Wörth / Neustadt an der Weinstraße – Der Betreiber eines Containerterminals im Landeshafen von Wörth hat sich in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren mit Erfolg gegen eine Verbotsverfügung der Stadt Wörth am Rhein gewandt, die ihm untersagt hat, die durch das Hafengelände hindurchführende Straße für den öffentlichen Verkehr durch zwei Tore zu verschließen. Dies geht aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. Juli 2017 hervor.
Die Antragstellerin ist ein Logistik-Dienstleister, der im Landeshafen von Wörth am Rhein den Umschlag von Waren etc. organisiert. Das im Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz stehende 186 ha große Hafengelände ist an die Hafenbetriebe Rheinland-Pfalz GmbH, eine 100% ige Gesellschaft des Landes Rheinland-Pfalz, verpachtet. Diese hat seit vielen Jahren eine Teilfläche des Hafengeländes an die Antragstellerin vermietet.
Das Hafengrundstück wird verkehrsmäßig erschlossen über die Kreisstraße 25, die zur Bundesstraße 9 führt. Innerhalb des Hafengrundstücks verläuft eine asphaltierte Straße, auf dem Kfz- als auch Fußgänger- und Radverkehr stattfindet. An seinem südöstlichen Ende grenzt es u.a. an einen Bermenweg an, der Teil des dort gebauten Rheinhauptdeiches ist. Der Bermenweg darf von Radfahrern und Fußgängern auf eigene Gefahr genutzt werden. In der Nähe des Bermenweges wird seit über 50 Jahren an der Ritterhecke eine Gaststätte betrieben. Ferner hat dort der Segelverein RKC Wörth e.V. sein Vereinsgelände. Der Streckenabschnitt zwischen dem Beginn des Bermenweges und einem Aussiedlerhof in Richtung des Wörther Ortsteils Maximiliansau ist für den öffentlichen Kfz-Verkehr nicht zugelassen. Lediglich der landwirtschaftliche Verkehr ist von diesem Verbot ausgenommen. Südlich des Aussiedlerhofes ist bis zu diesem der Anliegerverkehr zugelassen. Der Bermenweg mündet knapp 1 km im Süden in die Rheinstraße in Maximiliansau.
Die Wegeführung des in der Vergangenheit durch das Hafengelände führenden offiziellen Rhein-Radwegs wurde in der Zwischenzeit dahingehend geändert, dass der Radweg nunmehr durch die Stadt Wörth hindurchgeführt wird und erst nördlich des Landeshafens wieder auf die ursprüngliche Strecke zurückführt.
Im Dezember 2015 vermietete die Hafenbetriebe Rheinland-Pfalz GmbH die durch das Hafengelände führende Straße ab 2016 an die Antragstellerin. In dem geschlossenen Vertrag räumte die GmbH der Antragstellerin das Recht ein, die Straße auf beiden Zufahrtsseiten durch Errichtung von Zäunen und Toren für den öffentlichen Verkehr zu sperren.
Bei der Suche nach Alternativstrecken für den öffentlichen Verkehr sah die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vor, für einen Übergangszeitraum den Bermenweg entlang des Aussiedlerhofes als Erschließungsstraße für den Anliegerverkehr zur Ritterhecke vom Hafen Maximiliansau zu nutzen. Die Stadt Wörth am Rhein (im Folgenden Antragsgegnerin) stimmte dem im März 2017 zu und bestätigte die Änderung der angebrachten Verkehrszeichen von „frei für die Landwirtschaft“ in „frei für Anlieger“. Unmittelbar danach erteilte der Landkreis Germersheim der Antragsgegnerin eine Genehmigung nach der Rheindeichordnung zur Anpassung des Bermenweges dergestalt, dass dieser künftig zwischen dem Aussiedlerhof und dem Abzweig zur Gaststätte auch für Anlieger genutzt werden kann.
Ebenfalls im März 2017 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, die Absperrung der Hafenstraße im Hafen Wörth sei im Bereich ihres Containerterminals nicht zu vermeiden. Sie werde die Hafenstraße innerhalb ihres Terminalgeländes generell für den öffentlichen Verkehr ab dem 10. April 2017 sperren. Daraufhin erließ die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin am 4. April 2017 ein für sofort vollziehbar erklärtes hafenrechtliches Verbot, die Straße zu sperren. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin u.a. aus, sie allein sei zu der Entscheidung, ob die Straße im Hafengelände gesperrt werden könne, zuständig. Die beabsichtigte Maßnahme der Antragstellerin sei unverhältnismäßig, da es mildere Mittel gebe. Das angeführte Sicherheitsproblem lasse sich durch die Anbringung eines Sicherheitsstreifens entlang der Straße und Installation einer Zaunanlage lösen. Damit werde den Fischereiausübungsberechtigten, Grundstückseigentümern, Freizeitsportlern und Radfahrern eine geringer eingreifende Maßnahme angeboten.
Die Antragstellerin legte dagegen Widerspruch ein und suchte um vorläufigen gerichtlichen Rechtschutz mit der Begründung nach, die Antragsgegnerin müsse die Sperrung der Hafenstraße hinnehmen. Die Gefahren, die dem Verkehr und Personen durch die Nutzung der Hafenstraße drohten, seien real und unmittelbar. Jede weitere Verzögerung könne zu einer Beschädigung von Leib und Leben sowie Eigentum führen. Seit Monaten habe die Antragsgegnerin zugesagt, Änderungen betreffend den Bermenweg nach Maximiliansau dergestalt vorzunehmen, dass dort nicht nur der Fahrrad- und Personenverkehr, sondern auch PKW Verkehr auf dieser Straße zugelassen werde. Die Einhaltung der Zusage sei bisher aber nicht erfolgt.
