Das Handwerk als gelebte Integration

Jahresbilanz

Zwei Auszubildende aus dem Schornsteinfegerhandwerk als Glücksbringer für Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (r.) und Präsidentin Brigitte Mannert

Kaiserslautern – Präsidentin Brigitte Mannert zieht beim Neujahrsempfang der Handwerkskammer der Pfalz Jahresbilanz für das Handwerk.

Eine gute Wirtschaftsbilanz für das Handwerk in der Pfalz hat Präsidentin Brigitte Mannert beim Neujahrsempfang der Handwerkskammer der Pfalz im Berufsbildungs- und Technologiezentrum Kaiserslautern vor 150 Gästen aus Handwerk, Politik, Wirtschaft und Berufsbildenden Schulen gezogen. Weniger gut fiel dagegen ihre Ausbildungs- und Fachkräftebilanz aus.

In ihrem Rückblick auf das Wirtschaftsgeschehen sprach Mannert von einem eher verhaltenen Jahresbeginn und für den Herbst von „Rekordwerten bei allen Konjunkturindikatoren“. Sowohl das Bauhauptgewerbe als auch die Ausbauhandwerke hätten von günstigen Zinsen und dem Trend profitiert, „vorhandenes Vermögen in Eigenheime und Immobilien zu investieren“. Für die Handwerke des gewerblichen Bedarfs registrierte die Kammerpräsidentin eine eher zurückhaltende Geschäftsentwicklung, während das Kraftfahrzeuggewerbe eine „spürbare Belebung des Handels und der Werkstattgeschäfte erfahren“ habe. Als „gleichbleibend bis nicht ganz so gut“ bezeichnet sie die Entwicklung in den Gesundheitshandwerken, in den Nahrungsmittelhandwerken und bei den Handwerken für den persönlichen Bedarf.

Getrübt wird nach Mannerts Einschätzung die gute Wirtschaftslage durch die „Tatsache, dass es für Handwerksbetriebe immer schwieriger wird, Fachkräfte zu finden“. In diesem Zusammenhang sprach sie sich für „eine Evaluierung des Fachkräftebedarfs im Handwerk und eine Strategie zur Fachkräftesicherung“ aus. Sie verwies auf Umfragen, die einen Fachkräftemangel im Handwerk belegen.

Der Fachkräftemangel sei „kein Zukunftsgespenst, sondern Realität“, sagte Mannert, und, „nicht wenige Betriebe müssen Aufträge ablehnen oder auf die lange Bank schieben, weil sie kein Personal haben, sie auszuführen“.

Sie verwies in diesem Zusammenhang auf eine neue Beratungsleistung der Handwerkskammer zu einem professionellen Personalmanagement. Zur Ausbildungssituation führte Mannert aus, dass im vergangenen Jahr erstmals wieder ein leichtes Plus von knapp einem Prozent bei den Lehrvertragseingängen zu verzeichnen war. „Das ist erfreulich, aber natürlich viel zu wenig“, sagte Mannert und verwies auf verschiedene Projekte, mit denen die Handwerkskammer Gymnasialabgänger und Studienaussteiger für eine Ausbildung im Handwerk gewinnen will. In diesem Zusammenhang berichtete sie, dass mit der „Rahmenvereinbarung zur Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung“ die Landesregierung die Berufsorientierung auch an Gymnasien „verpflichtend festgeschrieben“ habe.

Besonders ausführlich widmete sich die Präsidentin der Zielgruppe der Flüchtlinge und Asylsuchenden. Wie die ganze Gesellschaft, sei auch das Handwerk gefordert, zur Integration dieser Menschen beizutragen.

„Wir sind dazu bereit. Und unser Anspruch ist es, möglichst viele ausbildungswillige und ausbildungsfähige Flüchtlinge in Ausbildung zu bringen“, sagte Mannert. Voraussetzungen dafür seien allerdings die zügige Vermittlung ausreichender Deutschkenntnisse und Rechtssicherheit über den Aufenthaltsstatus während der Ausbildung und für die ersten zwei Jahre danach. Der Anteil von acht Prozent an Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die im Handwerk ausgebildet werden, zeige, dass das Handwerk „ein Stück gelebte Integration ist“.

Die Neujahrsgrüße der rheinland-pfälzischen Landesregierung überbrachte Wirtschaftsministerin Eveline Lemke. Sie dankte dem Handwerk für seine Mitwirkung bei der Integration von Flüchtlingen durch Ausbildung und Beschäftigung. Vor dem Hintergrund der Vorfälle aus der Silvesternacht in Köln, Hamburg und Stuttgart forderte sie rückhaltlose Aufklärung und Bestrafung der Täter, warnte allerdings auch davor, wegen der Verfehlungen Einzelner pauschal Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen und die Vorfälle politisch zu instrumentalisieren.