Kaiserslautern – Laut einer EU-Richtlinie wird herkömmlichem PKW-Diesel sieben Prozent Biodiesel beigemischt. Bis 2020 soll dieser Anteil auf zehn Prozent steigen.
Aus technischer Sicht ist dies jedoch schwierig: Biodiesel siedet bei höheren Temperaturen, was zu Problemen bei elektronischen Einspritzanlangen und Rußpartikelfiltern führen kann. Forscher aus Kaiserslautern, Bochum und Rostock haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie aus konventionellem Biodiesel bei niedrigeren Temperaturen einen Petrodiesel-ähnlichen Kraftstoff herstellen. Dieser kann unverdünnt in modernen Dieselmotoren zum Einsatz kommen. Die Forscher stellen ihre Arbeit in der renommierten Fachzeitschrift Science Advances vor.
Biodiesel wird in Europa zum Großteil aus Rapsöl gewonnen. Chemisch gesehen besteht er aus langkettigen Kohlenwasserstoff-Verbindungen, sogenannten Fettsäuremethylestern. Er besitzt andere Eigenschaften als Diesel, der aus Mineralöl gewonnen wird. Der Siedepunkt ist zum Beispiel deutlich höher. Dadurch verdampft Biodiesel nur unvollständig und lagert sich auf Motorteilen ab. Dies macht ihn als alleinigen Kraftstoff ungeeignet. Einspritzpumpen, Dichtungen und Schläuche müssten anders konstruiert sein.
„Autos, die mit reinem Biodiesel betankt werden, benötigen eigens dafür konzipierte Motoren“,
sagt Professor Dr. Lukas Gooßen.
Gemeinsam mit den Chemikern Kai Pfister und Sabrina Baader vom Sonderforschungsbereich „3MET“ der TU Kaiserslautern hat Gooßen eine Technik entwickelt, in der sie Biodiesel neuartig aufbereiten.
„Wir überführen ein Gemisch aus Pflanzenfettestern und Bioethylen, eine weitere chemische Verbindung, fast ohne Energiezufuhr in einen Kraftstoff“, sagt der Professor. „Dieser kann unverdünnt in modernen Dieselmotoren verbrannt werden.“
Das Besondere an der neuen Technik ist, dass die Forscher die chemischen Eigenschaften des Gemisches gezielt verändern können.
„Wir kombinieren hierbei zwei katalytische Verfahren, mit denen wir die langkettigen Fettsäureester des Biodiesels in eine Mischung aus Verbindungen mit kürzeren Ketten umwandeln“,
erläutert er den Prozess. Dadurch ändern sich etwa die Zünd- und Verbrennungseigenschaften des Biodiesels. So setzt der Verbrennungsprozess bei geringeren Temperaturen ein.
„Wir können unseren Biodiesel so an die geltenden Normen für Petrodiesel anpassen“,
fährt Gooßen fort. Darüber hinaus ist der Prozess recht umweltschonend: Es werden weder Lösungsmittel benötigt, noch entstehen Abfallprodukte.
Die beiden Verfahren wurden in mathematischen Simulationen von Mathias Baader von der TU Kaiserslautern aufeinander abgestimmt. Silvia Berndt von der Universität Rostock hat zudem den Nachweis erbracht, dass das Gemisch die strikte Norm (EN 590) für moderne Dieselmotoren erfüllt. In ersten Versuchen hat Kai Pfister bereits gezeigt, dass dieser neue Dieselkraftstoff ein Modellauto tatsächlich bewegen kann.
Die Arbeiten fanden im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „3MET“ (SFB/TRR 88 „Kooperative Effekte in homo- und heterometallischen Komplexen“) an der TU Kaiserslautern und des Excellenzclusters „RESOLV“ („Ruhr Explores Solvation“) an der Ruhr-Universität Bochum statt. Gefördert wurden sie zudem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und der Carl Zeiss-Stiftung.
Gooßen ist Evonik-Stiftungsprofessor für Organische Chemie an der Ruhr-Universität Bochum. Bis letztes Jahr forschte er an der TU Kaiserslautern, wo die neue Technologie entwickelt wurde. Seine Doktoranden Kai Pfister und Sabrina Baader haben ihre Promotion in der Zwischenzeit beendet und arbeiten nun in der Industrie.
Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht: „Biofuel by isomerizing metathesis of rapeseed oil esters with (bio)ethylene for use in contemporary diesel engines“.