Bad Kreuznach – Wie gelingt es mir, meine Schülerinnen und Schüler dazu zu bewegen, sich nachhaltig und intensiv mit den Mechanismen der nationalsozialistischen Diktatur und deren Verbrechen auseinanderzusetzen?
Als Antwort auf diese Frage ließ sich Eva Wolff, Lehrerin am Gymnasium Römerkastell, auf das „Wagnis“ ein, gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen und mit den Schülerinnen und Schülern zweier Oberstufenkurse (Geschichte und Sozialkunde) eine Studienfahrt nach Polen zur Gedenkstätte des ehemaligen Vernichtungslagers Auschwitz zu unternehmen. Rychard Dzieciatkowski leistete dabei als Übersetzer wertvolle Dienste.
In einer Ausstellung in einem Raum der Schule haben die Jugendlichen nun ihre Erfahrungen, Eindrücke und Gefühle in medialer Hinsicht verarbeitet. Bereits während der Fahrt wären die Lehrer von der Ernsthaftigkeit, dem lebhaften Interesse am authentischen Ort und die Differenziertheit der Beobachtungen der Jugendlichen beeindruckt gewesen, so Eva Wolff. Das Gefühl auf der Rampe von Birkenau zu stehen und zu wissen, dass dort Mengele Frauen und Kinder selektiert hat, könne man kaum beschreiben, so der allgemeine Tenor.
„Die Schüler hatten nach dem Besuch des Konzentrationslagers Gesprächsbedarf, vor allem mit geschultem Personal, denn man darf nach so einem Erlebnis die Jugendlichen nicht allein lassen“,
beschreibt Horst Blaesy die Situation während und nach dem Besuch von Auschwitz.
Gast bei der offiziellen Ausstellungseröffnung war auch Christine Simmich, bei der Stadtverwaltung für Internationale Beziehungen und Städtepartnerschaften zuständig. „Sich für Völkerverständigung zu positionieren und den europäischen Grundgedanken „Frieden“ in den Fokus zu rücken, ist auch ein Anliegen des Fördervereins Städtepartnerschaften und internationale Beziehungen Bad Kreuznach. Zu diesem Thema gehört die Vergangenheitsbewältigung bzw. die Aufarbeitung und Aufklärung der NS-Vergangenheit.“ Mit Schulleiter Ludger Föhrenbacher stellte Christine Simmich den Jungen und Mädchen zahlreiche Fragen über ihre Erfahrungen und die Umsetzung ihrer Arbeiten. So ist es Lara Holzhauer, Stine Hofmann und Shira Dery gelungen, die bedrückende Atmosphäre des Ortes in atmosphärisch dichten Schwarz/Weiß Fotographien festzuhalten. Andere Schüler haben über Kinder in Auschwitz recherchiert oder literarische Werke und Filme, wie „Der gelbe Vogel“ oder „Der Junge im gestreiften Pyjama“ unter die Lupe genommen.
Mit dem hoffnungslosen Wunsch „alles rückgängig machen zu können“ oder mit der hilflosen „Fassungslosigkeit“, mit der man auf diesen Ort reagiert, werden auch ganz persönliche Reaktionen der Heranwachsenden in der Ausstellung thematisiert. Selina Katzenbächer berichtete über die beängstigende und bedrückende Atmosphäre, die sie dort gespürt habe und die man nicht durch das Lesen eines Buches nachvollziehen könne. Leonie Hamacher meinte, dass einem das Grauen vor Ort erst einige Stunden später wirklich bewusst werden und erst dann ansatzweise verstehen würde, was dort geschehen sei. Als Ergebnis dieser Studienfahrt zeigt es sich, dass zwischen Lehrern und Schülern immer noch Gesprächsbedarf über die Reise in das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte besteht.