Stuttgart – Am 7. November 2016 wurden die ersten Fälle des hochpathogenen Geflügelpestvirus H5N8 in Baden-Württemberg festgestellt. Im Land noch vorwiegend entlang des Bodensees, hat sich das Virus in unseren Nachbarländern bereits ins Landesinnere verlagert und auch im Bundesgebiet findet eine Verlagerung in die Mitte Deutschlands statt. Die Gefahr des Eintrags des Virus in die Hausgeflügelbestände belegen erste Fälle in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, sowie in Österreich und Ungarn. Aufgrund des fortschreitenden Geflügelpestgeschehens ist es erforderlich, die bereits erlassenen Maßnahmen auszuweiten.
„Aufgrund der derzeitigen Lage müssen wir davon ausgehen, dass das Seuchengeschehen sich nicht mehr nur auf die Küsten in Nord- und Ostdeutschland sowie die Bodenseeregion beschränkt. Das belegen die genannten Beispiele aus Bayern und der Schweiz, aber auch aus Niedersachsen. Unser wichtigstes Ziel ist es, frühzeitig alle denkbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Ausweitung in die Hausgeflügelbestände zu vermeiden. Es ist daher erforderlich, die Stallpflicht für Geflügel in Baden-Württemberg auf das gesamte Landesgebiet auszuweiten. Diese Entscheidung haben wir in enger Abstimmung mit den Vertreterinnen und Vertretern aus den Geflügelverbänden, den Landwirtschaftsverbänden sowie mit Vertretern der Rassegeflügelzüchter getroffen, die heute zu Gesprächen im Landwirtschafsministerium waren“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL, am Donnerstag (17. November) in Stuttgart.
Aktuell seien am Bodensee in Baden-Württemberg 229 Vögel gefunden worden. Davon seien bisher 175 Tiere positiv auf H5N8 getestet worden. Neben einer anfänglichen Konzentration auf Reiherenten, seien zunehmend auch weitere Arten betroffen. So zum Beispiel Tafelenten, Stockenten, Möwen, Schwäne, Reiher und eine Graugans. Ganz aktuell hat uns die Meldung erreicht, dass auch ein Greifvogel in Hessen an der Bergstraße und damit in unmittelbarer Nähe zu Baden-Württemberg mit Verdacht auf Vogelgrippe aufgefunden wurde .
Alle notwendigen Maßnahmen würden heute veranlasst und unmittelbar mit den zuständigen Behörden in den Landkreisen abgestimmt. “Die Stallpflicht bringt für die Geflügelhalter in manchen Fällen erhebliche Unannehmlichkeiten mit sich. Ein Ausbruch im Nutzgeflügelbereich hätte aber viel weitergehende Konsequenzen zur Folge“, räumte Hauk ein und erklärte, dass deshalb Ausnahmen für die Halter geprüft würden, die keine Unterbringungsmöglichkeiten in Ställen hätten. „Wird eine Ausnahmegenehmigung erteilt, müssen strenge Biosicherheitsmaßnahmen eingehalten werden. Darüber hinaus gilt eine enge Kontrolldichte für die betroffenen Betriebe, damit wir eventuelle Veränderungen im Bestand sofort erkennen und dann handeln können“, betonte Hauk.
Derzeit gäbe es noch keinen Fall von Vogelgrippe im Hausgeflügel in Baden-Württemberg und das solle so bleiben. „Das bisher bestehende Monitoring in Hausgeflügelbeständen wird intensiviert und es werden verstärkt Untersuchungen in Hausgeflügelbeständen durchgeführt, die in sogenannten Risikogebieten und in Gebieten mit Nachweis von Wildvogelgeflügelpest liegen. Die Tierhalter werden dahingehend unterstützt, dass die Laborkosten für Abklärungs- und Kontrolluntersuchungen vom Land übernommen werden, sofern die Untersuchungen in unseren landeseigenen Untersuchungseinrichtungen erfolgen.
Zoos, Wildtier- und Vogelparks
Auch die in Baden-Württemberg ansässigen Zoos, Wildtier- und Vogelparks im Land seien aufgefordert worden, Biosicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. In der Praxis sei es aber so, dass nicht alle Vögel in Zoos oder Wildgehegen in Ställen gehalten werden könnten. „Bei Freilandhaltung werden wir deshalb ein verstärktes Monitoring in den Zoos durchführen. Die Zoos stimmen sich dabei eng mit den Veterinärämtern ab. Gefährdete Arten werden dabei besonders im Blick gehalten“, erklärte Hauk.
Geflügelschauen
Traditionell finden in den kommenden Wochen vermehrt Geflügelschauen in ganz Deutschland statt. Große Schauen, wie zum Beispiel in Leipzig mit über 40.000 Tieren, wurden in dieser Woche bereits abgesagt. “Als Ergebnis der heutigen Gespräche haben wir entschieden, dass wir in Baden-Württemberg nur noch Lokalschauen zuzulassen. Alle regionalen und überregionalen Schauen werden wir untersagen. Das Risiko der Übertragung des Virus ist bei solch großen Schauen sehr hoch. Uns ist bewusst, dass die Geflügelschauen eine große Bedeutung für die Halter haben, das war auch heute Morgen deutlich spürbar. Wir sind deshalb sehr dankbar, dass ein Kompromiss zum Schutz der Tiere gefunden werden konnte“, betonte Hauk.
Übertragen auf den Menschen / Situation 2006
Die heutige Situation unterscheide sich deutlich von der Situation im Jahr 2006. Im Jahr 2006 hatte das damalige Virus H5N1 in Asien bereits mutiert und war in einzelnen Fällen auf den Menschen übergegangen. Somit bestand nicht nur eine Gefahr für Geflügel, sondern auch für den Menschen konnte sie nicht ausgeschlossen werden. „Im Gegensatz zu der Situation vor zehn Jahren gibt es bei H5N8 bisher weltweit keinen Fall, bei dem sich ein Mensch mit dem Virus angesteckt hat“, so Peter Hauk.
“Da der Mensch jedoch Überträger des Virus sein kann, ohne selbst zu erkranken, ist es wichtig, dass tote Tierkörper nicht einfach angefasst werden, sondern nur von Menschen mit entsprechender Schutzkleidung eingesammelt werden“, so der Minister. Wer tote Vögel finde, solle diese den zuständigen Behörden/Veterinärämtern oder den Bürgermeisterämtern melden.
Hintergrund:
Weitere Informationen zum Thema finden Sie aktuell auf der Webseite des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg unter www.mlr.baden-wuerttemberg.de sowie https://mlr.baden-wuerttemberg.de/de/vogelgrippe/faq-zur-vogelgrippe/.
Des Weiteren verweisen wir auf die Internetseite des Friedrich-Löffler-Instituts. Dort sind vor allem Informationen zu H5N8 aber auch aktuelle Risikoeinschätzungen, Umgang mit Tieren und Verbraucherempfehlungen enthalten (https://www.fli.de/de/home/).