Mannheim – In Mannheim stellte sich ein Team, bestehend aus 16 Studierenden des Fachbereichs Architektur an der TU Kaiserslautern und 16 Flüchtlingen, einer besonderen Aufgabe. Im Rahmen eines partizipativen studentischen Bauprojektes sollte ein Gemeinschaftshaus für die Bewohner der Spinelli Barracks entstehen. Gebaut wurde es direkt auf dem Gelände der Landeserstaufnahmeeinrichtung auf der Konversionsfläche der ehemaligen amerikanischen Kaserne Spinelli Barracks in Mannheim. Das Entwicklungsprojekt “ZUSAMMEN BAUEN – VONEINANDER LERNEN“ ist in einer Kooperation des Landes Baden-Württemberg mit der Stadt Mannheim und der TU Kaiserslautern entstanden. Der Gemeinschaftsraum wurde am Samstag, den 26. November, mit zahlreichen Gästen sowie den stolzen Architekturstudenten, Flüchtlingen und ehrenamtlichen Helfern feierlich eingeweiht. Das Projekt mit Kosten in Höhe von 150.000 Euro unterstützte die Stadt Mannheim mit einem Zuschuss von 22.000 Euro.
„Zusammen bauen – voneinander lernen ist ein Projekt, das nicht nur Grenzen überwindet, sondern auch ein Projekt, in dem alle voneinander viel gelernt haben. Ziel des Projekts war es, über die Versorgung mit dem Nötigsten hinaus einen Ort mit Aufenthaltsqualität für die Menschen auf Spinelli zu schaffen. Darüber hinaus wurde den Geflüchteten durch ihre Einbeziehung in den Bauprozess die Möglichkeit gegeben, ihr Umfeld aktiv mitzugestalten.“, so Bürgermeister Lothar Quast im Rahmen der feierlichen Eröffnung des rund 500 Quadratmeter großen Gemeinschaftshauses. „Dieses Projekt ist beispielhaft für gelebte Integration in Mannheim“, so Quast weiter. Denn das Projekt wurde als Gemeinschaftsarbeit geplant und umgesetzt. Dazu bauten und wohnten die Architekturstudenten gemeinsam mit den Flüchtlingen vom 15. August bis zum 2. November in den Spinelli Barracks.
„Nach anfänglicher Skepsis konnten mich die jungen Studentinnen und Studenten der TU Kaiserslautern bei der Präsentation Ihrer Konzepte schnell überzeugen und als Haus- und Bauherr gewinnen. Eine Entscheidung, die ich auch vor dem Hintergrund der integrativen Bedeutung, zu keinem Zeitpunkt der Bauphasen bereuen musste. Im Gegenteil: Hervorragend gelungen, wertvoll und nachhaltig – für alle Beteiligten!“, erinnert sich Manfred Beuchert, Referatsleiter für Flüchtlingsunterbringung des Regierungspräsidiums Karlsruhe am Standort Mannheim.
„Die Architekturstudenten erhielten durch dieses Projekt die Möglichkeit, durch ihre Entwürfe Ideen dafür zu entwickeln und erstmals einen eigenen Entwurf umzusetzen. Als angehende Architekten bringen sie eine Fähigkeit ein: Schöne Orte und qualitätvolle Architektur zu schaffen. Sie lernen, ihre Ideen mit sehr konkreten Notwendigkeiten abzugleichen und ihre abstrakte Planung in der Umsetzung zu reflektieren“, so Juniorprofessor Stefan Krötsch von der TU Kaiserslautern zum Win-Win-Effekt des Projekts, das die Zielsetzungen des Forschungsschwerpunkts Holz (T-Lab) an der TU Kaiserslautern im Maßstab 1:1 wiederspiegelt.
