Heidelberg – Ein zentrales Labor für die Messung von Radiokohlenstoff kann jetzt am Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg seine Arbeit aufnehmen. Zugleich werden weitere, ebenfalls mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) aufgebaute Beobachtungsstationen in Deutschland sowie ein zweites zentrales Labor am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena ihren operativen Betrieb starten.
Sie sind Teil einer neuen, europaweiten Infrastruktur auf dem Gebiet der Umweltforschung – dem Integrated Carbon Observation System (ICOS), das hochpräzise Messungen des Kohlendioxid-Kreislaufs und anderer langlebiger Treibhausgase wie Methan und Lachgas liefert. Das Heidelberger Labor unter der Leitung des Physikers Dr. Samuel Hammer wird am 9. November 2016 durch das BMBF offiziell seiner Bestimmung übergeben. Aus diesem Anlass findet an der Ruperto Carola eine Veranstaltung statt, mit der zugleich der Abschluss der Aufbauarbeiten von ICOS Deutschland begangen wird.
Das Integrated Carbon Observation System ist eine weitverzweigte Forschungsinfrastruktur, die aufeinander abgestimmte, europaweite Messungen des Kohlenstoffkreislaufs, der Emissionen von Treibhausgasen sowie der atmosphärischen Konzentrationen der wichtigsten Treibhausgase liefert. ICOS integriert dabei Beobachtungsnetze für die Atmosphäre, die Landökosysteme und die Meere und schafft so die Grundlage für eine vollständige europäische Kohlenstoffbilanz und ihrer Langzeitentwicklung. Jedes dieser Netzwerke wird von einem Thematischen Zentrum koordiniert, das für die Datenauswertung, die Qualitätssicherung und die Weitergabe der Daten an das ICOS-Datenportal verantwortlich ist.
Die zentralen analytischen Labore von ICOS sind in Heidelberg und Jena angesiedelt. Sie werden langfristig vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur über den Deutschen Wetterdienst finanziert. Die neue Heidelberger Einrichtung wird den Anteil von Radiokohlenstoff im atmosphärischen Kohlendioxid europaweit an verschiedenen ICOS-Stationen messen.
„Diese Daten werden es uns erlauben, den regionalen CO2-Anteil aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas zu bestimmen. Entsprechende Langzeitmessungen liefern dann die Grundlage, um Emissionsänderungen dieses wichtigsten vom Menschen verursachten Treibhausgases unabhängig zu überprüfen“,
sagt Prof. Dr. Ingeborg Levin, die am Institut für Umweltphysik die Arbeitsgruppe Kohlenstoffkreislauf leitet und in den vergangenen zehn Jahren am Aufbau der Europäischen ICOS-Forschungsinfrastruktur beteiligt war. Kalibrierungsstandards für alle Stationen liefert das Max-Planck-Institut für Biogeochemie, das zudem Analysen zusätzlicher Komponenten von speziell gesammelten Luftproben übernimmt.
Forschungsinfrastrukturen werden von der Wissenschaft genutzt, um Spitzenforschung in einer Vielzahl von Fachgebieten durchzuführen. Das Integrated Carbon Observation System ist als sogenanntes European Research Infrastructure Consortium organisiert. Dem deutschen ICOS-Konsortium gehören führende Institutionen der Klimaforschung und Klimabeobachtung an. Neben der Universität Heidelberg, dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie und dem Deutschen Wetterdienst sind dort weitere Universitäten und Hochschulen, zudem Helmholtz- und Leibniz-Institute sowie auch Großforschungseinrichtungen vertreten. Die Koordination von ICOS Deutschland liegt beim Thünen-Institut in Braunschweig, einer Einrichtung aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.
An der Veranstaltung zur Übergabe des Radiokohlenstofflabors am Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg und zum Abschluss der Aufbauarbeiten von ICOS Deutschland werden Vertreter der beteiligten Bundesministerien und des Umweltbundesamtes teilnehmen. Ebenfalls vertreten sind der Deutsche Wetterdienst, die Max-Planck-Gesellschaft und das ICOS-Konsortium auf europäischer Ebene.