das bedeutet, dass auf der Leitstelle ein Mitarbeiter den Schadensfall und das betroffene Gebiet definiert. Im aktuellen Fall hat ein BASF-Mitarbeiter, wahrscheinlich von der Leitstelle, die Katwarn-Meldung „Sonderfall“ mit den Gefahrenhinweisen eingegeben.
Wer die BASF als sogenannten „Ort“ in Katwarn eingegeben oder die Schutzengel-Funktion aktiviert hat (und sich bei zweiterem in der Nähe des Werkgeländes aufhält), bekommt die Warnmeldung auf dem Smartphone angezeigt. Doch es wird nur das gesamte Werkgelände angezeigt, nicht jedoch der genaue Schadensort. Wo es einen Sonderfall gibt, ist nicht bekannt. Stattdessen liest man, wenn man auf das Symbol klickt, dass die Feuerwehr im Bereich des Blockfelds E 500 im Einsatz ist. (aha!) Wenn man sich „innerhalb der roten Zone in den Blockfeldern G 400, E 500, F 503, F 601 oder G 400 befindet“, soll man den nächstgelegenen internen Sammelplatz aufsuchen. Für BASF-Mitarbeiter sind die Angaben sinnvoll, da sie Ortskenntnis haben.
Katwarn ist kein Warnsystem der BASF
Eine Mitarbeiterin der BASF-Pressestelle argumentierte, dass die BASF-Mitarbeiter wissen, wo die Blöcke sind. Wir stimmen ihr hier zu. Jedoch ist Katwarn kein internes Warnsystem des Chemiekonzerns, sondern ein Hilfsmittel zur Benachrichtigung der Bevölkerung bei Großschadenslagen oder Unglücken. Die Städte Ludwigshafen und Mannheim und BASF haben sich im September 2015 dazu entschlossen, über Gefahren per Katwarn zu informieren.
Niemand der Bevölkerung, es sei dass sich darunter BASF-Mitarbeiter befinden, weiß, wo die angegebenen Blöcke sind. Aus der Katwarn-Meldung geht nicht einmal hervor, wo der Sonderfall stattgefunden hat. Für die Bewohner der umliegenden Städte und Gemeinden ist es wichtig, ob das Schadensereignis im Werkteil Nord oder Süd stattfand. Auch ist wichtig, ob es ein Chemieunfall war, der möglicherweise auch das „Umland“ betrifft.
Die Mitarbeiterin der Pressestelle ist auf dem Standpunkt, dass die BASF nur für ihr Werksgelände für die eigenen Mitarbeiter eine Warnmeldung herausgibt. Die Ludwigshafener Bevölkerung ist erst einmal egal. Sprich: Wer kein BASF-Mitarbeiter ist, ist hier ein Mensch zweiter Klasse.
Wenn städtisches Gebiet betroffen ist, wird die Stadt auch eine Meldung herausgegeben, so die BASF-Mitarbeiterin. Dies ist sehr kurz gedacht, denn bei einem plötzlich auftretenden Ereignis, bei dem absehbar ist, dass es „etwas Größeres“ ist, können Sekunden oder die ersten Minuten über die Gesundheit von 10.000en Menschen entscheidend sein.
Aus Störfällen nichts gelernt
Nach den vielen Störfällen auf dem Firmengelände wird weiterhin die Bevölkerung nicht bzw. Stunden später informiert, wohl wissend, dass diese es selbstverständlich wahrnimmt, wenn eine größere Anzahl Feuerwehrfahrzeuge aufs Werksgelände fährt und entsprechend sensibilisiert ist. Nicht erst seit der Explosion und den Bränden mit drei Toten wollen die Menschen wissen, wenn es in dem großen Chemiewerk einen Störfall gibt, der sie womöglich betrifft. Und selbst, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht direkt von dem Ereignis betroffen sind, wollen sie wissen, dass sie sicher sind. Es wird zu Recht ein Umdenken des Chemiekonzerns erwartet. Das ist die BASF, die Stadt in der Stadt, der Bevölkerung schuldig.