Zunächst wurden gemeinsam mit Flüchtlingen Raumprogramm und Rahmenbedingungen erarbeitet. In einem äußerst intensiven Sommersemester wurden dann Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung, Tragwerksplanung, Visualisierungen, Massen-, Termin- und Kostenplanung erarbeitet. Die Studierenden entwickelten anfangs in Einzelarbeit Entwürfe, aus denen fünf zur vertieften Bearbeitung in Gruppen ausgewählt wurden. In einer Jurysitzung wurden die Arbeiten Anfang Juni präsentiert, diskutiert und der auszuführende Entwurf bestimmt. Mitglieder der Jury waren: Manfred Beuchert und seine für Spinelli zuständige Mitarbeiterin Janin Gürüz, Tatjana Dürr, Referentin für Baukultur der Stadt Mannheim, Jens Weisener, Projektgruppe Konversion der Stadtplanung Mannheim sowie die betreuenden Professoren Stefan Krötsch, Andreas Kretzer und Jürgen Graf.
„Dem ausgewählten Entwurf von Sandra Gressung, Sascha Ritschel und Tobias Vogel gelingt es in besonders eindrucksvoller Weise mit guter architektonischer Gestaltung die städtebaulich schwierige Situation zu klären und den zukünftigen Nutzern die selbstverständliche Identifikation mit dem Gebäude zu ermöglichen. Der eingeschossige Baukörper ist quer zum Verlauf der Völklinger Straße ausgerichtet“, urteilte die Jury einstimmig. Innen- und Außenräume sind in sorgfältig komponierter Abfolge voneinander abgegrenzt oder gehen fließend in einander über. Die Wände des Hauptgebäudes setzen sich nach Norden in den Außenraum fort und lassen zwei Höfe von unterschiedlichem Charakter entstehen. Ein allseits umschlossener Hof mit überdachten Sitzbereichen dient als Garten, Rückzugsbereich und Ort der Stille. Nach Süden und Westen orientierte Sitzbereiche fassen einen großen Veranstaltungshof, der sich einladend nach Westen zur Allee hin öffnet.
Ein Gemeinschaftsraum ist zu diesem Hof hin orientiert, so dass er als Bühne für Veranstaltungen dienen kann. Zwei unterschiedlich große Lagerräume, die auch als Kiosk und als Werkstatt dienen können, komplettieren das Raumprogramm. Nach Süden öffnet sich ein besonnter und überdachter Sitzbereich. Auf kleinstem Raum entsteht also eine Vielfalt von Aufenthaltsqualitäten, die es den Nutzern erlaubt, sich das Gebäude auf sehr individuelle Weise anzueignen. Tragwerk, Wand- und Deckenoberflächen, Bodenbelag und Möblierung sind aus unbehandeltem Holz, dessen vertraute Wärme, Ästhetik und Haptik zur Benutzung der Architektur einladen. Die materialgerechte Konstruktion ist einfach, kostensparend und nutzt das Potential vieler helfender Hände.
Übersicht des Projektteams:
Bauherr: Regierungspräsidium Karlsruhe, Manfred Beuchert
Bauherrenvertretung | Projektsteuerung: Baukompetenzzentrum der Stadt Mannheim, Tatjana Dürr
Studierende: Johannes Ackermann, Soheyl Aslani, Sandra Gressung, Sonja Hiegle, Annika Koch, Alina Kohl, Tobias Kohlstruck, Bei Liu, Lukas Weber, Konrad Peter, Viktor Poteschkin, Sascha Ritschel, Arved Sartorius, Manuel Scheib, Nicolas Treitz, Tobias Vogel, Lu Yuan, Ying Zhang
Freiwillige Helfer: Barry Alieu, Lamin Bakare, Alhagie Darboe, Ousman Dema, Abubacarr Gagigo, Amanuel Habtom, Okolie Ifeanyi, Lucky Iyare, Adams Jallow, Demba Jawo, Hamadi Jawo, Haruna Jawo, Stanley Okoro, Emmanuel Onyemarin, Dembo Tunkara, Bright Uwubuedere
Wissenschaftliche Mitarbeiter: Sebastian Rauch (Bauleitung) Christian Weisgerber
Professoren: Jun.Prof. Dipl.-Ing. Stefan Krötsch (Tektonik im Holzbau), Jun.Prof. Dipl.-Ing. Andreas Kretzer (Digitale Werkzeuge), Prof. Dr.-Ing. Jürgen Graf (Tragwerk und Material)
Unterstützer: Spax, Festool, Daimler, Famag, Hornbach, Handwerkscenter Holz, Baumschule Huben, Cornelie Leopold, Anja Glässl, Familien Kohlstruck, Ritschel und Vogel