Pirmasens – Die seit Mitte 2014 gegen zwei Mitglieder der SPD Pirmasens geführten Ermittlungen wegen Wahlfälschung und Verletzung des Wahlgeheimnisses im Zusammenhang mit den Bundestagswahlen vom 22.09.2013 und den Kommunalwahlen vom 20.05.2014 sind nunmehr abgeschlossen.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass ein Parteimitglied der SPD Briefwähler bei der Beschaffung und Weiterleitung der Briefwahlunterlagen unterstützte, was grundsätzlich zulässig ist. Die Briefwahlunterlagen wurden persönlich den Wahlberechtigten überbracht. Während des Ausfüllens der Wahlunterlagen, insbesondere dem Ausfüllen des Stimmzettels, soll die unterstützende Person aber im selben Raum zugegen geblieben sein. Damit konnte sich die anwesende Person Kenntnis davon verschaffen, wie der Wahlberechtigte gewählt hat. In einigen Fällen soll auch die Kuvertierung der Stimmzettel durch die unterstützende Person übernommen worden sein. Der ursprünglich im Raum stehende Verdacht, dass von Parteimitgliedern ausgefüllte Stimmzettel unverschlossen mitgenommen wurden oder aktiv Wähler aufgefordert wurden, für eine bestimmte Person oder Partei ihre Stimme abzugeben, hat sich durch die Ermittlungen nicht bestätigt; ebenso wenig, dass von Parteimitgliedern eigenmächtig Stimmzettel ausgefüllt wurden.
Das Vorgehen, von dem die Staatsanwaltschaft nach dem Ergebnis der Ermittlungen ausgeht, verstößt gegen § 66 Abs. 1 und 3 Bundeswahlordnung sowie gegen § 49 Abs. 1 und 2 Kommunalwahlordnung. Die unter Verstoß gegen die Wahlordnungen abgegebenen Stimmzettel wurden an den Wahlvorstand weitergeleitet und zu Unrecht als gültige Stimmabgaben gewertet. Damit kam es nach der Bewertung der Staatsanwaltschaft insoweit zur Feststellung eines unrichtigen Ergebnisses der Wahlen.
Wegen acht Fällen der Wahlfälschung und der Verletzung des Wahlgeheimnisses, die sich jeweils hälftig auf die Bundestagswahl 2013 und die Kommunalwahl 2014 bezogen, hat das Amtsgericht Pirmasens auf Antrag der Staatsanwaltschaft Zweibrücken deshalb gegen ein Mitglied der SPD einen Strafbefehl zur Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von 2400 EUR erlassen. Die Angeklagte, die nicht einem Parlament, dem Stadtrat oder einem Ortsbeirat angehört, hat in ihrer Einlassung bestritten, die Stimmabgaben der unterstützten Personen beobachtet zu haben. Die Angeklagte hat nun die Möglichkeit, gegen den Strafbefehl Einspruch einzulegen. Im Falle eines Einspruchs der Angeklagten kommt es zur Prüfung der Tatvorwürfe in einer Hauptverhandlung durch das Amtsgericht Pirmasens. Erfolgt kein Einspruch, wird die im Strafbefehl verhängte Geldstrafe rechtskräftig.
Gegen das zweite Mitglied der SPD Pirmasens wurde das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatnachweises eingestellt. Ein Nachweis, dass dieses Kenntnis von den Verstößen gegen die Wahlordnung durch die Angeklagte hatte oder an diesen beteiligt war, konnte nicht erbracht werden.
Sowohl § 66 Bundeswahlordung als auch § 49 Kommunalwahlordnung Rheinland-Pfalz bestimmen, dass die Stimmzettel bei der Briefwahl unbeobachtet zu kennzeichnen sind und vom Wähler persönlich in den Stimmzettelumschlag einzulegen und dieser zu verschließen ist. Beide Vorschriften dienen dem Schutz des Wahlgeheimnisses.
