Mainz – Katholische Akademien seien etwas „Unentbehrliches, nämlich die Fenster der Kirche zur modernen Welt hin“. Das sagte der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, am Sonntag, 31. Januar 2016, bei der Wiedereröffnung des Erbacher Hofes in Mainz.
Die Katholischen Akademien hätten nach dem Zweiten Weltkrieg „die Horizonte der Kirche erweitert und neue Räume für den kirchlichen Auftrag erschlossen. Dies gilt auch für unsere Akademie im Bistum Mainz, den Erbacher Hof." Die Einrichtung, in der Akademie und Tagungszentrum des Bistums Mainz untergebracht sind, war seit 2014, bei laufendem Betrieb, umfassend saniert worden. Mittlerweile hat der Erbacher Hof wieder seinen vollen Betrieb aufgenommen; nur noch wenige Arbeiten stehenden aus.
Die Arbeit der Akademie sei durch den Dialog geprägt, betonte Lehmann. Wörtlich sagte er:
„Dies macht die besondere Offenheit der Akademie aus, dass sie ihre Freiheit nicht im Sinne von Beliebigkeit versteht, sondern wirklich universal, das heißt nach allen Richtungen hin, zum Hören und Sehen bereit ist. Sie unterliegt keinen Nützlichkeitserwägungen und ist in diesem Sinne ‚akademisch' im besten Sinn des Wortes. Dies ergibt einen einzigartigen Freiheitsraum. Er ist geprägt von höchstem Ernst, weil es um die Wahrheit geht. In diesem Sinne gehören zu diesem Gespräch das sorgfältige Hören aufeinander, das Wachsen im Ringen um Einsicht, die große Bereicherung durch den Anderen und Fremden, das oft schmerzliche Überschreiten der eigenen engen Grenzen und die Kommunikation in der einen Wahrheit." Allerdings dürfe die Akademie „nicht nur zu einer Stätte mit weitgehend bloß gesellschaftskritischen und politischen Themen werden. Für manche Themen, die eher verborgen sind, muss sie oft erst eine qualifizierte Öffentlichkeit herstellen", sagte Lehmann.
Auch künftig müssten sich die Katholischen Akademien den Tendenzen einer säkular werdenden Umwelt stellen und gerade deshalb „in sich selbst gut und fest verwurzelt sein". Und weiter:
„Darum ist es gut, wenn die Akademien immer wieder auch zurückgebunden sind an die Kirche und die Kirchenleitungen. Sie sollten dies weniger als Gängelung ihrer Freiheit, sondern als Schutz im Sinne einer stärkeren Verwurzelung im eigenen Mutterboden verstehen."
Darüber hinaus müssten die Akademien „bei aller Universalität und Offenheit ihres Suchens den Mut haben, ihren Standort zu bezeugen", sagte Lehmann.
„Es gibt in vielen grundsätzlichen Fragen die Notwendigkeit, tolerant, also ohne Fanatismus und Fundamentalismus, entschieden Zeugnis für Gott in unserer Welt abzulegen. Wir dürfen uns im geistigen und spirituellen Wettbewerb, der heute überall mehr oder minder offen im Gang ist, mit unserer eigenen Stimme nicht verstecken. Flagge zeigen, ohne sich nur in der eigenen Selbstbehauptung zu zelebrieren, ist eine wichtige Forderung unserer Stunde."
Die Begrüßung hatte der Direktor des Erbacher Hofes, Professor Dr. Peter Reifenberg, übernommen. Gekommen waren unter anderen der rheinland-pfälzische Kulturstaatssekretär Walter Schumacher und die Mainzer Bau- und Kulturdezernentin Marianne Grosse. Reifenberg bedankte sich besonders bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Erbacher Hofes für das große Engagement in der Umbauzeit.
„Die Renovierung bei gleichzeitigem Betrieb war notwendig, um die Arbeitsplätze nicht zu gefährden, aber es war oftmals die Quadratur des Kreises. Deshalb geht ein ganz herzlicher Dank an alle Mitarbeiter, denn sie haben es ermöglicht, dass wir heute hier sein dürfen."
