Neustadt an der Weinstraße – „Baukultur ist Stadtentwicklung. Und sie ist nicht alleine in der Verantwortung von Politik und Verwaltung, sondern von allen Bürgerinnen und Bürgern“, begrüßt Winfried Walther die Besucher des Willkomm Forum Stadtentwicklung am vergangenen Donnerstag Abend im historischen Neustadter Casimirianum. Mit dem diesjährigen Forum zum Thema „Baukultur und Stadtentwicklung hoffe der Neustadter Gewerbevereins Willkomm Gemeinschaft einen Beitrag dazu zu leisten, dass in Neustadt das Historische, aber auch das Zukünftige mit Verantwortung und Bedacht bewahrt und gestaltet werde, begründete der Willkomm-Vorsitzende die Veranstaltung. Auch in diesem Jahr hatte die Willkomm unter der Moderation von Marketingberater Karl Eggers wieder hochkarätige Referenten in den vollbesetzten Saal des Casimirianums geladen. Begleitet wurde die Veranstaltung durch eine Präsentation von Photocollagen, in welchen Neustadter Ansichten aus historischen und aktuellen Bildbestandteilen kombiniert wurden. Martin Denzinger und Waldemar Lyszio zeigten damit die Veränderungen in der Neustadter Baukultur über die Jahrhunderte und Jahrzehnte auf. Auf einer historischen Hoftüre hatten Denzinger darüber hinaus Bausünden und -versäumnise zur Mahnung „angeschlagen“.
Als erster Referent informierte Reiner Nagel, Vorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, zunächst über die Aufgaben der Bundesstiftung, bevor er den Neustadtern Mut machte. Gerade für kleine und mittelgroße Städte, in welchen Wohnraum noch gestaltbar und bezahlbar sei, sehe er Chancen für eine erfolgreich baukulturelle Entwicklung. Er betonte, dass hierfür eine langfristige Planung und eine aktive Liegenschaftspolitik der Städte erforderlich sei. Dies gelte gerade in der Innenverdichtung und der Belebung der Innenstädte, hierbei bestehe für Politik und den Bürgerinnen und Bürger eine gemeinsame Verantwortung, so Nagel. Beispiele hierfür zeigte Elena Wiezorek für das Land Rheinland-Pfalz. Auf besonderes Interesse beim Publikum stieß die Vorstellung der im Land zur Verfügung stehenden Instrumente zur Förderung der Baukultur durch die Hauptgeschäftsführerin der Landesarchitektenkammer Rheinland-Pfalz. Auch der Vorschlag der Einrichtung eines Fachgremiums zur Begleitung öffentlicher Bauprojekte wurde von einigen Gästen begrüßt.
Den Bezug zu Neustadt stellt Stefan Ulrich, Denkmalpfleger der Stadt Neustadt, her. Insbesondere Baudenkmäler, aber auch die allgemeine Baukultur einer Stadt sei identitätsstiftend für eine Stadt und ihre Bevölkerung. Lediglich 2,5% der Gebäude in Neustadt seien denkmalgeschützt, es gebe aber viele Häuser, deren Erhalt und Pflege sich lohne. Dabei sei Denkmalpflege nicht alleine mit Kosten verbunden, sondern lohne sich auch für die Eigentümer durch Wertsteigerung und Wohngefühl, so Ulrich. Seine Ausführungen begleitete er durch anschauliche Beispiele gelungener Renovierungsprojekte in der Stadt.
Dem folgte eine angeregte Diskussion zwischen den Zuhörern und dem Podium. Hierfür nahm dann auch Joachim Becker, Sprecher der lokalen Architektenkammer, auf dem Podium Platz. Aus der Diskussion wurde deutlich, dass die Einbeziehung der Betroffenen, aber auch der Öffentlichkeit einer Stadt in Bauprojekte in der Stadt notwendig seien. Bauen betreffe nicht den einzelnen Eigentümer alleine, Nachbarn und die Allgemeinheit seien immer mit betroffen. Auch bei öffentlichen Projekten sei die Akzeptanz der Maßnahmen bei Einbindung der Öffentlichkeit stets größer. Weitere Anregungen waren unter Anderem die Überarbeitung von Ortsbildsatzungen, die Erstellung von Bebauungsplänen und Projekte zur Belebungen der Wohnungen im Innenbereich.
Den großen Zuspruch und die konstruktiven Ergebnisse nahm Walther zum Anlass die Fortsetzung der Reihe der Willkomm Foren „Stadtentwicklung“ zuzusagen.