Karlsruhe: „Indianerin“ legt das Paddel aus der Hand

Cathrin Dürr beendet erfolgreiche Sportlerkarriere

Cathrin Duerr (Foto: GES/Prang)---
Cathrin Duerr (Foto: GES/Prang)

Karlsruhe –  Cathrin Dürr von den Rheinbrüder Karlsruhe hat in den letzten Jahren die deutsche Canadierriege der Damen angeführt. Sie war vierfache Deutsche Meisterin im Einercanadier (C1) und sicherte sich dreimal in Folge Gold im Zweiercanadier (C2) bei den nationalen Titelkämpfen.

Die Frauen-Canadier-Pionierin war World-Cup Siegerin im C2 und zuletzt 2016 Europameisterin im Kanu-Marathon. Nun muss sie aus gesundheitlichen Gründen ihre erfolgreiche Karriere vorzeitig beenden.

Die aus einer Kanufamilie stammende sechzehnjährige Kajakfahrerin Cathrin Dürr wechselte bereits im Herbst 2005 an den Bundesstützpunkt nach Karlsruhe. Dort konnte sich die hessische Frohnatur schnell in die Mannschaft um die Hantl Zwillinge, Svenja Haberkamm und Janina Knebel integrieren. Die ersten Erfolge auf Süddeutschen Meisterschaften stellten sich schon im Folgejahr ein. Zwei Jahre später in der Damenklasse angekommen, hatte die ehrgeizige Wahl-Karlsruherin ihr 1er-Abitur am Otto-Hahn Gymnasium (OHG) in der Tasche und sportlich reichte es zusammen mit Olympiateilnehmerin Silke Hörmann zum dritten Platz bei der Deutschen Meisterschaft im
Langstrecken-Zweierkajak.

Es war aber immer schon der Traum der quirligen Powerfrau gewesen, auch international für Deutschland zu starten. Mit Einführung der Canadierdisziplin für Frauen im Jahr 2010 hatte Trainer Detlef Hofmann die Idee, der aus einem „Canadierverein“ stammenden Dürr den Vorschlag zu unterbreiten, vom Kajak, in dem man sitzt und mit einem Doppelpaddel fährt, in den Canadier, der kniend mit einem Stechpaddel gefahren wird, zu wechseln. Er brauchte nicht lange um seinem Schützling diese Offerte schmackhaft zu machen, denn die Aussichten auf internationales Flair waren Anreiz genug für die damals 21-Jährige.

Erste Erfahrungen im Canadier sammelte Dürr bereits als Jugendliche spielerisch im Verein und musste somit die Balance für das etwas andere Boot und Paddel nicht von der Pike auf neu lernen.

Aus diesem Grund wagte die heutige Diplom-Bioingenieurin den Wechsel ins Ungewisse und arbeitet sich mit viel Trainingsfleiß an die deutsche Spitze. Nach zwei Vize-Meisterschaften in den Anfangsjahren sicherte sich die „Karlsruher Indianerin“ 2012
ihren ersten deutschen Einer-Meistertitel, den sie danach drei Jahre in Folge verteidigen konnte.

Ihre ersten internationalen Erfolge ließen ebenfalls nicht lange auf sich warten. 2011 gab es bereits Bronze auf der U23 Europameisterschaft im kroatischen Zagreb, ein Jahr später in Portugal folgte die Silbermedaille. Im gleichen Jahr kam auch der erste Einsatz für die deutsche Nummer eins in der A-Nationalmannschaft bei dem Cathrin mit Rang sieben auf der Europameisterschaft in der neuen Disziplin überzeugen konnte. Als das Internationale Olympische Komitee (IOC) 2014 beschloss, die Canadier-Damen ab 2020 in Tokio ins olympische Programm aufzunehmen, war dies Cathrins großes Ziel.

