Landau – Das Haus zum Maulbeerbaum in der oberen Marktstraße in Landau gibt nach und nach seine Geheimnisse frei. Bürgermeister und Baudezernent Dr. Maximilian Ingenthron hat gemeinsam mit Stadtdenkmalpfleger Jörg Seitz jetzt die ersten Zwischenergebnisse der Untersuchungen der Wandmalereien in dem historischen Gebäude der Öffentlichkeit präsentiert. Zusammen mit Michael Götz, dem Leiter des städtischen Gebäudemanagements, wurde zudem das weitere Vorgehen in Bezug auf das Haus noch einmal erläutert.
„Das Gebäude wurde in den vergangenen Wochen komplett begutachtet“, erläutert Dr. Ingenthron. „Die erfahrene Restauratorin Karen Keller und ihr Team haben an verschiedenen Stellen den Wandverputz Schicht für Schicht mit dem Skalpell abgetragen und so einen Blick in die Geschichte des Hauses zum Maulbeerbaum werfen können“, zeigt sich der Bürgermeister begeistert von den daraus gewonnenen Erkenntnissen der Experten. „Die Wandmalereien sind von sehr hoher Qualität und einzigartig in Rheinland-Pfalz. Die Funde der Fachleute unterstreichen die Auffassung vieler, dass das Haus zum Maulbeerbaum identitätsstiftend für die Stadt Landau ist und daher erhalten werden muss. Ein Abriss wäre für mich ein Akt der Geschichtsvergessenheit“, so Dr. Ingenthron.
Stadtdenkmalpfleger Seitz stellt die wichtigsten Stationen der Geschichte des Maulbeerbaums vor, wie sie die Untersuchung des Gebäudes zu Tage befördert hat. Demnach wurde das Gebäude im Jahr 1692 direkt nach dem großen Stadtbrand sehr hochwertig wieder aufgebaut – und das auf den vorhandenen Grundmauern. Um das Jahr 1716 unterteilten die damaligen Besitzer dann den großen Westsaal im ersten Obergeschoss in zwei kleinere Räume und schmückten einen davon mit Bildern von Blumenranken sowie Sprüchen und Psalmen aus der Lutherbibel. Die Vermutung liege nahe, so Seitz, dass dies anlässlich des 200. Lutherjahrs im Jahr 1717 geschah. Auch andere Städte in der Pfalz hätten das damalige Jubiläum begangen, bekräftigt der Denkmalpfleger. Die dritte wichtige Station in der jüngeren Geschichte des Maulbeerbaums datieren die Experten auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dabei wurden die öffentlichen Bereiche des Gebäudes, vor allem im Erdgeschoss, mit aufwändigen Teppichmalereien verziert.
Vor allem der mögliche Bezug zum Lutherjahr sei eine wichtige Erkenntnis und im wahrsten Sinne des Wortes „gutes Timing“, so Bürgermeister Dr. Ingenthron. „Im Jahr 2017 jährt sich der Thesenanschlag Martin Luthers zum 500. Mal. Die Vorstellung, dass vor 300 Jahren die Landauerinnen und Landauer das damalige Jubiläum ebenso gefeiert haben wie wir jetzt, ist bemerkenswert. Darin sehe ich eine hohe Symbolik.“ Nicht zuletzt eröffne der Luther-Bezug möglicherweise auch eine erneute Chance, auf Fördertöpfe zugreifen zu können, die einen Schwerpunkt auf das Reformationsjubiläum setzen, betont der Baudezernent. Es gelte, aus der großen Vergangenheit des Hauses zum Maulbeerbaum eine gute Zukunft erwachsen zu lassen.
Aktuell ruhen die Untersuchungen der Malereien, da zunächst die weitere Vorgehensweise festgelegt werden muss. Sollte das Haus – wie aktuell vorgesehen – erhalten und irgendwann saniert werden, dürften laut Denkmalpfleger Seitz keine weiteren Flächen freigelegt werden. Dies könnte erst im Zuge der Restaurierung erfolgen. Würde das historische Gebäude nicht erhalten werden, müssten die Fresken zuvor freigelegt und vollständig dokumentiert werden.
Vorgesehen ist, das Haus zum Maulbeerbaum zunächst zu stabilisieren. Wie GML-Werkleiter Michael Götz erläutert, soll dabei von oben nach unten vorgegangen werden. Im kommenden Jahr werden zunächst das Dach neu eingedeckt und das Haus von Aufschüttungen, die es beschweren, befreit. 2018 sollen dann die Arbeiten an der Außenmauer beginnen. Das GML plant für die Haushaltsjahre 2017, 2018 und 2019 mit Investitionen in Höhe von 600.000 Euro. Die endgültige Entscheidung über das weitere Vorgehen fällt am Dienstag, 13. Dezember, im Stadtrat.