Mainz – Die Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen zeichnet eine junge Wissenschaftlerin und zwei junge Wissenschaftler mit dem IHK-Preis 2016 aus. Die mit insgesamt 5.000 EUR dotierte Förderung des akademischen Nachwuchses vergab die Jury an die Bauingenieurin Laura Stiehl, den Maschinenbauer Christian Jörg und den Betriebswirt Dr. Christoph Klein. Für herausragende Leistungen in der beruflichen Weiterbildung erhielt die Personalfachkauffrau Caroline Vogelsang den mit 2.500 EUR dotierten Sonderpreis „Beste der Besten“. Ein aus Anlass des Regionaljubiläums „200 Jahre Rheinhessen“ einmalig gestifteter Sonderpreis der IHK wurde ebenfalls an Laura Stiehl zugesprochen.
IHK-Präsident Dr. Engelbert Günster sagte anlässlich der Preisverleihung: „Die Innovationsfähigkeit der rheinhessischen Unternehmen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für ihre Wettbewerbsfähigkeit. Gerade kleine und mittlere Unternehmen können kein umfangreiches Detailwissen in eigenen Forschungs- und Entwicklungs-Abteilungen vorhalten. Deshalb ist die Kooperation mit der angewandten Forschung für sie ein praktikabler Weg, um eigenes Know-how zu generieren und zu optimieren.“ Zudem schafft der Wissenstransfer nach den Worten Günsters eine weitere Chance für die Betriebe: „In Zeiten wachsenden Fachkräftemangels bietet sich die Gelegenheit, potenzielle Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden.“ Vor diesem Hintergrund lobte der IHK-Präsident auch das Bestreben in der rheinland-pfälzischen Bildungspolitik, die Durchlässigkeit des Bildungssystems weiter zu erhöhen.
Den Festvortrag anlässlich der Verleihung des IHK-Preises 2016 hielt Günter Reichart, Vorstand der EWR AG mit Sitz in Worms. Sein Thema war die „Energiebranche im Wandel: wie Dezentralisierung und Digitalisierung den Change Prozess beeinflussen.“ Er gab dabei einen intensiven Einblick in die neuere Entwicklungsgeschichte der Energieversorger, die seit der Liberalisierung von tiefgreifenden Veränderungsprozessen erfasst werden: Die Energiewende löst die zentral gesteuerte Versorgung auf und macht die Konsumenten gleichzeitig zu Produzenten („Prosumer“) in Sachen erneuerbarer Energie. Und in dieser aktiven Rolle agiert der Kunde selbstbewusst im Wettbewerbsmarkt der Energieanbieter. Während in der Rolle des Netzbetreibers weiterhin ein Monopol besteht – streng reguliert durch die Bundesnetzagentur. In diesem Umfeld gelte es sich zu behaupten, auch und vor allem als regionaler Anbieter. Denn die Dynamik, mit der sich die Rahmenbedingungen veränderten, nehme rasant zu, berichtet Reichart. Vor die Herausforderungen der Digitalisierung gestellt, gelte es, die passenden Antworten zu geben. „Smart Meter und das Smart Home werden in Zukunft unsere Lebenswelt auf völlig veränderte Grundlagen stellen“, ist sich Reichart sicher. Das Smartphone kommuniziert mit der Heizungsanlage, der Kühlschrank mit dem Online-Lieferdienst. „Welche Rolle spielt da noch der Mensch, das persönliche Erleben und Agieren?“ Dies wird eine der zentralen Fragen sein, die wir selbst bestimmen müssten, betont Reichart. Denn schließlich schafften wir uns diese schöne neue digitale Welt selbst – und damit unseren Platz darin. Und genau um für diese Zukunft gerüstet zu sein, seien Kooperationen mit Hochschulen so wichtig. EWR habe dazu gerade eine Lernpartnerschaft mit der Hochschule Worms initiiert.
Der IHK-Preis wird zum 29. Mal verliehen. Er prämiert hervorragende wissenschaftliche Arbeiten, die an einer Hochschule des IHK-Dienstleistungsbereiches erstellt wurden. Sie sollen eine praktikable, möglichst direkte Umsetzung oder Anwendung in der Unternehmenspraxis erwarten lassen und im Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft liegen. Zugleich soll der akademische Nachwuchs einen Ansporn zur Leistung erhalten. Ergänzt wird der Förderpreis seit dem Jubiläum zum 200-jährigen Bestehen der Kammer im Jahr 1998 durch den Sonderpreis „Beste/-r der Besten“ für herausragende Absolventen der beruflichen Fortbildung.
