Neustadt an der Weinstraße – Mitte Januar konnten nach mehrmonatiger Tätigkeit die Arbeiten zur ökologischen Aufwertung als Wanderfalkenbrutplatz in einem stillgelegten Steinbruch auf Neustadter Stadtgebiet erfolgreich mit der Anbringung einer Nisthilfe in der Felswand abgeschlossen werden.
Nachdem in der Vergangenheit schon öfter Brutverdacht für den Wanderfalken in diesem Gebiet bestand, wurde im Spätwinter 2016 nach mehrjähriger Pause erneut ein balzendes Pärchen beobachtet. Leider führten diese Aktivitäten zu keiner Brut. Bei einer Ortsbegehung durch Klaus Hünerfauth von der unteren Naturschutzbehörde und ortsansässige Ornithologen wurde schnell klar, dass ein zunehmender Baumbewuchs vor der Hauptwand des Steinbruches, etwaiger Freizeitbetrieb durch Kletterer und Mountainbiker sowie möglicherweise das Fehlen einer geeigneten Brutnische eine Brutansiedlung verhindert haben.
Gemeinsam wurde der Plan entworfen, zunächst den inzwischen mehrere Meter hohen Aufwuchs vornehmlich aus Robinien zu entfernen, um dann die Eignung der einzelnen Felsnischen als Brutplatz des Falken näher zu beurteilen. Außerdem wurden angetroffene Freizeitsportler darauf aufmerksam gemacht, dass die Nutzung des Geländes für Klettern und Mountainbiking nicht erlaubt ist, was zu einem deutlichen Rückgang der Aktivitäten führte.
Nach Abschluss der forstlichen Arbeiten durch die Stadt im Oktober 2016 seilten sich die erfahrenen Kletterer mehrfach in die Wand ab und nahmen jede Felsnische einzeln unter die Lupe. Es stellte sich nach weiterer Beratung heraus, dass keine Nische vollständig für eine erfolgreiche Brut geeignet ist. Aufgrund guter Erfahrungen des Wanderfalkenschutzes Rheinland-Pfalz und Saarland mit künstlichen Nisthilfen stand schnell der Entschluss fest, auch hier eine Nisthilfe anzubringen. Der Mußbacher Vogelschützer Bernd Hoos erklärte sich bereit, die Nisthilfe in Eigenarbeit zu bauen, die städtische Umweltabteilung stellte hierfür die notwendigen Sachmittel bereit.
Am zweiten Januarwochenende 2017 stand nun die Anbringung der Nisthilfe an. Dafür fanden sich am frühen Samstagmorgen ein Team aus sechs Leuten, die professionellen Kletterer Michael Lichti und Johannes Klug für die Arbeiten in der Felswand sowie Christoph Bussen, Clement Heber, Bernd Hoos und Marc Teiwes, Vogelkundler der Neustadter Naturschutzverbände, als Helfer im Steinbruch ein. Alle Materialien mussten zunächst einzeln den steilen Berg hinaufgetragen werden, dann konnten die Kletterer mit dem Anbringen einer Seilkonstruktion zum Hochziehen der Werkzeuge, der Nisthilfe und etlicher Kilo Sand als Nistunterlage beginnen. Jedes Teil wurde von den Helfern einzeln 30 Meter hoch in die Wand gezogen, um dort von den Kletterern fachmännisch angebracht zu werden. Nach vier Stunden Schweiß treibender Arbeit in Schwindel erregender Höhe war die Nisthilfe fest montiert und hielt einer kurzen Belastungsprobe stand. Nun darf für die bevorstehende Brutsaison auf einen erneuten Versuch der Falken gehofft werden.
Der Wanderfalke ist der größte bei uns heimische Falke. Ursprünglich war er in ganz Mitteleuropa flächendeckend verbreitet. In der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts setze durch direkte Verfolgung ein starker Bestandsrückgang in ganz Mitteleuropa ein, der sich nach 1950 – begünstigt durch Umweltgifte – stark beschleunigte. Nachdem der Wanderfalke in den 1970er Jahren in Rheinland-Pfalz wie auch größtenteils im übrigen Deutschland als Brutvogel ausgestorben war, begann Anfang der 1980er Jahre eine langsame Wiederbesiedlung ausgehend von Restbeständen in Bayern und Aussetzungen durch den deutschen Falkenorden. Gegenwärtig wird in Rheinland-Pfalz von einem Bestand von maximal 130 Paaren ausgegangen.
Der Wanderfalke ist heute als Brutvogel auf natürliche und künstliche Felshabitate wie Steilwände, Steinbrüche und hohe Gebäude beschränkt, die zudem störungsarm sein müssen. Zunehmender Freizeitbetrieb verhindert ein erfolgreiches Brüten an ansonsten gut geeigneten Stellen. Leider stagniert der Brutbestand im Bereich des Haardtrandes seit einigen Jahren oder zeigt sogar leicht rückläufige Tendenzen. Dies ist neben den Störungen durch Freizeitsportler zum einen auf den sich ausbreitenden Uhu zurückzuführen, der beim Kampf um Nistplätze Wanderfalken vertreiben und auch töten kann. Zum anderen kommt es aber auch heute noch immer wieder zu gezielten Tötungen vor allem durch Vergiftung. Daher ist es dringend notwendig, weitere Nistmöglichkeiten zu schaffen und gegebenenfalls auch regelmäßig zu kontrollieren, um ein langfristiges Überleben der erst vor wenigen Jahren wieder stabilisierten Wanderfalken-Population zu sichern.