Professor Thomas Duttenhoefer erläuterte anschließend unter der Überschrift „Kreuz und Lebensbaum" das von ihm geschaffene Bronzekreuz für den Innenhof des Erbacher Hofes.
„Es galt ein Zeichen zu schaffen, das auf die Identität des Hauses hinweist",
sagte der Darmstädter Künstler, der unter anderem die Statue des Mainzer Bischofs, Wilhelm Emmanuel von Ketteler, auf dem Bischofsplatz in Mainz geschaffen hat. Das Kreuz stehe nicht nur für die Leidensgeschichte, sondern „ist auch Zeichen für den Auferstandenen". Musikalisch gestaltet wurde die Feierstunde vom Ensemble „CelloPassionato".
Insgesamt 12,5 Millionen Euro haben die umfangreichen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen im Erbacher Hof gekostet. Allein sieben Millionen Euro entfallen dabei auf Brandschutzmaßnahmen und die Sanierung der Sanitäranlagen. Eine Million Euro musste in die Sanierung des markanten Blei-Daches investiert werden. Das von den Architekten Lothar Willius und Rolf Romero geplante Haus war 1988 eingeweiht worden und seitdem – abgesehen von Reparaturen und kleiner Renovierungen – nicht von Grund auf überholt worden. Zunächst war 2014 der Altbau des Erbacher Hofes umgebaut worden. Durch den Umzug des Katholischen Bildungswerkes sind dabei zwei neue Tagungsräume entstanden. Seit April 2015 wurde dann das Haupthaus – der so genannte „Willius-Bau" – saniert. Neben der Umgestaltung des Eingangsbereiches wurden etwa auch die Küche und Speisesäle umgestaltet. Renoviert wurden ebenso die 73 Zimmer des Hauses. Insgesamt gibt es 138 Betten im Erbacher Hof. Das Haus hat insgesamt 15 Tagungsräume und drei Säle.
Kruzifix von Thomas Duttenhoefer eingeweiht
Vor der Feierstunde hatte Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz das von Professor Duttenhoefer gestaltete Kruzifix im Innenhof des Erbacher Hofes eingeweiht. Zu Beginn der Feierlichkeiten hatte Kardinal Lehmann zusammen mit Weihbischof Bentz und dem Mainzer Generalvikar, Prälat Dietmar Giebelmann, einen Gottesdienst in der Bernhard-Kapelle des Erbacher Hofes gefeiert. In seiner Predigt war Kardinal Lehmann besonders auf die Bedeutung der Bildung für den Glauben eingegangen:
„Unter den klassischen Aufgaben der Kirche hat die Bildung – aus dem Glauben heraus und in den Glauben hinein – ein besondere Bedeutung. Wir müssen uns rüsten, um in Gegenwart und Zukunft zu bestehen", sagte der Kardinal. „Der Glaube dürfe sich nicht in eine Nische zurückziehen, sondern müsse sich den Herausforderungen stellen." Weiter sagte er: „Wir haben Antworten, aber wir können sie oft nur an den Adressaten bringen, wenn wir sie vertiefen. Deshalb brauchen wir ein Haus, das den Glauben dolmetscht, damit wir in Kunst, Naturwissenschaften und der Philosophie Gesprächspartner auf Augenhöhe sind", sagte Lehmann.
Im Rahmen der Sanierung war im Oktober 2014 außerdem im Altbau des Erbacher Hofes eine Madeleine Delbrêl-Büste des Künstlers Karlheinz Oswald aufgestellt worden. Darüber hinaus ist die Bernhard-Kapelle des Erbacher Hofes im November 2015 mit einer neuen Orgel ausgestattet worden. Die Henry Jones-Orgel aus dem Jahr 1898 stammt aus einer anglikanischen Kirche in Großbritannien und war vor dem Einbau in Mainz von der Orgelbaufirma Krawinkel in Trendelburg restauriert worden.