Inzwischen hat das Land Rheinland-Pfalz mit Erklärung vom 4. Juli 2017 gegenüber der Antragsgegnerin die bisherige Duldung der Nutzung der Hafenstraße im fraglichen Bereich widerrufen und um Bestätigung der Berechtigung zur Schließung der Hafenstraße innerhalb des Hafengeländes gebeten.
Die 4. Kammer des Gerichts hat dem Eilantrag der Antragstellerin gegen die hafenrechtliche Anordnung vom 4. April 2017 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Der Bescheid könne nicht auf die Landeshafenverordnung gestützt werden, da hier keine hafenspezifische Gefahr vorliege. Die Verfügung bezwecke nicht den Schutz des Hafenbetriebs, sondern diene allein der Aufrechterhaltung des öffentlichen Straßenverkehrs innerhalb des Hafengeländes.
Eine Umdeutung der hafenrechtlichen Anordnung in eine straßenrechtliche Verfügung scheide aus, da der betroffene Straßenabschnitt innerhalb des Hafengeländes mangels Widmung keine öffentliche Straße im Sinne des Straßenrechts sei.
Die Verbotsverfügung könne auch nicht in eine polizeirechtliche Verfügung umgedeutet werden. Zwar liege eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor, denn eine eigenmächtige Sperrung der Hafenstraße, einer tatsächlich-öffentlichen Verkehrsfläche, stelle zivilrechtlich eine unzulässige Selbsthilfe und eine verbotene Eigenmacht dar. Jedoch habe die Antragsgegnerin ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt, da sie die Interessen der Antragstellerin nicht hinreichend gewürdigt habe.
Das Land Rheinland-Pfalz, das einen Teil des Hafengrundstücks an die Antragstellerin vermietet habe, sei Eigentümer der auf dem Hafengrundstück verlaufenden Straßenfläche. Das dem Land zustehende privatrechtliche Hausrecht ermögliche es, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem der Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er verwehrt werde. Das Land Rheinland-Pfalz sei daher berechtigt, sein zuvor erfolgtes Einverständnis zur Nutzung des Straßenabschnitts durch die Öffentlichkeit zu widerrufen. Es müsse zur Wahrnehmung seiner Rechte aber die von der Rechtsordnung vorgesehenen behördlichen und gerichtlichen Mittel ergreifen und sich einen entsprechenden Rechtstitel verschaffen.
Die Antragsgegnerin habe in dem Bescheid vom 4. April 2017 nicht hinreichend beachtet, dass das Land Rheinland-Pfalz als Eigentümer des Hafengrundstücks vom Prinzip her einen Anspruch auf Zustimmung zu dem Widerruf habe und über sein Eigentum frei verfügen dürfe. Die Antragsgegnerin habe die betroffene Verkehrsfläche wie eine öffentliche Straße im Sinne des Straßenrechts behandelt, obwohl diese Voraussetzungen nicht gegeben seien. Die Antragsgegnerin habe ermessensfehlerhafte Erwägungen in Bezug auf die in Betracht kommende Alternativstrecke über den Bermenweg angestellt. Diesbezüglich unternehme die Antragsgegnerin faktisch nichts, um eine zügige Inbetriebnahme der Alternativstrecke über den Bermenweg für den Anliegerverkehr herbeizuführen. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass im Falle der Einführung des Anliegerverkehrs zwischen dem Aussiedlerhof und der Abzweigung zur Gaststätte an der Ritterhecke zwar die von der Gaststätte und dem Segelverein genutzten Grundstücke über den Bermenweg erschlossen wären, jedoch der bisherige Fahrradverkehr durch das Hafengelände nicht länger stattfinden könnte. Der Fahrradverkehr auf der Hafenstraße im Hafengelände sei jedoch nicht geschützt, da der betroffene Straßenabschnitt innerhalb des Hafengeländes keine gewidmete öffentliche Straße sei. Der offizielle Rhein-Radweg führe auch nicht mehr durch das Hafengelände, so dass das Land Rheinland-Pfalz nicht gehindert sei, den Radverkehr im Hafen auszuschließen. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Erschließung über den Bermenweg seien gegeben.
Der weitere Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der festgestellt werden solle, dass die Antragstellerin berechtigt sei, die Hafenstraße für den öffentlichen Verkehr zu sperren, sei allerdings unzulässig. Denn der Antragstellerin fehle die erforderliche Antragsbefugnis, da den Feststellungsantrag nur der Grundstückseigentümer stellen könne. Es stehe dem Land Rheinland-Pfalz, das inzwischen am 4. Juli 2017 gegenüber der Antragsgegnerin die Duldung der Nutzung der Hafenstraße innerhalb des Hafengeländes widerrufen und die Feststellung begehrt habe, dass sie berechtigt sei, die Hafenstraße in dem fraglichen Teilstück zu sperren, frei, selbst einen Antrag auf Erlass einer vorläufigen Feststellung zu stellen.
Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 5. Juli 2017 – 4 L 603/17.NW –