Mainz – Die Bundesregierung hat Ende September ein Gesetz zur Änderung des Vereinsrechts in den Deutschen Bundestag eingebracht, das dort bereits wenige Tage später in erster Lesung behandelt wurde. Ziel der geplanten Gesetzesänderung ist es, das Verbot der Nutzung von Vereinsabzeichen eines verbotenen Vereins deutlich auszuweiten. In der Zukunft soll das Rückenabzeichen der verbotenen Ortsgruppe (Chapters) eines Motorradclubs (MC) auch von anderen Chaptern nicht mehr getragen werden dürfen, selbst wenn sie sich durch andere Ortsbezeichnungen deutlich unterscheiden. Anders ausgedrückt: wird ein Chapter eines MCs wegen Gesetzesverstößen verboten, müssen auch alle anderen Chapter ihr Rückenabzeichen ablegen, selbst wenn sich diese nichts haben zuschulden kommen lassen.
„Wir als Biker Union e.V. (BU) hatten schon nach der Veröffentlichung des Koalitionsvertrags der amtierenden Regierung im Jahr 2013 sehr deutlich gewarnt: Hey Leute, da steht drin, daß das immer wieder beschworene „Rockerproblem“ endgültig gelöst werden soll“, sagte Rolf „Hilton“ Frieling, Vorsitzender der BU. „Das hat damals niemanden interessiert. Trotzdem haben wir die Vorsitzenden der drei Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD, also Frau Merkel und die beiden Herren Gabriel und Seehofer angeschrieben und um Klarstellung gebeten. Die Antworten waren nur sehr allgemein gehalten und abwiegelnd. Ohne konkrete Details stellten die wenigen Zeilen im Koalitionsvertrag aber nur eine unverbindliche Absichtserklärung dar, gegen die wir nicht mit Aussicht auf Erfolg angehen konnten.“
„Jetzt, kurz vor Beginn des nächsten Bundestagswahlkampfs, hat die Regierung ernst gemacht, klammheimlich und mit wenig eigenem Aufwand einen Rundumschlag gegen Rocker gestartet“, sagte Tedy Bach, Szenebeauftragter der BU. „Die Begründung des Gesetzentwurfs enthält wortgleich die Formulierungen aus dem Koalitionsvertrag. Ein weiteres Mal werden Rocker per Gesetz diskriminiert.“
„Dieses Mal wird dazu sogar unser Grundgesetz ausgehebelt sowie grundlegende Prinzipien unserer freiheitlich demokratischen Rechtsordnung über den Haufen geworfen“, so Frieling weiter. „Die geplante Neuregelung erinnert mich an die Einführung der „Sippenhaft“, die wir aus dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte kennen. Wenn das durchkommt – was aus heutiger Sicht sehr wahrscheinlich ist – können nur persönlich Betroffene dagegen klagen. Spätestens vom Europäischen Gerichtshof wird das Gesetz zwar aufgehoben werden, eine weitere Klatsche aus Straßburg für die derzeitige Regierung. Wann das geschehen wird, steht aber in den Sternen.“
„Bis zum 01.12.2016 läuft auf der Internetseite des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags noch eine Online-Petition gegen dieses Gesetzesvorhaben,“ so Bach. „Im Gegensatz zu Eingaben auf freien Petitionsportalen wird hier der richtige Adressat angesprochen, auch wenn die Meinung in den Koalitionsfraktionen festzustehen scheint. Diese Petition kann nur ein – wenn auch wichtiger – Anfang sein. Dank unserer politischen Erfahrung und unseren politischen Kontakten steigt mit jeder Unterschrift die Chance, die Gesetzesänderung doch noch verhindern zu können.“