Frankfurt am Main – Renndirektor Jo Schindler im Interview über die Highlights der 36. Ausgabe des Mainova Frankfurt Marathon, Organisation als Teamleistung und die Mischung von Lauf-Stars und Marathon-Haudegen auf Frankfurts Straßen.
Wenige Tage vor dem Start des 36. Mainova Frankfurt Marathon wächst die Anspannung der Teilnehmer, ob Topathlet oder Freizeitläufer. Die des Renndirektors auch?
Na klar, es wäre ja schlimm, wenn mich der Mainova Frankfurt Marathon nicht emotional berühren würde. Ganz viele Leute haben über ein Jahr an diesem Teil geschraubt, gebohrt und gehämmert, haben Ideen geschmiedet und wieder verworfen, haben Neues kreiert und Bewährtes festgenagelt. Waren mit neuen Herausforderungen konfrontiert und konnten wieder einmal großartige Unterstützung erfahren. Jetzt werden unsere Überlegungen Realität – wer da völlig ruhig bleibt, der wäre eine Fehlbesetzung.
Du stehst vor Deiner 16. Ausgabe als Renndirektor. Was werden in Deinen Augen die Highlights der diesjährigen Veranstaltung für Breitensportler?
Es gibt einen bunten Strauß an Themen, die den Mainova Frankfurt Marathon ausmachen. Es macht uns eine riesige Freude, organisatorisch den perfekten Rahmen für rund 25.000 Läufer an einem Wochenende zu schaffen. Ich freue mich zum Beispiel auf die vielen Marathongirls mit ihren tollen Geschichten, auf die vielen Haudegen der Marathonszene bei den Deutschen Meisterschaften, auf meinen Freund Holger, der zu den vielen Erststartern in diesem Jahr gehört. Dazu werden wir 2017 noch mehr Musik an der Strecke haben. Die Mainzer Landstraße wird von diesem Jahr an nur noch „Musikmeile“ heißen.
Und im Bereich Spitzensport?
Sicherlich das Comeback von Arne Gabius und dass wir mit Vivian Cheruyiot erstmals eine Olympiasiegerin am Start haben. Besonders freue ich mich, dass in diesem Jahr zwei Frauen dabei sind, denen die ich seit Jahren hinterherrenne: die Frankfurterin Katharina Heinig und der Amerikanerin Sara Hall. Fest steht, dass wir wieder Weltklasse-Sport auf Frankfurts Straßen erleben werden.
Arne Gabius ist schon fest mit dem Laufklassiker am Main verbunden. Was traust Du ihm am 29. Oktober zu und kann es zu einem neuen deutschen Rekord reichen?
Zunächst wird er ja rund um den Mainova Frankfurt Marathon Vater. Da hoffe ich für ihn und seine Frau Anne, dass alles gut geht – aber auch, dass der errechnete Geburtstermin, das ist nämlich der 29. Oktober, nicht der wirkliche Geburtstermin sein wird. Sportlich traue ich ihm alles zu, auch die Verbesserung seines eigenen deutschen Rekordes. Er hat mit seinem Halbmarathon in Kopenhagen gezeigt, dass er wieder topfit ist. Er möchte in 64:15 beim Halbmarathon durchgehen. Er hat ja in Frankfurt schon bewiesen, dass er auf unserem schnellen Kurs einen negativen Split laufen kann. Also wer eins und eins zusammenzählen kann, dem wird schnell klar, dass Arne wieder an seine alte Leistungsfähigkeit und seine Erfolge in Frankfurt anknüpfen kann. Aber, und das ist ein deutliches aber: So einfach ist Marathon nicht. Wir haben schon erlebt, dass Rennen, die nach Papierlage völlig klar waren, in der Realität ganz anders wurden. Arne hat es drauf – ob es wirklich klappt, steht aber in den Sternen.
Wie wichtig ist Dein eingespieltes Team für die von vielen Teilnehmern stets gelobte Organisation des ältesten deutschen Stadtmarathons?
Extrem wichtig. Ohne mein Team wäre ich nichts! Die Agentur lebt Marathon und liebt den Laufsport, sonst könnten wir nicht über so viele Jahre diese Qualität abliefern. Dazu gehören unsere Freelancer, mit denen wir seit Jahren ganz eng zusammenarbeiten. Aber ebenso die rund 2000 Helfer, die uns am Rennwochenende selbstlos und engagiert unterstützen. Manche sind schon seit über 30 Jahren dabei. Deren Erfahrung ist Gold wert.