IHK prämiert Spitzenleistungen an Hochschulen und in der Weiterbildung
Die Träger des „IHK-Preis 2016“
IHK-Preis 2016, dotiert mit 2.000 EUR und IHK-Sonderpreis „200 Jahre Rheinhessen“, dotiert mit 1.000 EUR
Preisträgerin: Laura Stiehl
Thema: „Energieeffizientes Bauen am Beispiel eines Hotelneubaus in lngelheim am Rhein“, Masterarbeit im Studiengang Master Bauingenieurwesen der Hochschule Mainz. Sie wurde betreut von Prof. Dr. Alfons Buchmann in Zusammenarbeit mit dem Bauunternehmen Karl Gemünden als Praxispartner. In der Bewertung erhielt sie die Note 1,0.
Laura Stiehl (*1990) hat am dreidimensionalen Gebäudemodell eine umfangreiche rechnergestützte Wärmebedarfsrechnung für den Neubau eines Hotels mit Geschäftshaus in Ingelheim erstellt. Ein entscheidendes Ergebnis der Arbeit ist, dass eine detaillierte Berechnung der Wärmebrückenverluste eine wirtschaftliche Alternative darstellt zur heute üblichen Anwendung eines pauschalen Wärmebrückenzuschlages. Aus Frau Stiehls Berechnungen ergibt sich auch, welche Bauteile für eine Verringerung der Wärmeverluste durch zusätzliche Dämmung besonders geeignet sind. Sie zeigt am Beispiel von zwei Bauteilen, dass Energiekosten in der Größenordnung von rund 10.000 EUR pro Jahr reduziert werden können – ein Vielfaches der Investitionskosten für die zusätzliche Dämmung. Die Juroren waren überzeugt vom großen Nutzen für die Praxis der Bauwirtschaft. Wegen des hohen Innovationsgehaltes der Arbeit von Laura Stiehl und des engen Regionalbezuges der Forschungsarbeit entschied sich die Jury, der jungen Bauingenieurin auch den mit 1.000 EUR dotierten IHK-Sonderpreis „200 Jahre Rheinhessen“ zuzuerkennen.
Laura Stiehl hat sich schon in ihrer Schulzeit zum Ziel gesetzt, Bauingenieurin zu werden. Sie erwarb ihre allgemeine Hochschulreife am Technischen Gymnasium in Mainz, nahm dann das Bachelorstudium des Bauingenieurwesens an der Hochschule Mainz auf und schloss es im Januar 2014 mit dem Bachelor of Engineering ab. Das daran anschließende Masterstudium beendete sie erfolgreich im Februar 2016 mit dem Master of Engineering.
IHK-Preis 2016, dotiert mit 1.500 EUR Preisträger: Christian Jörg
Thema: „„Einsatz von Funktechnologie für Smart-City und Industrie 4.0“. Masterarbeit im Studiengang Energie- und Gebäudemanagement der Technischen Hochschule Bingen. Sie wurde betreut von Prof. Dr. Markus Lauzi und bewertet mit der Note 1,0.
Christian Jörgs Arbeit befasst sich im weiteren Sinn mit der zunehmenden Verstädterung. Um die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen, ist es nötig, die vorhandene städtische Infrastruktur intelligenter zu nutzen. Hierzu müssen aus großen Flächen und über längere Zeiträume preiswert und standardisiert Daten erfasst und zusammengeführt werden. Christian Jörg hat eine neuartige Lösung zur drahtlosen Vernetzung zahlreicher und über eine große Fläche verteilter Sensoren entwickelt. Dieses neue Funksystem wurde mit finanzieller Unterstützung eines namhaften Energieversorgers realisiert und erstmals erfolgreich bei mehreren wissenschaftlichen Untersuchungen eingesetzt. Beispielhaft genannt seien die online-Dauermessung der Beleuchtungsstärke von Straßenleuchten oder der Luftqualität in großen Veranstaltungsräumen. Die durch das neu entwickelte funkbasierte System gewonnenen Daten können zukünftig helfen, die unbeabsichtigte Verschwendung knapper Ressourcen zu minimieren. Die Jury wertete Christian Jörgs Masterarbeit als Studie über ein Innovationsfeld, das erst am Anfang seiner Entwicklung steht.