Mit den EM Platzierungen sieben und acht (2013/2014), sowie den Weltmeisterschaftsteilnahmen 2013 und 2015 etablierte sie sich als deutsche Frontfrau im immer größer werdenden Feld der internationalen Canadierfahrerinnen.
Bereits in der Saison 2015 klagte die Vorzeigesportlerin jedoch immer wieder über starke
Hüftschmerzen während des Trainings und den Wettkämpfen. Eine Untersuchung brachte Klarheit: eine Labrumläsion. Eine Operation war langfristig unumgänglich.
Cathrin stellte sich trotzdem Anfang 2016 den nationalen Qualifikationen und qualifizierte sich für den World Cup im Montemor, bei dem sie zusammen mit ihrer Leipziger Partnerin Johanna Handrik die Goldmedaille im C2 gewinnen konnte. Anschließend kam noch die Anfrage des Marathon-Ressorts des Deutschen Kanu-Verbands, ob sie nicht auf der Marathon-EM starten wolle. Mit einem Start- Ziel Sieg sicherte sich die KIT Mitarbeiterin souverän den Europameistertitel im C1 über 19 Kilometer.

Im Anschluss daran musste jedoch die OP folgen und somit war klar, dass die 27-Jährige ihren DM-Titel nicht mehr verteidigen konnte, sondern ihre Saison nach dem Europameistertitel im Kanu-Marathon vorzeitig beenden musste. Dass danach eine lange Reha-Phase von Nöten war, damit rechneten sowohl Cathrin Dürr als auch ihr langjähriges Trainer-Duo Ralf Straub und Detlef Hofmann. Doch das Trio hatte die Hoffnung, diese Phase mit Disziplin und Geduld zu schaffen.

„Wenn wir das jemandem zugetraut haben, dann Cathrin. Sie hat sich schon ihrem Trainingsfleiß hervorgetan und unsere Hoffnung war nicht unberechtigt, dass sie es schaffen kann“, fasst Straub die damalige Entscheidung in Worte. Es war aber auch immer klar, dass bei so einem Eingriff auch ein gewisses Risiko besteht, nicht mehr in den Leistungssport zurückkehren zu können. Leider kam es letztendlich so. Trotz eines akribischen Aufbauprogramms und dem Versuch sich langsam an Belastungen heranzutasten waren immer wieder die Schmerzen vorhanden. Aus diesem Grund
hatte sich Cathrin Dürr selbst gedanklich schon etwas länger damit beschäftigt, das Paddel an den Nagel zu hängen: „Klar bin ich irgendwo enttäuscht, dass meine Karriere nun so zu Ende geht aber der Körper hat mir zuletzt klare Signale gesetzt und der Entschluss aufzuhören, reifte zwischen den Jahren.“

„Für die Rheinbrüder ist es natürlich ein großer Verlust, aber die Gesundheit geht immer vor, denn sie ist das höchste Gut, das wir haben“, bringt es ihr langjähriger Trainer und Wegbegleiter Detlef Hofmann auf den Punkt. „Die Entscheidung ist absolut die Richtige auch wenn ich mir den Angriff auf Olympia 2020 mit Cathrin gewünscht hätte. Cathrin hat so vieles sportlich erreicht, auf dass sie absolut stolz sein kann und sie war immer ein Vorbild für unseren Nachwuchs.“

Ganz muss die Kanu-Rennmannschaft voraussichtlich nicht auf ihre langjährige Vorzeige-Athletin verzichten. Dürr will sich im Nachwuchsbereich als Co-Trainerin engagieren und ihr Wissen gerade bei den Athleten im Canadierbereich weitervermitteln. „Ich weiß sehr zu schätzen, was alle im Verein die Jahre über für mich geleistet haben und davon will ich zumindest ein bisschen was zurück geben.“

Mit Sophie Koch im U23-Bereich oder Sophie Speck bei den Juniorinnen sowie Maya Miller, Lisa Neureuther und Tim Bechtold in der Jugendklasse stehen schon fünf aussichtsreiche Athleten in den Startlöchern, um in die Fußstapfen von Cathrin Dürr bei den Rheinbrüdern zu treten.