Der Wortlaut der beiden Vorschriften lautet auszugsweise wie folgt:
§ 66 Bundeswahlordnung: Briefwahl
(1) Wer durch Briefwahl wählt, kennzeichnet persönlich den Stimmzettel, legt ihn in den amtlichen Stimmzettelumschlag und verschließt diesen, unterzeichnet die auf dem Wahlschein vorgedruckte Versicherung an Eides statt zur Briefwahl unter Angabe des Tages, steckt den verschlossenen amtlichen Stimmzettelumschlag und den unterschriebenen Wahlschein in den amtlichen Wahlbriefumschlag, verschließt den Wahlbriefumschlag und übersendet den Wahlbrief durch ein Postunternehmen rechtzeitig an die nach Absatz 2 zuständige, auf dem Wahlbriefumschlag angegebene Stelle. Der Wahlbrief kann bei dieser Stelle auch abgegeben werden. Nach Eingang des Wahlbriefes bei der zuständigen Stelle darf er nicht mehr zurückgegeben werden.
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(3) Der Stimmzettel ist unbeobachtet zu kennzeichnen und in den Stimmzettelumschlag zu legen; § 56 Abs. 8 gilt entsprechend. Für die Stimmabgabe behinderter Wähler gilt § 57 entsprechend. Hat der Wähler den Stimmzettel durch eine Hilfsperson kennzeichnen lassen, so hat diese durch Unterschreiben der Versicherung an Eides statt zur Briefwahl zu bestätigen, dass sie den Stimmzettel gemäß dem erklärten Willen des Wählers gekennzeichnet hat; die Hilfsperson muss das 16. Lebensjahr vollendet haben.
§ 49 Kommunalwahlordnung Rheinland-Pfalz: Durchführung der Briefwahl
(1) Wer durch Briefwahl wählt,
kennzeichnet persönlich seinen Stimmzettel,
steckt ihn, nach innen gefaltet, in den amtlichen Stimmzettelumschlag,
unterschreibt die auf dem Wahlschein vorgedruckte Versicherung an Eides statt unter Angabe des Ortes und des Tages,
steckt den amtlichen Stimmzettelumschlag und den unterschriebenen Wahlschein in den amtlichen Wahlbriefumschlag,
verschließt den Wahlbriefumschlag und übersendet den Wahlbrief vorbehaltlich der Regelung des Absatzes 4 an die darauf angegebene Gemeindeverwaltung. Bei verbundenen Wahlen steckt der Wähler die Stimmzettel, jeden für sich nach innen gefaltet, einzeln in den gemeinsamen Stimmzettelumschlag und verschließt ihn.
(2) Der Stimmzettel ist unbeobachtet zu kennzeichnen und in den Stimmzettelumschlag zu stecken. In den in § 20 genannten Einrichtungen und Anstalten ist Vorsorge zu treffen, dass den Erfordernissen des Satzes 1 genügt wird. Wird der Stimmzettel nicht vom Wähler, sondern durch eine Hilfsperson gekennzeichnet (§ 31 Abs. 2 Satz 2 KWG), so muss diese auf dem Wahlschein an Eides statt versichern, dass sie den Stimmzettel gemäß dem erklärten Willen des Wählers gekennzeichnet hat; die Hilfsperson muss das 16. Lebensjahr vollendet haben. Die Hilfsperson ist zur Geheimhaltung der Kenntnisse verpflichtet, die sie bei der Hilfeleistung von der Wahl eines anderen erlangt hat.
Die maßgeblichen Vorschriften des Strafgesetzbuches lauten:
§ 107a Wahlfälschung
(1) Wer unbefugt wählt oder sonst ein unrichtiges Ergebnis einer Wahl herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) …
§ 107c Verletzung des Wahlgeheimnisses
Wer einer dem Schutz des Wahlgeheimnisses dienenden Vorschrift in der Absicht zuwiderhandelt, sich oder einem anderen Kenntnis davon zu verschaffen, wie jemand gewählt hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.