Christian Jörgs (*1989) Interesse an Maschinen und technischen Geräten wurde schon in jungen Jahren im Tiefbauunternehmen seines Großvaters geweckt. Der gebürtige Bad Kreuznacher absolvierte nach dem Realschulabschluss die Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechatroniker. Für sein angestrebtes Maschinenbaustudium erlangte er 2010 die Fachhochschulreife. Das Studium beendete er 2013 erfolgreich mit dem Bachelorabschluss an der Technischen Hochschule Bingen. Im direkt anschließenden Masterstudiengang „Energie- und Gebäudemanagement“ wurde er auf das Thema der Mikrocontrollerprogrammierung aufmerksam. Den Mastergrad erreichte er im August 2016 erfolgreich mit der Arbeit, die jetzt mit dem IHK-Preis ausgezeichnet wurde.
IHK-Preis 2016, dotiert mit 1.500 EUR Preisträger: Dr. Christoph Klein Thema: Die bilanzielle Abbildung der Auslagerung von Pensionsverpflichtungen nach Handels- und Steuerrecht“. Dissertation am Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie wurde betreut von Prof. Dr. Roland Euler und bewertet mit „summa cum laude“.
Aufgrund der Risiken und Verantwortungen, die Arbeitgeber mit Pensionsverpflichtungen gegenüber ihren Arbeitnehmern verbunden sind, und aufgrund der aktuellen Zinsentwicklung hat in den vergangenen Jahren ein Trend der „Entsorgung“ solcher Verpflichtungen eingesetzt. So wird zum Beispiel das Asset Management gerne an Fachleute delegiert. In seiner Dissertation schildert und erörtert Dr. Christoph Klein die rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Auslagerung sowie deren bilanzielle Behandlung nach Handels- und Steuerrecht. Von zentraler Bedeutung ist hierbei die steuerbilanzielle Behandlung im Lichte der ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowie der darauf aufbauenden Gesetzesnovellierung. In der Untersuchung wird deutlich, dass steuerrechtliche Bilanzierungsvorbehalte mit restriktiven Bewertungskriterien zu einer erheblichen Unterbewertung von Schulden führen und nicht mit dem Zweck der steuerbilanziellen Gewinnermittlung kompatibel sind. Die Gesetzesnovellierung, deren Ziel die Beibehaltung der stillen Lasten beim aufnehmenden Unternehmen ist, setzt daher nur an den „Symptomen“ der grundsätzlich realitätsfremden Bewertung an. Sie führt zu einem fiktiven Erwerbsgewinn, der nicht mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung im Einklang steht. Die eigentliche Ursache für die Problematik – die unzutreffende Bilanzierung von bestimmten Verpflichtungen in der Steuerbilanz – wurde hingegen nicht beseitigt. Für die Juroren IHK-Preises gab vor allem die Aktualität des Themas den Ausschlag, der Dissertation einen Preis zuzuerkennen.
Dr. Christoph Klein (*1987) nahm an der Johannes Gutenberg-Universität das Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den Wahlfächern Betriebliche Steuerlehre sowie Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung auf, das er mit dem besten Diplom-Examen seines Jahrgangs 2012 abschloss. Während des Studiums betätigte er sich als wissenschaftliche Hilfskraft und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Christoph Klein absolvierte Praktika bei KMPG und bei Pricewaterhouse Coopers und hielt Vorlesungen – unter anderem an Universitäten in Polen und China. Heute arbeitet er in einer Frankfurter Kanzlei.
Sonderpreis „Beste der Besten“, dotiert mit 2.500 EUR
In die Weiterbildungs-Prüfungen bei der IHK für Rheinhessen sind im vorigen Jahr 295 Absolventen gegangen. Das beste Gesamtergebnis mit der Note „sehr gut“ (93 Punkte) hat Caroline Vogelsang in der IHK-Weiterbildungsprüfung „Geprüfte Personalfachkauffrau“ erzielt.
Caroline Vogelsang (*1983) absolvierte ihre Ausbildung zur Kauffrau in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft bei der Wohnbau Mainz. Danach nahm sie neben ihrem Beruf das Studium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Wiesbaden auf, das sie erfolgreich als Betriebswirtin abschloss. Zur Assistentin der Geschäftsführung aufgestiegen, erwarb sie die IHK- Ausbildereignung und nahm dann die IHK-Weiterbildung zur Personalfachkauffrau auf, die sie im Januar 2016 als Jahrgangsbeste abschloss. Heute leitet sie den Geschäftsbereich Personal der Wohnbau Mainz.