Frankfurt am Main / Höchst – Die Ersatzbrennstoff-Anlage im Industriepark Höchst trägt zur Versorgung der Unternehmen am Standort mit Energie bei. In der hochmodernen Anlage werden heizwertreiche Bestandteile von Siedlungs- und Gewerbeabfällen umweltgerecht entsorgt, und die bei der Verbrennung entstehende Wärme wird als Prozessdampf in das Versorgungsnetz des Standortes eingespeist. Die EBS-Anlage erzeugt neben Wärme auch Strom – und das ohne den Einsatz von Kohle, Gas oder Öl. Nun wird der Brennstoffmix erweitert: Die Thermal Conversion Compound GmbH (T2C), die Betreibergesellschaft der EBS-Anlage, hat einen Antrag bei der Genehmigungsbehörde eingereicht, um künftig in der Anlage auch Klärschlämme mitverbrennen zu können.
Neue gesetzliche Bestimmungen
Hintergrund: neue gesetzliche Bestimmungen lassen den Einsatz von Klärschlamm in der Landwirtschaft bald nicht mehr zu. Im Zuge der Novellierung der Klärschlammverordnung wird es mittelfristig nicht mehr möglich sein, Klärschlämme als Dünger auf landwirtschaftlich genutzten Flächen auszubringen. Die Klärschlämme müssen zukünftig in geeigneten Anlagen umweltgerecht entsorgt werden – was in der EBS-Anlage im Industriepark Höchst ohne Umbau- oder Erweiterungsmaßnahmen möglich ist.
Dies haben die erfolgreichen Betriebsversuche gezeigt, auf deren Grundlage bereits im Juli die Genehmigung von der Genehmigungsbehörde zur Mitverbrennung von 70.000 Tonnen Klärschlamm pro Jahr erteilt wurde.
Gleichmäßige Verbrennung, bessere Wärmenutzung
„Wir versprechen uns von dem Einsatz von Klärschlämmen eine Vergleichmäßigung der Verbrennungsprozesse in der Anlage“, erklärt Wolfgang Keßler, Geschäftsführer der T2C GmbH. Gegenwärtig sei der Heizwert der Ersatzbrennstoffe teilweise unterschiedlich, weshalb die Energie nicht immer optimal ausgenutzt werden kann. „Durch die Vermischung mit Klärschlämmen wird der Heizwert einheitlicher und wir können den Verbrennungsprozess optimieren“, so Wolfgang Keßler.
Der Klärschlamm, der in der Abwasserreinigungsanlage des Industrieparks Höchst anfällt, wird in der von Infraserv Höchst betriebenen Klärschlammverbrennungsanlage (KVA) thermisch verwertet. Auch hier wird die bei der Verbrennung entstehende Wärme zur Versorgung der Standortgesellschaften genutzt, was den Verbrauch fossiler Brennstoffe und die Menge klimaschädlicher Emissionen reduziert.
Industrielle Klärschlämme sind aufgrund ihrer Herkunft grundsätzlich als „gefährlich“ eingestuft. In der EBS-Anlage sollen vor allem kommunale Klärschlämme mitverbrannt werden, die als „ungefährlich“ deklariert sind. Der Genehmigungsantrag bezieht sich auf „gefährlichen“ Klärschlamm – es soll bei Bedarf möglich sein, auch die im Industriepark Höchst anfallenden Klärschlämme mit zu verbrennen, beispielsweise bei Instandhaltungs- oder Revisionsarbeiten an der KVA. Im Rahmen der genehmigten Gesamtkapazität von 700.000 Jahrestonnen sollen bis zu 210.000 Tonnen Klärschlamm und andere wasserhaltige Abfälle in der EBS-Anlage mitverbrannt werden dürfen. Der Antrag beinhaltet auch die Genehmigung zur Mitverbrennung von bis zu 50.000 Tonnen EBS aus besonders heizwertreichen Materialien, die als gefährlicher Abfall eingestuft sind. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Dämmstoffe auf Polystyrol-Basis, die im Hausbau verwendet werden und aufgrund des Flammschutzmittel-Gehalts seit Beginn des Jahres als „gefährlicher Abfall“ gelten. Auch diese Materialien können in der EBS-Anlage im Industriepark Höchst sicher und umweltgerecht verwertet werden.
Keine Geruchsemissionen
Wird die Mitverbrennung von Klärschlämmen zu Geruchsemissionen führen? „Klare Antwort: Nein“, sagt Wolfgang Keßler. Das Material erreicht den Industriepark in geschlossenen LKW, und die Entladung erfolgt in der geschlossenen Anlieferungshalle der EBS-Anlage, aus der die Abluft abgesaugt und behandelt wird. „Von der EBS-Anlage, die im Südwesten des Industrieparks steht, gehen heute keine Geruchsemissionen für das Umfeld aus, und das wird auch so bleiben“, stellt Wolfgang Keßler klar. Belegt wird diese Aussage durch die Geruchsmessungen, die ein unabhängiges Institut seit Jahren in Kelsterbach und Sindlingen durchführt. In Kelsterbach gibt es keine Geruchswahrnehmungen, die auf den Industriepark Höchst zurückzuführen sind. Geruchsemissionen gehen von den Entsorgungsanlagen im Westteil des Industrieparks aus, von denen vor allem der Stadtteil Sindlingen betroffen ist. Da Infraserv Höchst in den vergangenen Jahren verschiedene geruchsmindernde Maßnahmen umgesetzt hat, sind Häufigkeit und Intensität dieser Emissionen deutlich zurückgegangen.
Die Anlieferung wird ausschließlich über die Industriepark-Tore Süd und Südwest erfolgen, die direkt an das Fernstraßennetz angebunden sind. Auch in Bezug auf die Emissionen der EBS-Anlage ergeben sich durch die Mitverbrennung der Klärschlämme keine relevanten Änderungen. Dies haben die bereits durchgeführten Versuche, die in Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde durchgeführt und analysiert wurden, eindeutig bewiesen.
Genehmigungsunterlagen werden offengelegt
Die Genehmigungsunterlagen werden voraussichtlich Anfang nächsten Jahres im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung offengelegt und können von interessierten Bürgern eingesehen werden. Die genauen Termine stehen noch nicht fest und werden frühzeitig bekannt gegeben. Bei der nächsten Sitzung des Gesprächskreises der Nachbarn des Industrieparks Höchst wird T2C-Geschäftsführer Wolfgang Keßler über das Thema informieren. Die Sitzung beginnt am Donnerstag, 10. November 2016, um 18 Uhr im Kapellensaal des Bolongaropalastes, Bolongarostraße 109 in Höchst und ist öffentlich.