Karlsruhe – Wann und auf welchem Weg kamen die ersten Menschen nach Amerika? Welche Auswirkungen hatte ihr Erscheinen auf die dort vorgefundene Großtierwelt? Das Naturkundemuseum Karlsruhe geht diesen spannenden Fragen nach und präsentiert mit „Amerika nach dem Eis – Mensch und Megafauna in der Neuen Welt“ vom 6.4.2017 bis 28.1.2018 die erste umfassende Ausstellung zu diesem Thema, die in Europa zu sehen ist.
Mammuts, große Bisons und Bodenfaultiere, Riesenwölfe und Säbelzahnkatzen – Großtiere wie diese lebten in den Weiten Amerikas, als am Ende des Eiszeitalters ein Neuankömmling Amerika erreichte: der Mensch. Doch wer waren die ersten Amerikaner? Woher kamen sie? Wann und wie gelangten sie in die Neue Welt? Und welche Auswirkungen hatte die Ankunft des Menschen auf die dort lebenden Großtiere, die Megafauna? Ist deren Aussterben tatsächlich auf die erfolgreich jagenden Menschen zurückzuführen?
Die Ausstellung beleuchtet den Zeitraum der ersten Besiedlung Amerikas durch den Menschen, skizziert die verschiedenen Theorien über mögliche Einwanderungswege und geht der Frage nach, warum viele der bis dahin existierenden Großtierarten nach der Ankunft des Menschen verschwanden. Das Naturkundemuseum Karlsruhe zeigt herausragende Exponate von Leihgebern aus dem In- und Ausland, aber auch aus den eigenen Sammlungen: Artefakte, Fossilien, Skelette und eigens ange- fertigte lebensechte Rekonstruktionen. Es werden neueste Forschungsergebnisse präsentiert und ein Überblick darüber gegeben, was wir über die Besiedlungsgeschichte Amerikas und das Schicksal der Megafauna heute wissen.
Nach einem Überblick über die Evolution und die Ausbreitung des Menschen folgt der Ausstellungsrundgang den geographischen Regionen Amerikas: Von der Bering-Landbrücke, die einst Sibirien mit Alaska verband, geht es weiter über Nord- nach Mittelamerika, wo heute Mexiko ein Zentrum aktueller Forschungen ist, und schließlich nach Südamerika bis nach Feuerland.
Für jede Region werden typische Vertreter der Tierwelt aus der Zeit der Ankunft des Menschen vorgestellt. Aber auch die Spuren, welche die ersten Menschen in Amerika hinterlassen haben, werden präsentiert, ob in Form ihrer Werkzeuge, als Schnittspuren auf Knochen von erbeuteten Tieren, als Fußspuren aus der Frühzeit der Besiedlung Amerikas durch Menschen und in Form früher Bildnisse, der ältesten Kunstwerke Amerikas. Mit der lebensgroßen Rekonstruktion der „Las Palmas-Frau“ nimmt eine der ersten Amerikanerinnen in eindrucksvoller Weise Gestalt an.
So vereint das Naturkundemuseum Karlsruhe in außergewöhnlicher Weise unterschiedliche Disziplinen aus Natur- und Geschichtswissenschaften wie Paläontologie und Archäologie in einer Ausstellung zu einem fachübergreifenden Bild der aktuellen Forschung.
Zu sehen sind Präparate und Skelette heute noch existierender Tierarten wie Moschusochse und Bison, Wolf, Puma und Jaguar, aber auch von deren heute ausgestorbenen Verwandten. So gab es früher noch größere Bisonarten, den Riesenwolf und die Säbelzahnkatzen Nord- und Südamerikas. Auch wahren Giganten begegneten die ersten Menschen auf amerikanischem Boden: Rüsseltieren und Bodenfaultieren von fast saurierartigen Dimensionen sowie riesigen Bären, die ihre heutigen Nachfahren an Größe bei weitem übertrafen. Das Glyptodon, ein Vorfahr heutiger Gürteltiere, erreichte die Dimensionen eines VW Käfer und mit 2.000 kg das 40-fache Gewicht des Riesengürteltiers, der größten heute noch lebenden Art dieser Tiergruppe.
Die Ausstellung zeigt die ganze Vielfalt dieser faszinierenden Megafauna. Besonders eindrucksvoll sind Exponate wie der Skelettabguss eines Kurznasenbären – eine der größten Bärenarten aller Zeiten. Die gewaltige Größe wird durch den unmittelbaren Vergleich mit Präparaten heutiger Bären deutlich. Das Originalskelett der Siedler-Säbelzahnkatze ist ebenso ein Glanzstück der Ausstellung wie der Schädel des gigantischen Wüsten-Bodenfaultiers. Mit dem eigens angefertigten naturgetreuen Modell eines Shasta-Bodenfaultiers scheint ein Tier aus der Vergangenheit wieder lebendig zu werden.
Einzelne Fundstellen haben für die Erforschung dieser Zeit eine besonders große Rolle gespielt. Dies gilt z.B. für die La Brea Tar Pits in Kalifornien, in denen natürlicher Asphalt zutage tritt, der seit Jahrtausenden für zahllose Tiere zu einer tödlichen Falle wurde. Repräsentative Funde dieser von Paläontologen als Konzentratlagerstätte bezeichneten Lokalität werden in der Ausstellung präsentiert, außerdem wird die Fundsituation in einem Diorama dargestellt.
Die in New Mexico gelegenen Fundorte Folsom und Clovis spielten eine herausragende Rolle bei der Klärung der Frage, ob die Besiedlung Amerikas durch den Menschen bereits in der Altsteinzeit oder erst später erfolgte. Clovis-Spitzen sind die bekanntesten Werkzeuge aus der Altsteinzeit Amerikas. Ihre Hersteller galten jahrzehntelang als die ersten Amerikaner. Doch inzwischen ist sich die Fachwelt sicher, dass es schon Jahrtausende vor der Clovis-Kultur Menschen in Amerika gab. Diese Erkenntnis wurde u.a. durch Forschungen am Fundort Monte Verde in Chile ermöglicht, der ebenfalls in der Aus- stellung vorgestellt wird.
Auf der südlich des südamerikanischen Kontinents gelegenen Insel Feuerland endet die Ausstellungs- reise. Noch bis in das frühe 20. Jahrhundert lebten hier mehrere Indianervölker als Jäger und Sammler, bis weiße Siedler diesen Kulturen ihre Lebensgrundlagen nahmen. Seltene Fotodokumente der Feuerländer geben der Menschheitsgeschichte Amerikas ein Gesicht.
Verschiedene Mitmachstationen, an denen man u.a. die Besiedlung Amerikas spielerisch erkunden kann oder erfährt, wie Urzeitforscher arbeiten, runden die Ausstellung ab.
Zur Ausstellung bietet das Naturkundemuseum Karlsruhe ein vielseitiges Begleitprogramm mit Vorträgen, Themenführungen, Aktionstag, Kinderkursen und vielem mehr.