Heidelberg – Die Stadt Heidelberg betreut derzeit rund 600 Flüchtlinge, die ihr nach der Erstaufnahme vom Land Baden-Württemberg zugewiesen worden sind. Die Stadt bereitet sich aktuell darauf vor, freiwillig Zug um Zug zusätzlich 500 weitere Plätze in kommunalen Unterkünften in allen Stadtteilen zu schaffen.
„Heidelberg war schon immer ein verlässlicher Partner in der Flüchtlingshilfe. Das hat jüngst auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei seinem Besuch in Heidelberg bestätigt. Wir wollen auch jetzt das Land unterstützen“, sagte Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner.
Er kündigte an, dem Gemeinderat in einer Sondersitzung am Mittwoch, 16. September 2015, eine Liste mit Vorschlägen für dezentrale Unterbringungsstandorte in allen Stadtteilen vorzuschlagen.
„Mir ist es wichtig, dass wir kommunale Unterkünfte in allen Stadtteilen schaffen“, betonte der OB. „Nur dann kann Integration gelingen.“
Die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge ist ein deutliches Signal für die große Bereitschaft der Stadt, Verantwortung zu übernehmen und das Land in dieser Notsituation zu unterstützen. Denn wegen der Einrichtung einer Notunterkunft des Landes zur Erstaufnahme von Flüchtlingen im Patrick Henry Village (PHV) ist Heidelberg als Kommune derzeit formal von der Aufnahme weiterer Flüchtlinge befreit.
In der Notunterkunft hat das Land derzeit rund 3.700 Menschen zur Erstaufnahme untergebracht – und liegt damit weit über der zwischen Land und Stadt vereinbarten Höchstgrenze von 2.000. Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner forderte daher vom Land eine faire Lastenverteilung bei der Erstaufnahme ein:
„Ich habe inzwischen ein echtes Vertrauensproblem. Das Land hat entgegen unserer Vereinbarung Zug um Zug ein Großlager mit 3.700 Menschen in Heidelberg eingerichtet. Darüber werden wir nicht offen informiert, geschweige denn in Entscheidungen eingebunden. Die Städte Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe stellen nach unserem Kenntnisstand mehr Plätze in der Erstaufnahme, als die kompletten Regierungsbezirke Stuttgart, Tübingen und Freiburg zusammen. Auch in anderen Städten stehen Kasernen leer. Selbst riesige Areale wie in Sigmaringen werden längst nicht in der Größenordnung herangezogen wie PHV. Alleine am Wochenende hat das Land wohl zusätzliche 800 Menschen nach Heidelberg gebracht. Und während das Land die Aufnahme von 300 Menschen in Stuttgart per Pressemitteilung bekanntgibt und als Unterstützung für Bayern preist, findet Heidelberg mit keiner Silbe Erwähnung.
Es entsteht immer mehr der Eindruck, dass das Land auf PHV in eine auf Dauer angelegte Einrichtung investiert, ohne das offen zu kommunizieren. Das ist für uns weder nachvollziehbar noch akzeptabel. Das hat mit fairer Aufgabenverteilung nichts mehr zu tun. So zerstört man selbst die größte Unterstützungsbereitschaft, wenn die einen am Wochenende Nachtschichten einlegen, während andere Großstädte nicht einen einzigen Aufnahmeplatz stellen. Ein dauerhaftes Großlager wie derzeit auf PHV ist nicht mehr zu managen, das sieht man an den täglichen Einsätzen von Polizei und Rettungskräften. Darunter haben zuerst die Flüchtlinge zu leiden und zunehmend auch unsere Bürgerinnen und Bürger.
Die Flüchtlinge brauchen nach wochenlangen Strapazen endlich Ruhe und Sicherheit und nicht den Stress eines Großlagers. Es ist in dieser Situation auch Gift für die politische Diskussion und die Akzeptanz in der Stadt, wenn Landesministerin Theresia Bauer noch mehr Plätze in Heidelberg einfordert und darauf verweist, dass doch früher auch 10.000 Angehörige der US-Armee auf PHV untergebracht waren.
Das Land setzt sich über unsere Vereinbarungen hinweg und informiert uns noch nicht einmal hierüber. Wir haben eine befristete Notunterkunft für 1.000, in Notfällen für 2.000 Menschen vereinbart. Ich bestehe darauf, dass das Land diese Vereinbarung einhält.“
Für Mittwoch hat der der Oberbürgermeister eine Sondersitzung des Gemeinderats angesetzt. Sie beginnt um 16 Uhr im Neuen Sitzungssaal im Heidelberger Rathaus.
Ergänzend: www.heidelberg.de/fluechtlingshilfe