Mannheim – „Der Ball ist rund und das Spiel dauert 90 Minuten!“, sagte einst Sepp Herberger. Und wenn der souverän leitende Unparteiische Mario Hildenbrand aus Wertheim das gestrige Nachbarschaftsduell zwischen dem VfR Mannheim und dem SV 98 Schwetzingen nach besagten 90 Minuten abgepfiffen hätte, kein Mensch würde sich in ein paar Wochen mehr an die Partie erinnern. 1:1 wäre sie ausgegangen, nachdem die 250 Zuschauer im Rhein-Neckar-Stadion insgesamt einen doch eher mauen Kick mit ansehen mussten. Doch es kam ganz anders, denn ein anderes Zitat lautet schließlich „Das Spiel ist erst zu Ende, wenn der Schiedsrichter abpfeift“. Und die sechsminütige Nachspielzeit hatte es wahrlich in sich.
Doch fangen wir vorne an. Bei vorfrühlingshaftem Wetter hatte man zu Beginn noch die Hoffnung, dass sich eine ansehnliche Begegnung entwickeln könnte, denn das Spiel begann flott und der VfR erspielte sich zwei Halbchancen durch Marc Haffa (8./14.). Zu früh schaltete die Atik-Elf jedoch einen Gang zurück und so ergaben sich auch für die Gäste zwei gute Möglichkeiten für Patrick Fetzer (Außennetz, 24.) und Fabian Wild (Seitfallzieher, 25.). Erst in der Schlussphase des ersten Durchgangs zeigten sich die Mannheimer wieder etwas ideenreicher. Mustafa Hariri traf nach Vorbereitung von Niko Pavic ebenfalls nur das Außennetz und Pavic selbst ließ die Kugel sogar gleich zweimal in den Maschen zappeln, doch beide Male war den Toren eine Abseitsstellung vorausgegangen. Torlos ging es also in die Kabinen.
Keine 60 Sekunden nach dem Wiederanpfiff lag der Ball dann zum dritten Mal im Gehäuse der Spargelstädter und diesmal zählte der Treffer auch. Der eingewechselte Ugur Beyazal hatte auf den zweiten Pfosten geflankt, Pavic in die Mitte geköpft und Daniel Herm stand goldrichtig und brachte den Ball letztendlich mit dem Kopf über die Linie (46.). Das 1:0!
Mit der Einwechslung von Muharrem Iseni (54.) kam bei den Gästen dann neuer Schwung in die Partie. Keine zwei Minuten später nutzte der Schwetzinger einen groben Patzer von Norbert Kirschner und zog ab. Zum Glück zielte er neben den Kasten von VfR-Keeper Sinan Bal (56.). Der VfR aber gewarnt und in der Folge zunächst näher am 2:0 als das Kohl-Team am Ausgleich. Mustafa Hariri fand jedoch in Behruz Yarahmadi seinen Meister (60.), Gianluca Mantel setzte einen Freistoß nur knapp am Lattenkreuz vorbei (64.), Ugur Beyazal schloss leider zu unplatziert ab (68.) und die wohl größte Chance auf die Entscheidung vergab der freistehende Pavic, der Yarahmiadi auch nicht überwinden konnte (76.).
Mit dem Gegenzug zu dieser VfR-Großchance begann die stärkste Phase der Schwetzinger. David Bouknight zwang Sinan Bal mit einem Distanzschuss zu einer Glanzparade (77.), Michael Kettenmann traf nur den Pfosten (80.) und in einer Situation als die Mannheimer den Ball überhaupt nicht mehr aus der Gefahrenzone bekamen, landete dieser plötzlich an der Hand eines Rasenspielers. Elfmeter für den SV 98 und Kapitän Michael Bitz traf vom Punkt aus ganz sicher zum 1:1 (81.).
Aber wie schon jüngst gegen Bruchsal sollte sich eine Einwechslung von Trainer Hakan Atik ganz besonders auszahlen. Während es letzte Woche noch der Siegtorschütze Niko Pavic war, sollte diesmal Izzeddine Noura in die Bresche springen. Genau 10 Minuten nach seiner Einwechslung legte der VfR-Stürmer seine ganze Schnelligkeit in die Waagschale, war auf der linken Seite auf und davon und im Strafraum nur noch vom bereits verwarnten Malek Örum zu stoppen, der kurz nach dem Elfmeterpfiff mit der Ampelkarte den vorzeitigen Gang vom Feld antreten musste (90.+1). Da der VfR in der jüngeren Vergangenheit aus 11 Metern nicht immer zu glänzen wusste, war die Erleichterung umso größer als 1:0-Torschütze Herm die Verantwortung übernahm und mit einem unhaltbaren Schuss in den Winkel auch für das umjubelte 2:1 sorgte (90.+2). Als kurz danach Noura erneut den Turbo anschaltete und dann auch noch den Blick für den besser postierten Niko Pavic hatte, brachte dieser mit einem Gewaltschuss die Blau-Weiß-Roten endgültig in einen Jubelrausch und sorgte für den 3:1-Endstand (90.+4)!
In der anschließenden Pressekonferenz warfen dann beide Trainer mit Phrasen nur so um sich, was im sowieso schon gut gelaunten VIP-Raum des VfR für zusätzliche Lacher sorgte. Jedoch hob VfR-Coach Atik auch den Zeigefinger und kündigte für das Montagstraining klare Worte an seine Mannschaft an, mit der er trotz des Sieges alles andere als zufrieden war. Bei seinem Gegenüber Steffen Kohl war es genau umgekehrt. Stolz auf die Leistung seiner Mannen, aber unter dem Strich keine Punkte und nur noch 4 Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz 13. Nicht nur vor diesem Hintergrund überwog auf Seiten der Mannheimer unterm Strich aber dann doch die Freude über einen zwar späten, aber dafür umso wichtigeren Derbysieg!