Mannheim – Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH sieht sich derzeit mit schweren Vorwürfen gegen das Unternehmen und einzelne Mitarbeiter konfrontiert. Am Freitag, 2. Juni 2017, fasste Martin in der Beek, der Technische Geschäftsführer der rnv, den Stand der internen Ermittlungen zusammen und stellte zeitgleich die Mannheimer Rechtsanwältin Ruhan Karakul vor, die die Aufarbeitung der Vorwürfe begleiten soll.
„Es ist unerträglich, was man hier erfahren muss“, zeigt sich Martin in der Beek betroffen. „Ich hätte nie erwarten, dass so etwas in einem Verkehrsunternehmen in dieser Art stattfindet.“ Gleichzeitig verspricht in der Beek rückhaltlose Aufklärung. „Das sind wir der Öffentlichkeit schuldig, das sind wir unseren Fahrgästen schuldig, und das sind wir auch den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schuldig, die sich derzeit große Sorgen machen.“
Ende April hatte die rnv Hinweise auf belastendes Videomaterial erhalten und arbeitet seitdem intensiv an der Aufarbeitung der ihr zur Verfügung stehenden Videos. Aufgrund der schlechten Qualität des vorliegenden Videomaterials war allerdings eine bild- und tontechnische Aufarbeitung des Materials in Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister nötig.
Mittlerweile hat die rnv interne Aufklärung zu ersten Erkenntnissen geführt. So gibt es konkrete Hinweise auf Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter. Diese Hinweise haben bereits zu ersten Konsequenzen geführt. Drei Mitarbeiter wurden vom aktiven Dienst abgezogen. Der überwiegende Teil des Materials liefert nach Aussage des Unternehmens, wenig belastbare Beweise, bietet aber dennoch Hinweise auf einen weiteren möglichen Täterkreis. Es bestehe vor allem ein begründeter Verdacht auf rassistische Ausfälle und rassistisch motiviertes Mobbing.
Bei der internen Aufarbeitung sei das Unternehmen nun laut in der Beek an Grenzen gestoßen. „Die letzten Tage waren für mich und mein Team sehr belastend und wir haben konstatieren müssen, dass wir das nicht mehr alleine leisten können“, räumt in der Beek ein. Die weiteren Ermittlungen sollen deshalb nun durch externe Experten durchgeführt werden. Geleitet werden die Untersuchungen durch die Mannheimer Rechtsanwältin Ruhan Karakul, die derzeit als Justiziarin des Zentralrats deutscher Sinti und Roma in Heidelberg tätig ist und ihre Rolle als Ombudsfrau ehrenamtlich übernimmt.
Karakul beginnt ihre Tätigkeit als Ombudsfrau mit einem dringenden Apell: „Rassismus darf weder in Unternehmen, noch sonst wo in der Gesellschaft geduldet werden.“ Bei ihrer Arbeit will sie daher verschiedensten Fragen nachgehen, beispielsweise wie es überhaupt so weit kommen konnte, welches Ausmaß die Vorfälle hatten und ob Fehlverhalten schneller hätte bekannt werden können. Bei ihrer Aufklärungsarbeit wird sie durch ein Team der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young unterstützt. Natürlich gäbe es dabei immer wieder die Möglichkeit zu delegieren, damit man sich auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren könne. „Mein Anliegen ist es aber, so viel wie möglich allein zu machen“, stellt Karakul klar.
Bei der Einordnung des Falles ist Karakul realistisch: „Die Gesellschaft ist nicht frei von Rassismus. Und natürlich transportiert sich Rassismus daher auch so in ein Unternehmen“, so Karakul. „Ich kann nicht sagen, dass das ein Novum ist, aber wir müssen dieser Sache auf den Grund gehen und im Anschluss Aufklärungsarbeit leisten.“
In der Beek, der sich sicher ist, in Ruhan Karakul die richtige Frau für diese schwierige Aufgabe gefunden zu haben, schließt mit einem Appel an Journalisten, Mitarbeiter und Öffentlichkeit. „Ich bitte Sie ganz inständig darum: Helfen Sie uns bei der Aufklärung. Wenn Sie Material haben, geben Sie es Frau Karakul.“ Im Verlauf der nächsten Woche werden aus diesem Grund eine Homepage und eine Telefonnummer für anonyme Hinweise eingerichtet. Hierüber wird gesondert informiert.
Zum Hintergrund
Bereits im Mai 2016 machte ein ehemaliger Mitarbeiter die rnv auf angebliche Verfehlungen einzelner Mitarbeiter aufmerksam. Der Mitarbeiter gab an, über belastendes Material zu verfügen, verweigerte aber trotz mehrfacher Aufforderung die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen. Daraufhin angestrengte Untersuchungen verliefen ergebnislos.
Ende April 2017 erhielt die rnv einen Hinweis, wonach auf der Onlineplattform youtube belastendes Material veröffentlicht worden sei. Dieses wurde vom Unternehmen umgehend nach Bekanntwerden gesichert. Seit Anfang Mai 2017 wurde das mit versteckter Kamera und in extrem schlechter Qualität aufgenommene Material mit hohem technischem und zeitlichem Aufwand ausgewertet. Nun liegen erste Ermittlungsergebnisse vor.