Niederheimbach/Trechtingshausen – Die Mainzer Stadtwerke AG wird in den kommenden Monaten ihre Planungen zum Bau eines großen Pumpspeicherwerks auf dem Franzosenkopf bei Bingen deutlich verlangsamen.
Davon unterrichtete der Vorstandsvorsitzende Detlev Höhne jetzt die Ortsbürgermeister beider Gemeinden sowie weitere Projektpartner. Grund dafür sind in erster Linie die politischen Rahmenbedingungen für Pumpspeicherwerke in Deutschland, die aktuell aus Sicht der Mainzer Stadtwerke AG nicht dazu geeignet sind, einen wirtschaftlichen Betrieb solcher Anlagen in absehbarer Zeit zu gewährleisten.
„Die gesamte Energiebranche übt sich deshalb zurzeit in Zurückhaltung und wartet ab, wie sich die politische Landschaft in dieser Hinsicht weiter entwickelt“,
verweist Höhne auf ähnliche Entscheidungen anderer Investoren von Pumpspeicherprojekten wie beispielsweise die Stadtwerke Trier oder die Stadtwerke-Gruppe Trianel mit ihren Projekten. Gleichzeitig rechne die Branche aktuell nicht damit, dass die Rahmenbedingungen sich im Vorfeld der kommenden Bundestagswahl wesentlich verbessern. Höhne:
„Seitens der Bundesregierung werden derzeit jedenfalls keine positiven Signale in dieser Richtung ausgesandt.“
Positiv im Sinne des Stadtwerke-Projekts bei Bingen ist immerhin ein aktueller Antrag im Bundesrat, der das weitere Vorantreiben von Pumpspeicherprojekten unterstützen soll. In diese Richtung zielen auch verschiedene Initiativen seitens der aktuellen PSW-Projekte gegenüber der Bundesregierung und der Bundesnetzagentur.
Vor diesem Hintergrund hat sich der Stadtwerke-Vorstand dazu entschlossen, die nächsten kostenintensiven Schritte zur Realisierung des Vorhabens, nämlich die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens und die Sicherung der erforderlichen Grundstücke (vorrangig für das geplante Oberbecken und für das Unterbecken), zunächst zurückzustellen. Für die Umsetzung dieser Maßnahmen wäre ein zweistelliger Millionenbetrag erforderlich. Höhne:
„Eine Investition in dieser Größenordnung könnte nur dann vertreten werden, wenn die Wirtschaftlichkeit des Projektes sichergestellt wäre.“
Höhne bedauert die fehlende Unterstützung durch die Politik für Pumpspeicherwerke, die aus Sicht der Stadtwerke für das Gelingen der Energiewende unabdingbar sind. Gleichzeitig verweist er auf die positive Resonanz aus der Öffentlichkeit und bei den Bürgern vor Ort zu dem Vorhaben der Mainzer Stadtwerke. Äußerst vertrauensvoll verlaufe auch der Dialogprozess mit den Umweltverbänden.
„Wir halten das PSW-Projekt in Nieder-heimbach und Trechtingshausen für ein sinnvolles Projekt und wollen es daher auch nicht auf-geben.“
Die Mainzer Stadtwerke haben bisher rund drei Millionen Euro in die Planungen und Untersuchungen für das PSW-Projekt investiert.
Andererseits müsse man aber den bestehenden Rahmenbedingungen Rechnung tragen und könne das Vorhaben daher jetzt nur deutlich langsamer vorantreiben als ursprünglich geplant.
Weitergeführt werden in den kommenden Monaten die bereits laufenden Voruntersuchungen für das Planfeststellungsverfahren. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um geologische und hydrogeologische Erkundungen für das Oberbecken im Bereich des Franzosenkopfes sowie naturschutzfachliche Erhebungen, vorwiegend ebenfalls am Franzosenkopf, zum Teil aber auch im Bereich Steinbruch/Unterbecken und Baustelleneinrichtungsfläche. Dies geschieht auch deshalb, weil für die Erfassung der Hydrogeologie ein Erhebungszeitraum von einem Jahr notwendig ist und man bei den naturschutzfachlichen Erhebungen auf die jahreszeitlich bestimmten Abläufe angewiesen ist. Darüber hinaus werden einzelne Arbeiten und Untersuchungen zur geologischen Erkundung (Bohrung) sowie zur Grundwasser-, Quellabfluss- und klimatologischen Messung bis zu deren Ende und Sicherung der Daten fortgeführt. Damit sollen die Voraussetzungen für die Umsetzung des Projektes so weit wie möglich geschaffen werden. Zunächst weiterbetrieben werden soll auch das PSW-Infocenter im Bahnhof in Niederheimbach, in dem Informationen zu dem Projekt anschaulich angeboten werden. Die Öffnungszeiten hier werden aber ab 1. Mai 2017 deutlich eingeschränkt.
Höhne:
„Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass Pumpspeicherwerke bei der Energiewende nicht nur eine wichtige Rolle spielen werden, sondern als deren notwendiger Bestandteil anzusehen sind. Hinzu kommt, dass der für das PSW Heimbach vorgesehene Standort aus unserer Sicht zu den besten in Deutschland gehört. Auch die technische Machbarkeit des Projektes wird von uns nach den bisherigen Feststellungen weiterhin sehr positiv eingeschätzt.“
Hintergrund
PSW Heimbach
Das Pumpspeicherwerk Heimbach soll eine Leistung von 280 bis 320 MW (Megawatt) haben und aus einem Ober- und einem Unterbecken bestehen. Abgesehen vom Ober- und Unterbecken sind alle Anlagenteile unter der Erde geplant, insbesondere das Kraftwerk, Transformatoren, Schaltanlage, Energieableitung und Wasserwege. Das Oberbecken auf dem Franzosenkopf wird eine Ausdehnung von 300 mal 440 Meter haben und eine Fläche von rund 14 Hektar aufweisen. Die Ausmaße des Unterbeckens sind 220 mal 250 Meter. Das Unterbecken soll im Steinbruch der Hartsteinwerke Sooneck errichtet werden. Ober- und Unterbecken verfügen über eine Höhendifferenz von 467 Metern und werden durch eine unterirdische Druckleitung über die Maschinenkaverne miteinander verbunden. Die Kaverne ist senkrecht unter dem Oberbecken angeordnet. Die Pendelwassermenge des Pumpspeicherwerks beträgt etwa 1,2 bis 1,5 Millionen Kubikmeter. Dem im Frühjahr 2014 eingeleiteten Raumordnungsverfahren war ein umfangreiches Standortscreening vorgelagert. Dabei wurde in einem für das Land Rheinland-Pfalz flächendeckend durchgeführten Verfahren nach geeigneten Standorten für ein Pumpspeicherwerk gesucht. Darüber hinaus wurden sowohl technische Verfahrensalternativen geprüft und für alternative Energieableitungstrassen verschiedene Varianten untersucht. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass das PSW Heimbach sowohl unter umweltfachlichen als auch unter technischwirtschaftlichen Gesichtspunkten die am besten geeignete Lösung darstellt.