Mannheim – Am 16. Oktober 2017 präsentiert sich das Sinfonieorchester der Musikhochschule Mannheim ab 19.30 Uhr im Musensaal des Mannheimer Rosengartens
unter der Leitung des neuen Professors für Orchesterleitung Sinfonik an der Musikhochschule Mannheim. Im Vorfeld zu diesem Konzert gab Stefan Blunier
Einblicke in die Programatik dieses Sinfoniekonzertes mit dem Beinamen „Kontraste“:
“Im Zentrum des heutigen Programmes steht Mahlers symphonisches Erstlingswerk, die Sinfonie Nr. 1 in D- Dur mit dem vom Komponisten ursprünglich vorgesehenen Beinamen „Titan“. Sie entstand in der Zeit von Januar bis März 1888 in Leipzig, Vorarbeiten reichen jedoch bis in das Jahr 1884 zurück. Mahler war sich zunächst unschlüssig, ob er das Werk als Sinfonische Dichtung oder als Sinfonie konzipieren sollte. Die vorgesehene Großgliederung der Sätze in zwei Teile fiel im Lauf der Zeit ebenso weg wie ein ursprünglich an zweiter Stelle stehender zusätzlicher Satz mit dem poetischen Beinamen „Blumine“, den wir dann auch bei unserem Konzert in Heidelberg am 12. Oktober 2017 interpretieren werden. Bei den ersten Aufführungen versuchte Mahler, dem Publikum den Zugang zu der Sinfonie durch Werk- und Satztitel zu erleichtern, zog diese jedoch später zurück „weil ich es erlebt habe, auf welch falsche Wege hiedurch das Publikum geriet“. Zweifelsohne ein Meisterwurf, zeigen sich in dem frühen Werk alle Parameter seines späteren kompositorischen Schaffens; subtilste Orchestrierung wie der Anfang des 1. Satzes mit den Naturlauten, ein wild herausfahrendes wie auch derbes Scherzo, ein depressiv verklärt langsamer Satz mit volksmusikentlehnten Weisen, quasi ein Vorgriff zu Charles Ives und ein großangelegter in Pathos und Übersteigerung endender Finalsatz.
Diesen dichten und ernsten kompositorischen Ansatz möchte ich mit einem Werk von Witold Lutoslawski kontrastieren. „Jeux vénetiens“ entstand 1961 als Auftragswerk
der Krakauer Philharmoniker, erstaufgeführt in Venedig, daher wohl die Namensgebung. Als „Spiel“ deklariert, erscheint es als ein Werk grenzenloser Freiheit, weil die Musiker autark auf die Zeichengebung des Dirigenten reagieren müssen. Vorgegebene kompositorische Module, werden von jedem Spieler eigenständig umgesetzt, vieles ist dem spontanen, vor allem rhythmischen Zufall untergeordnet, so dass bei jeder Aufführung ein leicht verändertes Klangergebnis zustande kommen wird. Diesen Kompositionsstil nennt man Aleatorik, ein Begriff, der sich vom lateinischen Wort „aleatorius“ ableitet und soviel bedeutet wie „zum Spieler gehörig“ (alea: „Würfel, Risiko, Zufall“). Ein Werk der klassischen Moderne, mit zauberhaften Klangerlebnissen, trotz des überschaubaren Orchesters mit großen dynamischen Kontrasten versehen, verbunden mit einer spielerisch anmutenden Leichtigkeit, die aber enorm viel Selbstdisziplin erfordert.
Der geniale Experimentator Joseph Haydn darf natürlich in so einem Programm nicht fehlen. Von dem Meister der unerwarteten Wendungen, spielerischen Frechheiten, abrupten Wechseln der Dynamik und der Tempi, spielen wir aus der mittleren Schaffensperiode die 53. Sinfonie in D- Dur. Der Beiname „L´Impériale“ (Die Kaiserliche) kommt in keiner der älteren Quellen vor und stammt wohl nicht von Haydn. Er komponierte sie um 1778/79 während seiner Anstellung als Kapellmeister beim Fürsten Esterházy und fand als erste Sinfonie Haydns internationale Verbreitung. Bei der im 18. Jahrhundert von Johann Christian Bach und Carl Friedrich Abel in London veranstalteten Konzertreihe hatte das Werk so großen Erfolg, „dass bald die gebildeten Damen im Königreich das Stück im Klavierarrangement spielten.“ Ein 4-sätziges Werk mit viel Spielfreude und einem hörbaren kecken Wohlfühlfaktor rundet das Programm ab.“
Infobox:
Montag, 16. Oktober 2017, 19:30 Uhr
Rosengarten, Musensaal
Sinfoniekonzert „Kontraste“
Antrittskonzert des neuen Professors für Orchesterleitung Sinfonik Stefan Blunier
Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 53 D-Dur „L‘ Impériale“
Witold Lutoslawski: Jeux vénitiens
Gustav Mahler: Sinfonie Nr.1 D-Dur „Titan“
Sinfonieorchester der Musikhochschule Mannheim
Leitung: Stefan Blunier und Dirigierstudierende