Wohin steuert die deutsche Marathonszene? Gibt es Trends und Thesen für die Zukunft?
Fitness ist eines der Megathemen unserer Zeit – und zwar weltweit. Laufen ist die einfachste Ausdauersportart. Ob vor oder nach der Arbeit, in der Mittagspause, im Urlaub, auf Geschäftsreise, allein oder mit Partner, mit Freunden oder mit dem Hund: Laufen geht immer. Der Laufsport wird weiter boomen und damit auch der Marathon, die Königsdisziplin. Natürlich gibt es da Schwankungen über die Jahre, weil auch das Angebot an Wettbewerbsformen zunimmt. Aber als Massensport wird Marathonlaufen weltweit eher zu-, als abnehmen. Wir erleben in Frankfurt ganz konkret, dass sich mehr jüngere Läufer dem Marathonlaufen zuwenden und dass auch die Frauenquote unter den Teilnehmern steigt. Natürlich müssen wir für unseren Marathon werben, denn die Anzahl der Marathonveranstaltungen nimmt stetig zu. Aber bange ist mir nicht, denn Qualität setzt sich durch – und wir machen eine Veranstaltung mit hervorragender Qualität. Das bestätigen die Teilnehmer in Befragungen und das bestätigen Studien verschiedener Hochschulen, die sich mit dem Marathonsport in Deutschland beschäftigt haben.
Die Deutschen Meisterschaften finden in diesem Jahr zum dritten Mal im Rahmen des Mainova Frankfurt Marathon statt. Ein Gewinn für die Veranstaltung?
Ja, ganz klar. Als wir uns dazu entschieden, das Thema Deutsche Meisterschaften anzugehen, war uns klar, dass wir den Wettbewerb auf ein neues Niveau heben wollen. Das ist uns gelungen. Wir haben unsere Prämien, die wir speziell für deutsche Athletinnen und Athleten ausloben, deutlich aufgestockt und verbreitert. Wir haben damit die erste Garde der deutschen Läuferinnen und Läufer für die DM zurückgewonnen. Das spüren die Top-Athleten, aber natürlich auch die engagierten und leistungsstarken Freizeitläufer. Deshalb gibt es gute Meldezahlen und eine große Motivation auch bei den älteren Athleten, eine besondere Leistung abzuliefern. Wir freuen uns auf die Läufer aller Altersklassen, sie sind Vorbilder vor Ort für den Laufsport. Ich sage jetzt aber bewusst nichts über den Verband – da hätten wir uns mehr erwartet.
Nach dem Gewinn des „Green Award“ 2014, bewirbt sich der Mainova Frankfurt Marathon in diesem Jahr wieder um die Auszeichnung als weltweit umweltfreundlichster Marathon. Was sind die Neuerungen in diesem Jahr?
Vor über 10 Jahren begannen wir mit Unterstützung durch das Umweltforum Frankfurt und deren Vorsitzenden Hans-Georg Dannert, uns mit den Aspekten der Umweltverträglichkeit unseres Marathons zu beschäftigen. Wir wollten kein „green-washing“, sondern gezielte Maßnahmen ergreifen, die den Marathon grüner machen. Wir wollten keine Ablasszahlung einführen, sondern durch reale Maßnahmen die Umweltbelastung durch den Marathon reduzieren. Hierfür hatten wir sieben Handlungsfelder definiert und an diesen arbeiten wir seit unseren ersten Schritten Richtung Green Marathon. Jedes Jahr kommen wir dem Ziel etwas näher, der Prozess läuft beständig weiter. In diesem Jahr werden wir gemeinsam mit unserem Pasta-Party Partner, der Fattoria La Vialla, auf dem Landgut des Familienunternehmens Olivenbäume pflanzen. Für jeden Marathonläufer spenden wir einen Euro. Dies bedeutet, dass allein dadurch in etwa die CO2-Belastung aller Reisen der Agenturmitarbeiter in Sachen Marathon plus die CO2 Belastung der An- und Abreise unserer Topathleten in jedem Jahr kompensiert werden kann.