Karlsruhe – Bis Mitte letzten Jahres stand die Schaffung von Gemeinschaftsunterkünften für immer mehr neu angekommene Flüchtlinge ganz oben auf der Agenda des Landkreises Karlsruhe, zwischenzeitlich musste mit 9.600 Plätzen gerechnet werden. Danach ging die Zahl der Asylbewerber auf durchschnittlich 30 Asylbewerber pro Monat zurück und wird sich in den nächsten Monaten auf 50 bis 100 Personen einpendeln. Derzeit sind 2.653 Personen vom Landkreis vorläufig untergebracht, 2.482 in Gemeinschaftsunterkünften, der Rest in Wohnungen. Genauso flexibel, wie Unterkünfte aufgebaut wurden, werden diese auch wieder abgebaut. Frei werdende Kapazitäten bietet der Landkreis den Städten und Gemeinden für die Anschlussunterbringung an, die verpflichtet sind, im laufenden Jahr 2.600 Personen unterzubringen. Viele Kommunen machen von dem sogenannten Kombimodell Gebrauch: mit vieren wurden bereits Verträge geschlossen, mit sieben steht die zuständige Kommunalanstalt des Landratsamts kurz vor Vertragsschluss und mit weiteren zehn Kommunen finden Gespräche und Verhandlungen statt. Der Kreistag begrüßte in seiner jüngsten Sitzung vom 18. Mai ausdrücklich dieses Angebot.
Neu ist der Pakt für Integration, den das Land und die Kommunalen Landesverbände geschlossen haben und für die Jahre 2017 und 2018 mit jeweils 160 Mio EUR dotiert ist. Die Städte und Gemeinden erhalten davon direkt einen Integrationslastenausgleich in Höhe von jeweils 90 Mio EUR pro Jahr, also rund 1.125 EUR pro Flüchtling in der Anschlussunterbringung. Für das Integrationsmanagement stehen 2017 und 2018 jeweils 58 Mio EUR zur Verfügung, womit landesweit 1.000 Stellen finanziert werden. 41 davon fallen rechnerisch auf den Landkreis Karlsruhe. Landrat Dr. Christoph schlug vor, dass der Landkreis das Integrationsmanagement übernimmt, sofern die Gemeinden diese Aufgabe nicht selbst wahrnehmen wollen. Für die Aufgabenübernahme durch den Kreis würde die Vernetzung mit der sozialen Arbeit in der vorläufigen Unterbringung sowie mit der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter sprechen. Der Personaleinsatz könnte gemeindeübergreifend nach dem tatsächlichen Bedarf gesteuert werden und der Landkreis dadurch seine Ausgleichsfunktion wahrnehmen. Außerdem würde auf diese Weise gewährleistet, dass bei der Antragsstellung keine Stellenanteile verloren gehen. Der Kreistag begrüßte diese Überlegungen.
Informiert wurde auch über die Situation des Familiennachzuges. Landrat Dr. Christoph Schnaudigel führte aus, dass dieser derzeit nur zu anerkannten Flüchtlingen und nur in der Kernfamilie, d.h. Vater, Mutter und minderjährige Kinder, möglich ist. Nach Angaben des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kommt auf einen anerkannten Flüchtling etwa ein nachzugsberechtigter Familienangehöriger. Im Landkreis Karlsruhe sind in der Zeit vom 1. Januar 2016 bis April 2017 191 Personen zu Familienangehörigen in den Landkreis gezogen. In Zuständigkeit des Landratsamtes werden aktuell auch 304 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Rahmen der Jugenhilfe betreut und versorgt. 215 Jugendliche sind in stationären Wohngruppen, 54 im betreutem Jugendwohnen und 35 in Gastfamilien untergebracht. Mit einem leichten Anstieg ist mittelfristig zu rechnen.
Landrat Dr. Christoph Schnaudigel wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Zusage aus dem Koalitionsvertrag der Landesregierung, wonach das Land die Kosten der Flüchtlingsunterbringung in Form einer Spitzabrechnung vollumfänglich ersetzt werden, bislang noch nicht eingelöst wurden; sowohl für 2015 (13,4 Mio EUR) als auch für 2016 (16,2 Mio EUR) seien bislang keine Gelder eingegangen, weshalb er darauf drängen werde, eine verbindliche Zusage zu erhalten.